Die Herrin der Kelten
sein soll, und die Jagd vielmehr dem Zweck dient, die dreißig zusammenzubringen, um damit zu beginnen, die Ehrengarde des neuen ranghöchsten Kriegers aufzustellen. Wenn dem tatsächlich so wäre und wenn du gefragt würdest, würdest du Gwyddhien dann Treue schwören und geloben, ihr Leben unter Einsatz deines eigenen zu verteidigen?«
Sie hatte gedacht, dies könnte eine Frage sein, die Caradoc sich schon selbst gestellt hatte. Als sie ihn jetzt ansah, wusste sie, dass sie richtig vermutet hatte, dass er sich die Frage zwar gestellt, aber noch keine Antwort darauf gefunden hatte; der Konflikt spiegelte sich deutlich auf seinem Gesicht wider. »Ich weiß es nicht«, erwiderte er aufrichtig.
»Du hast zu viele Verpflichtungen gegenüber dem Volk deiner Mutter?« Sie wusste nichts über sein Leben bei den Ordovizern, außer dass man ihn nicht für den Tod des Kuriers verantwortlich gemacht hatte, den sein Vater ermorden ließ.
»Ja, aber es ist nicht nur das. Wenn es Krieg geben sollte, würde ich mitkämpfen wollen, und Mona hat nur ein einziges Mal in der neueren Geschichte den ranghöchsten Krieger und sämtliche zweitausend anderen in eine Schlacht geschickt.«
»Gegen Cäsar und seine Legionen.« »Richtig. Sie ritten aus, um Cassivellaunos Beistand zu leisten, und zwar zu einer Zeit, als die Unverletzlichkeit der Insel selbst bedroht war. In den Liedern von Mona heißt es, dass von diesen zweitausend Kriegern nur drei lebend wieder zurückkehrten. Sie waren die größten Krieger, die unser Land jemals gesehen hat, und sie waren diejenigen, die die Ufer des ins Meer mündenden Flusses gegen den Sturmangriff der Legionen verteidigten, ganz gleich, was die Sänger anderer Stämme - deines und meines Volkes - behaupten mögen. Wenn es zu einem Krieg mit Rom kommt und wenn Mona ihre Krieger ins Feld schickt, dann könnte es durchaus sein, dass ich der Ehrengarde beitreten würde, wenn man mich fragte - aber wenn nicht, dann würde ich mir wünschen, an der Seite all derjenigen kämpfen zu können, die bereit wären, sich mit mir zusammenzutun.«
Breaca verspürte plötzlich einen kalten Windhauch im Rücken. Maroc hatte ebenfalls über diese Sache gesprochen, aber nicht so direkt, nicht mit einer solchen Eindringlichkeit. »Wird es denn dazu kommen - zu einem Krieg mit Rom?«
Caradoc zuckte die Achseln. »Das ist durchaus möglich. Amminios hat all den Ehrgeiz unseres Vaters, aber nichts von dessen Diplomatie. Cunobelin ging sehr viel klüger und geschickter vor; sein Reichtum basierte auf dem Handel mit Rom und mit den Völkern, die Rom untertan sind, aber er machte sich nicht alle römischen Bräuche und Gepflogenheiten zu Eigen. In den letzten beiden Jahren hatte er sich sogar wieder den Träumern zugewandt und sich auf die Wege der Götter zurückbesonnen. Amminios wird das niemals tun. Er will die Herrschaft über die Handelshäfen auf beiden Seiten des großen Flusses, und er wird vor nichts zurückschrecken, um sie zu bekommen. Bei dieser Sache hat er die volle Unterstützung von Berikos von den Atrebatern. Der Mann hat dreißig Jahre lang darauf gewartet, die Oberhand über unseren Vater zu gewinnen. Wenn Amminios ihm einen Grund gibt, dann wird er die Gelegenheit beim Schopf ergreifen.«
»Und Amminios hat einen guten Grund, nämlich die Häfen südlich des Flusses, die dein Vater Togodubnos’ Sohn überschrieben hat, um die Blutschuld gegenüber meiner Familie zu begleichen.« Erinnerungen an eine Schlacht stürmten plötzlich auf Breaca ein. Amminios, hoch zu Ross, lachte höhnisch auf sie herab, und das Trommeln von Pferdehufen dröhnte in ihren Ohren. Sie starrte ins Feuer und zwang sich, die quälenden Erinnerungen zu verdrängen und nur das Rauschen des Windes über dem See zu hören und das Stimmengemurmel von anderen, die an anderen Feuern saßen, keiner von ihnen ein Feind. Als sie wieder klar denken konnte, sagte sie: »Der Verlust der südlichen Häfen würde aber weder Amminios noch Berikos einen triftigen Grund liefern, Rom um Hilfe zu bitten.«
»Es sei denn, sie kämpfen um die Häfen und verlieren den Kampf. Und Amminios - das hast du ja selbst schon erlebt - kann es überhaupt nicht leiden, als Verlierer dazustehen.«
Sie hob mit einem Ruck den Kopf. Caradoc erwiderte ihren zornigen Blick ohne Kommentar. Man hätte vielleicht denken können, dass er sie nur aufziehen wollte, doch dem war nicht so. Beide wussten, dass das, was er gesagt hatte, stimmte. »Er mag vielleicht nicht
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