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Die Herren von Buchhorn

Titel: Die Herren von Buchhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Erwin / Ulrich Buchhorn
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Angst.«
    »Lass es zu, Wendelgard. Es ist dein Tag.«
    »Aber Udalrich musste dafür sterben. Ein hoher Preis.«
    Während Salomo Wendelgard durch die Menge führte, schwang Ludowig sich wieder auf sein Pferd. Von der Höhe des Pferderückens herab durchforschte er das bunte Gedränge nach bekannten Gesichtern. Plötzlich richtete er sich in den Steigbügeln auf.
    »Wulfhard!« Er drängte sich rücksichtsloser durch die Leute, die vor Ross und Reiter zurückwichen.
    Wulfhards roter Schopf leuchtete im Sonnenlicht. Er deutete mit einem Grinsen auf einen Karren, dessen Inhalt unter weißen Tüchern verborgen war. Als sein Herr fragend die Augenbrauen hob, nickte er. Ludowig stieg wieder ab und gesellte sich zu dem Dorfpfaffen, der die Prozession vor der Kirche erwartete. Zusammen mit Gerald hatte er dort die Tische mit den Spenden aufgebaut: Decken und Kleider, Brot und Fleisch, Milch und Käse und auch Geld.
    Auch Wendelgard war inzwischen herangekommen. Sie begrüßte den Pfaffen mit einem Lächeln. »Wie ich sehe, ist für alle reichlich vorhanden.«
    »Mehr als genug, Gräfin.«
    »Dann lass uns beginnen.«
    »Warte noch!« Ludowig hob die Hand. Die Geste bannte nicht nur Wendelgards Aufmerksamkeit, sondern auch die der versammelten Menge. »Wendelgard, Ihr habt mir heute die Ehre zuteilwerden lassen, mir die Vormundschaft für Eure Kinder anzutragen.« Er machte eine Pause, damit das Gemurmel verebben konnte. »Ich bin mir der Verantwortung bewusst, ebenso der Tatsache, dass manch einer sich einen Verwalter wünschen würde, der nicht aus Bregenz stammt, sondern von hier. Aber vielleicht kann ich meine Ehrlichkeit durch Taten beweisen. Gerald!«
    Der junge Schmied zuckte zusammen und warf Salomo einen entsetzten Blick zu.
    Ludowig setzte sein gewinnendstes Lächeln auf. »Nein, zögere nicht. Ihr alle wisst, dass die Eltern dieses jungen Mannes ermordet worden sind. Es waren gute Leute, Leute von hier. Und dieser junge Mann hat immer geglaubt, dass ihre Mörder noch frei herumlaufen. Nun, ich habe diese Männer gefunden. Es ist für Gerechtigkeit gesorgt worden.«
    Bei den letzten Worten schlug Wulfhard das Laken zurück. Ein Aufschrei pflanzte sich in der Menge fort, als die blutigen Leichen sichtbar wurden.
    Wendelgard wurde blass. »Ludowig, ich …«
    Er verneigte sich. »Ich habe mich geirrt, und ich bin bereit, diesen Fehler einzugestehen. Hier sind die wahren Schuldigen. Wendelgard, du kannst mir die Grafschaft anvertrauen. Ich liebe sie … wie ich dich geliebt hätte«, setzte er leise hinzu.
    Sie schüttelte nur den Kopf, zu verwirrt, um zu antworten.
    Nach einem kurzen Blickwechsel mit dem Bischof trat der Pfaffe vor und wandte sich an die Gemeinde. »Im Namen des Herrn! Heute ist wahrhaft ein guter Tag. Auch wenn wir zum vierten Mal des Todes unseres geliebten Grafen gedenken. Lasst uns unter dem blauen Baldachin des Herrn beten und ihm danken, bevor Gräfin Wendelgard mit der Spende für die Armen beginnt.«
    Er hielt die Predigt, die er für den heutigen Tag vorbereitet hatte.
    Salomo neigte wie alle Übrigen sein Haupt und faltete die Hände, aber er hörte nicht hin. Verstohlen ließ er seinen Blick über die Menge wandern. Plötzlich sah er, wie Ludowig wie gebannt in eine Richtung starrte. Er folgte dem Blick und sah zwei vornehm gekleidete Männer, die sich langsam und unauffällig näher schoben.
    »Amen!« Der Pfaffe wandte sich Wendelgard zu. »Bitte, Gräfin, beginnt mit der Armenspende.«
    »So möge jetzt jeder vortreten, der bedürftig ist«, rief Wendelgard mit tränenerstickter Stimme. »Und jeder sage mir, was er benötigt. Im Gedenken an meinen geliebten Mann werde ich versuchen, eure Wünsche zu erfüllen.«
    Die Bettler drängten ungestüm vor.
    »Einer nach dem anderen!«, mahnte Salomo.
    Unter Stoßen und Drängen bildete sich eine lange Reihe, für die die übrige Gemeinde bereitwillig auseinanderwich.
    »Was brauchst du?«, fragte Wendelgard den vordersten Mann, dessen Lumpen kaum seine Blöße bedeckten. »Kleider?«
    »Bitte, Gräfin, eine Decke für die kalten Nächte.«
    »Aus ganzem Herzen.« Sie drehte sich um und nahm eine Decke vom Stapel. »Gott mit dir.«
    »Vergelt’s Euch Gott!«
    Als Nächstes bat eine Frau um etwas Milch für ihren kleinen Sohn, den sie auf den Armen hielt.
    Wendelgard reichte ihr einen Krug. »Gott mit dir!«
    »Vergelt’s Euch Gott!«
    So folgte ein Bittsteller dem anderen.
    »Und was willst du?« Sie sah den Bettler an, dessen Gesicht vom

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