Die Herren von Buchhorn
zurück? Lebt er?«
»Wahrscheinlich.« Ludowig schlug die Hand des anderen beiseite und sprang auf die Füße. »Aber nicht mehr lange. Ich bin zu weit gegangen, um noch zurückzukönnen. Ich … Agnes ist tot.« Seine Stimme wurde leiser. »Sie ist tot.«
»Das ist dein Problem. Wenn Udalrich zurückkehrt oder sein Sohn mündig ist, ehe wir die Kontrolle haben, sind alle unsere Bemühungen hinfällig. Also tu, was man dir sagt. Handele!«
»Ihr geht zu weit!«
»Zu weit? Die Worte eines Schwächlings! Ich bin ein Welfe. Wir gehen nie weit genug. Geh mit oder bleib ein Wurm. Pass auf …« Er wirbelte herum. Eine Klinge blitzte auf, im nächsten Augenblick stürzte einer von Ludowigs Gefolgsleuten mit einem Aufschrei auf die Knie. Blut quoll zwischen seinen Fingern hervor.
»Bist du wahnsinnig?«
»Nein«, sagte der Welfe kalt. »Nur eine kleine Demonstration. Vielleicht begreifst du jetzt, wie weit ich bereit bin, zu gehen.«
»Du bist wahnsinnig«, flüsterte Ludowig. »Lasst die Waffen stecken, Männer.«
»Sehr richtig, lasst sie stecken. Kümmert euch lieber um den da, bevor er noch anfängt, nach seiner Mutter zu brüllen.«
»Ich habe getan, was Ihr verlangt.« Ludowigs Halsschlagader pochte. »Ich werde bis zum Ende mit Euch gehen, aber gnade Euch Gott, wenn Ihr Euer Versprechen nicht haltet. Wendelgard ist reif. Bis zur Armenspende habe ich sie da, wo ich sie haben möchte. Werinher wird mir keine Steine in den Weg legen.«
»Dann ist doch alles in bester Ordnung.« Der junge Edelmann entblößte seine Zähne in einem wölfischen Lächeln, während er Ludowig auf die Schulter schlug. »Wir werden uns schon einigen. Dieses Land ist ein fetter Brocken, es ist genug für alle da. Und sei froh, dass diese Agnes tot ist. Sie war unberechenbar.«
Ludowig presste die Lippen aufeinander und sah zur Seite.
Der Jüngere gab seinem Begleiter einen Wink, worauf dieser die Pferde losmachte und näher führte. Beide saßen auf.
»Da ist noch etwas.« Ludowig versperrte ihnen den Weg. »Ich habe die Nachricht des Grafen. Es war eine Spange.«
Der junge Welfe grinste. »Brav, kleiner Junker. Und wenn du ihn jetzt pünktlich aus dem Weg räumst, dann darfst du vielleicht sogar bald mit den Großen spielen. Leb wohl!«
Lachend trieb er seinem Pferd die Fersen in die Seite. Sekundenlang war noch das Blitzen und Funkeln ihrer Kleidung zu sehen, dann hatte der Wald die beiden verschlungen. Ludowig brach in gotteslästerliches Fluchen aus.
»Herr?«
»Was?«
»Wir können die Blutung nicht stoppen. Didrich braucht Hilfe.«
»Gottverdammt!«, brüllte Ludowig. »Dann über Argenau. Und dann nach Buchhorn.« Er verschwand in der Ruine.
Gerald nutzte die Gelegenheit und rannte los.
11
»Lasst mich rein, ihr Tölpel, der Fürstbischof erwartet mich!«
Salomo ließ den Federkiel fallen. Tinte spritzte über das Pergament. Im nächsten Augenblick wurde die Tür aufgerissen, und Geralds gerötetes Gesicht tauchte auf. Dem jungen Mann folgte eine ganze Schar Diener, die ihn zurückzuhalten versuchte.
»Lasst ihn!«, befahl Salomo.
Gerald warf den Dienern einen triumphierenden Blick zu und schloss die Tür mit dem Fuß. »Herr, er hat wirklich meine Eltern auf dem Gewissen. Und er ist ein Verräter! Und …«
»Ruhe!«
Gerald klappte den Mund zu.
Salomo maß den jungen Mann mit einem langen Blick und schüttelte den Kopf. »Ich nehme an, du hast triftige Gründe, so vor mich hinzutreten!«
Gerald nickte eifrig, fuhr sich aber mit beiden Händen durch die Haare. »Ja, Herr!« Sein Blick huschte zu dem Krug, der auf Salomos Arbeitstisch stand.
Salomo fing den Blick auf. »Bedien dich.« Er beugte sich vor und schob Gerald den Krug hin.
Gerald trank so gierig, dass ihm das Wasser in zwei dünnen Rinnsalen über das Kinn lief und auf sein Hemd tropfte. Dann nahm er den Krug und trat ans Fenster, von wo er in den Innenhof sehen konnte. »Jetzt müssten sie eigentlich bald kommen! Sie sind doch nicht schon da, oder?«
»Wer, bei allen Heiligen?«, rief Salomo ungeduldig. »Reiß dich zusammen, Junge, und erzähl so, dass man dich versteht!«
Gerald drehte sich um. »Vergebt mir, Herr. Ich …« Er schaute wieder aus dem Fenster. »Ich habe Ludowigs Leute überholt. Ich bin gespannt, wie sie die Wunde erklären.«
»Welche Wunde, Herrgott!«
Gerald zuckte zusammen. »Verzeiht«, sagte er wieder und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
»Schon gut. Und jetzt der Reihe nach!«
Gerald gehorchte, so gut er
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