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Die Herren von Buchhorn

Titel: Die Herren von Buchhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Erwin / Ulrich Buchhorn
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mit den Welfen stürzt dich ins Verderben. Ich war so blind wie du, aber jetzt sehe ich klar. Du bist nicht mehr der Mann, der in mein Leben getreten ist.«
    »Aber ich bin der Mann, der deine ehrgeizigen Wünsche erfüllen kann. Du bist keine Heilige. Du bist so machthungrig wie ich!« Mit dem rechten Arm stieß er sie zurück. »Die Welfen verlieren allmählich die Geduld. Vergiss nicht, du dienst ihnen auch.«
    »Ich weiß, was ich getan habe. Ludowig, ich möchte dich schützen! Ich muss dich schützen!«
    »Sei leise, du verrücktes Weib«, zischte er und presste ihr die Hand auf den Mund. »Da draußen ist jemand.«
    Im gleichen Augenblick klopfte es an der Tür. »Junker Ludowig? Ist alles in Ordnung?«
    Ludowig fluchte leise. »Alles bestens, Bruder Eckhard.«
    »Dann verzeiht die Störung.« Die Schritte entfernten sich.
    Ludowig fuhr zu Agnes herum. Sie hatte den Augenblick genutzt und ihm die Spange aus der Hand gewunden. »Gib sie her!«
    »Nein!« Sie tauchte unter seinem Arm hindurch und rannte zum Tisch. »Ludowig, begreif doch, dieser Pfad führt in die Hölle.«
    »Das fällt dir ja früh ein! Glaub mir, ich sorge dafür, dass du bekommst, was du willst. Dann musst du dich nicht mehr in mein Leben einmischen. Du ahnst nicht, wie ich mich auf diesen Augenblick freue.«
    »Ludowig!« Ihr Gesicht war ein weißer Fleck, mit großen, schwarzen Augenlöchern. »Ludowig!«, wiederholte sie flüsternd. »Ich bin dir völlig gleichgültig.«
    »Gib mir die Spange!«
    »Ich bin dir völlig gleichgültig!«
    »Ja!«
    Sie blickte auf die Spange in ihrer Hand, wieder auf Ludowig, holte Luft und öffnete den Mund. Blitzschnell riss er die Hand hoch und versetzte ihr eine Ohrfeige, die sie rückwärts taumeln ließ. Agnes verlor das Gleichgewicht und fiel hintenüber. Ihr Kopf schlug dumpf gegen die Tischkante. Sie sackte zu Boden und blieb reglos liegen.
    »Gott nein! Agnes!« Ludowig kniete neben ihr nieder und hob vorsichtig ihren Kopf. Warmes Blut sickerte durch ihren Schleier auf seine Hände. Mit einem unterdrückten Fluch öffnete er ihre Hand und nahm die Spange an sich. Die scharfen Kanten hatten tiefe Rillen hinterlassen. Agnes regte sich nicht. Seine Hand tastete nach ihrem Puls. »Verdammt, Agnes, das kannst du mir nicht antun.«
    Es klopfte wieder. »Wirklich alles in Ordnung bei Euch, Junker?«
    »Ja, Bruder Eckhard! Warum geht Ihr nicht schlafen? Geht!«
    »Wie Ihr meint«, drang die kühle Stimme durch das Holz der Tür. Atemlos lauschte Ludowig den Schritten auf dem steinernen Fußboden. Endlich war wieder alles still. Ludowig blickte verzweifelnd auf das reglose Gesicht der Nonne. Endlich gab er sich einen Ruck. Er schob ihr seine Arme unter Kniekehlen und Achseln und trug sie auf den menschenleeren Gang. Die Fackeln zischten und flackerten. Ludowigs Gesicht war eine starre Maske, als er seine Last über die enge Wendeltreppe zu den Mauerumgängen schleppte. Die Mauern schimmerten im fahlen Mondlicht milchig grau. Er fröstelte, als er auf den Umgang hinaus und in den kalten Nachtwind trat. Zögernd sah er sich um, während er Agnes’ Körper höher hob. »Gott sei deiner Seele gnädig, Agnes. Es tut mir leid. Ich hab es nicht gewollt. Vielleicht hast du recht, vielleicht sehen wir uns in der Hölle wieder.«
    »Ludowig …«
    Ludowig zuckte zusammen. Er sah, wie Agnes’ Lider flatterten, sie öffnete die Augen, sah ihn an. Seine Arme wurden steif. Er versuchte, den Körper der jungen Frau zu halten, zu sich zu ziehen, gleichzeitig begann sie, sich zu bewegen.
    »Ludowig!«
    Sie ruderte mit den Armen. Noch einmal versuchte er, seinen Griff zu verstärken, doch ihr Körper rutschte durch seine Finger. Ihr Habit flatterte, während sie mit einem Aufschrei in die Tiefe stürzte.
    Ludowig beugte sich über die Brüstung, doch ihr Körper war bereits in der Dunkelheit verschwunden. »Agnes«, flüsterte er und fuhr sich mit der Hand über die Augen. Als er die Finger sinken ließ, war sein Mund hart. »Dann soll es so sein«, murmelte er und wandte sich langsam ab.

10
    Durch das Fenster fiel das Grau des anbrechenden Tages, als der Bischof erwachte. Sein Kopf dröhnte, und seine Glieder fühlten sich müde und zerschlagen an. Sein erster Gedanke galt dem Frühgebet. Er wollte sich aufrichten, sank aber mit einem Stöhnen zurück. Matt tastete er nach dem Becher neben seinem Bett und stürzte das schale Wasser hinunter. Das Pochen hinter seiner Stirn ließ ein wenig nach und erlaubte ihm, sich

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