Die Herren von Everon
Vorderfront seiner dicken, rustikalen Jacke fiel. Eine gestrickte braune Strumpfmütze saß auf einer Haarmähne, die so rot war wie der Bart. Der allgemeine Eindruck, den er hervorrief, war der eines großen Tieres mit rotem Fell. Er warf einen schnellen Blick auf die zerstörte Einrichtung und blieb dann stehen und sah Jef an. Eine Sekunde wirkten die Augen in dem breiten Gesicht wie Scherben von grünem Flaschenglas. Dann wurden sie plötzlich weicher, und sein Bart teilte sich in einem Lächeln.
„Hallo, Jef“, sagte er in einem weichen Bariton. Er streckte eine riesige Pranke aus. „Wie geht es dir? Bill, ich muß mich über dich wundern. Will Robinis Bruder würde uns niemals so etwas antun. Will war ein Freund von mir, Jef. Ich möchte, daß du das weißt. Ich wäre nicht so hereingekommen, wie ich es gerade getan habe, wenn ich nicht gedacht hätte, du wärest jemand, der sich nur für Wills Bruder ausgibt. Aber du bist ein naher Verwandter, das beweist mir der erste Blick. Du kannst gar kein anderer sein mit diesem Gesicht.“
„Natürlich nicht“, antwortete Jef vorsichtig. Seine Nerven waren zu angespannt gewesen, als daß er sich jetzt schnell hätte entspannen können, auch wenn ihm Beau offensichtlich freundlich gesinnt war.
„Du sagst, Martin Curragh hat den Schaden hier angerichtet?“ fuhr Beau fort.
„So ist es“, bestätigte Jef. Er erzählte dem großen Mann die Geschichte, wie er Martin kennengelernt hatte, und endete mit seiner eben erst gemachten Entdeckung, daß Martin ihn absichtlich dem Konnetabel in die Hände gespielt hatte.
Als er fertig war, nahm Beau seine Strumpfmütze ab und fuhr sich mit den Fingern durch die Haarmassen. Eine Sekunde lang ließ diese Bewegung ihn müde und viel älter erscheinen. Dann setzte er die Mütze wieder auf und war von neuem ein Bild imposanter Tatkraft.
„Und du hast keine Ahnung, wohin er will oder mit wem er zusammenarbeitet?“ erkundigte sich Beau.
„Nein. Ich meine, ich weiß nicht, wohin er will. Ich beschuldigte ihn, für die Wisent-Rancher und die Stadtleute zu arbeiten, und er sagte, sie glaubten nur, er arbeite für sie – du weißt doch, ich habe es gerade erzählt.“
„Das hast du.“ Beau blickte wieder zu der ruinierten Kommunikationswand hin. „Wir haben einen Fehler gemacht, als wir Curraghs Hilfe annahmen. Weißt du, Jef, es wäre viel leichter für uns, wenn dein Bruder noch am Leben wäre. Er hatte die Erfahrung, mit einer solchen Anlage umzugehen, und ihm hätten wir vertrauen können.“
„Will?“ Das war für Jef ein neuer Schock. Was Beau sagte, ergab keinen Sinn. „Aber ihr plant, Antilopen-Embryos einzuschmuggeln. Das wird das natürliche ökologische Gleichgewicht hier stören. Es ist gegen die Vorschriften des Ökokorps. Will hat für das Ökokorps gearbeitet.“
„Er war mein Freund“, brummte Beau. „Er war einer von uns.“
„Ich weiß, aber …“ Jef suchte nach Worten, die klar ausdrückten, was er meinte, ohne Beau und die anderen Wild-Rancher im allgemeinen zu beleidigen. „Will hätte so etwas nicht getan. Er glaubte an das Ökokorps und seine Vorschriften. Ganz gleich, wie gut ihr befreundet wart, er hätte nicht gegen die Vorschriften …“
„Hör mir zu!“ verlangte Beau energisch. „Ich sagte, er wäre der richtige Mann dafür gewesen; ich habe nicht gesagt, er wäre einverstanden gewesen, es zu tun. Das war damals, ehe wir noch an … an all das gedacht haben. Aber schon damals wußte er, daß die Wisent-Rancher hinter der Vergiftung unserer Antilopen stecken. Er hatte die Absicht, dem Ökokorps in unserem Namen eine Beschwerde vorzulegen.“
„Will wollte eine Beschwerde vorbringen?“
„Ja, das wollte er“, sagte Beau, „auch wenn ich ihm sagte, es sei dafür schon zu spät. Wenn das Ökokorps hier auftauchte, könnte es die Wisent-Rancher nur noch daran hindern, ihre Gebiete durch Abholzen unserer Wälder noch weiter auszudehnen. Hätte es sich um die Anzeige eines Verbrechens gehandelt oder etwas, das mit Außenweltlern zu tun hatte, dann wäre es anders gewesen. Aber wir hatten bereits die Zweite Hypothek bekommen. Sogar schon vor acht Jahren waren uns die Wisent-Rancher zu weit voraus.“
„Was meinst du mit ,zu weit voraus’?“ erkundigte sich Jef.
„Ich meine, wir haben auf die Tatsache, daß sie unsere Antilopen vergifteten, um sich einen Vorwand zu verschaffen, unsern Wald auf legale Weise abzuholzen, zu langsam reagiert“, erklärte Beau. „Sie hatten
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