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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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hatte, hielt Hermann die gesamte Nacht mit Auskunftsersuchen zur Reliquie von der Rückkehr in seine Zelle ab.
    Auch Uta hatte keinen Schlaf finden können. Sie träumte davon, dass Hermann ihren Mund, ihre Halsbeuge und die Innenseiten ihrer Arme liebkoste. Es gibt Punkte am Körper einer Frau, die, wenn man sie ganz sacht berührt, vor Freude anschwellen. In Erinnerung an die Weisheiten von Mechthild und Adriana lächelte sie.
    In der Nacht des dritten Tages, sie hatten ein Lager im Anwesen des mit Hermann befreundeten Grafen von Nebra gefunden, lag Uta erneut schlaflos danieder. Ihre Gedanken kreisten um die baldige Ankunft in Naumburg: Sie wusste, dass sie in ihr Leben mit Ekkehard zurückkehren musste. Natürlich wollte sie wieder an das Reißbrett und gemeinsam mit Meister Tassilo und Hermann den Bau betreuen, doch der Preis dafür war hoch. Sie würde in Naumburg auf die Zweisamkeit mit Hermann – auf die Geborgenheit, die er ihr schenkte – verzichten müssen.
    Am vierten und letzten Tag brach der Winter herein, und gemeinsam mit den ersten Schneeflocken erreichten sie am Abend die heimatliche Vorburg, die bis auf wenige Wachhabende leer war. Als sie vor der Scheune der alten Schmiede hielten, drangen Kinderstimmen zu ihnen.
    Als Erster saß Arnold ab und klopfte an die Tür.
    »Arnold?« Uta zögerte, stieg dann aber ebenfalls vom Pferd und trat neben den Küchenmeister. Das Rot seiner Haare schien ihr während der gemeinsam verbrachten Tage verblasst zu sein. »Das werde ich Euch nie vergessen. Ich danke Euch von Herzen.« Kurz drehte Uta sich Hermann zu, der Arnold bestätigend zunickte, und fuhr fort: »Ohne Euch hätten wir das alles nicht geschafft.«
    »Gerne, Gräfin!« Ein zufriedenes, wenn auch erschöpftes Lächeln zog über das Gesicht des Küchenmeisters.
    »Arnold! Uta!« Mit einem Talglicht war Erna vor die Tür der Schmiede getreten. Als Nächstes erblickte sie Hermann und verbeugte sich. »Markgraf.«
    »Papa ist zurück, Papa ist zurück!«, riefen Luise und Selmina, liefen auf ihren Vater zu und klammerten sich an dessen Beine. Derweil schloss Uta Erna in die Arme und flüsterte ihr ins Ohr: »Du hast einen guten Mann.«
    Erna löste sich aus der Umarmung und beäugte Uta überrascht. »Du hast recht«, sagte sie dann stolz und zog Arnold und die Kinder mit sich ins Haus.
    Hermann saß nun ebenfalls ab und fasste die Pferde an den Zügeln. Nebeneinander gingen sie gedankenversunken zwischen den Ständen der Zimmerer vorbei auf die Hauptburg zu.
    »Hörst du das?«, fragte Hermann. »Es klingt wie die Stimme eines Kindes.«
    Uta lauschte. »Da weint jemand, und es kommt von der Baustelle. Wir müssen helfen.«
    Gemeinsam betraten sie die Kathedrale an der Südseite.
    Da streckte Hermann seinen Arm aus und bedeutete ihr mit der Hand, nicht weiterzugehen. »Bischof Hildeward«, flüsterte er, woraufhin Uta nickte.
    Entsetzt beobachteten sie den befremdlichen Ritus des Bischofs, der sich vollkommen nackt mit ausgebreiteten Armen auf den Glasschrein des heiligen Schleiers gelegt hatte und dabei vor sich hin murmelte. Weil seine Worte von Schluchzern unterbrochen und verzerrt wurden, verstanden sie nur einige Satzfetzen wie Entsagung, Entblößung und Sünde.
    Uta wandte sich augenblicklich ab. »Während unserer Abwesenheit hat sich nichts verändert.«
    »Manches ändert sich auch nie.« Hermann deutete auf den Ausgang. »Lass uns die Pferde unterstellen. Die Knechte sollen sie gleich abreiben.«
    Vor den Stallungen leitete Hermann die Verabschiedung ein und schaute sie dabei liebevoll an. »Ruh dich aus, die vergangenen Tage waren sehr anstrengend.« Dann wischte er ihr zärtlich eine Schneeflocke von der Wange.
    Uta lächelte und erwiderte seinen Blick. »Vielen Dank, dass du gekommen bist. Es war wunderschön.« Dann holte sie die Spange des Gatten aus der Tasche ihres Umhanges hervor, befestigte sie an der gewohnten Stelle über dem linken Ohr und verabschiedete sich.
    Traurig schaute Hermann ihr nach.
    Erschöpft und in durchnässten Gewändern betrat Uta ihre Kemenate. »Die Kammer ist schon beheizt?«, wunderte sie sich, doch sicher hatte Katrina ihre Ankunft bereits bemerkt. Uta legte den Wollumhang ab und trat an den Kamin, um sich die Hände zu wärmen.
    »Das also habt Ihr all die Mondumläufe getan, während ich in Polen mein Leben riskierte! Ihr weiltet außerhalb der Burg und habt damit Eure Pflichten hier vernachlässigt!« Erschrocken zog Uta ihre Hände zurück und drehte

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