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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Mit ausgebreiteten Armen empfing Johannes die in den lateranischen Thronsaal strömenden Heerführer und Offiziere der Aufständischen, allen voran Marocia und Guido. Marocia war als Einzige nicht bewaffnet, und aus der Schar der Krieger hob sie sich in ihrem weißen Trauerkleid ab wie ein Engel. Während sie den Gang entlang zum Thron schritt, kamen alte Erinnerungen in ihr hoch. Wie vor achtzehn Jahren, als sie den Thronsaal zum ersten Mal betreten hatte, um den Zugang zur Bibliothek von Sergius zu erbitten, so waren auch heute zu beiden Seiten die Prälaten der Stadt in feierlichen Gewändern versammelt. Damals galt sie als verachtenswerte Hure, die man heimlich mit Schimpfwörtern bedachte, heute kam sie als die Herrin von Rom zurück, und so mancher Rücken beugte sich bereits in richtiger Erkennung der Machtverhältnisse vor ihr. Die meisten Geistlichen jedoch rührten sich nicht. Ihre Blicke waren ebenso feindselig wie im Jahre 906.
    Die Offiziere blieben auf halbem Wege zum Thron zurück, so dass Guido und Marocia allein vor den Stuhl Petri traten. Johannes stand auf und verkündete mit feierlicher Stimme: »Wir freuen uns, dass du nach so vielen Jahren zurückgekehrt bist, Herzogin.«
    Wie kaum ein anderer Papst vor ihm verstand Johannes es, die Heiligkeit seines Amtes zu betonen. Die Mosaike an Wänden und Decke waren noch farbenprächtiger geworden; nahezu alle Heiligen umrahmten den Thronsaal und nahmen den Papst damit gleichsam in ihre Mitte. Den Thron hatte Johannes noch schwerer und erhöhter bauen lassen, und links und rechts davon qualmten zwei Weihrauchschalen vor sich hin und hüllten den Pontifex in eine Wolke von fast überirdischer Erhabenheit. Marocia jedoch wusste, welchen Menschen sie hier tatsächlich vor sich hatte.
    »Kann es sein«, begann sie, »dass die geplante Heirat von Hugo und mir Euren ebenso plötzlichen wie rührenden Sinn für christliche Gastfreundschaft geweckt hat, oder ist es das Ausbleiben der Byzantiner?«
    Johannes zog ein betrübtes Gesicht. »Um offen zu sein . . . der Tod deiner Mutter.«
    Marocia zuckte zusammen. Sie wandte sich ab und schloss die Augen, so als wolle sie ein letztes Mal die wenigen Augenblicke ihres Lebens heraufbeschwören, in denen Theodora ihr eine wirkliche Mutter war. Nach einer Weile fing sie sich wieder, aber wenn Johannes beabsichtigt hatte, die Eroberin Roms in eine milde, verletzbare Stimmung zu versetzen, war ihm das gelungen.
    »Sie hat nicht viel gespürt«, tröstete er. »Wir haben sie heute Morgen mit allen Ehren in der Krypta von
Sanctus Sebastianus
beigesetzt. Der frühere Pater dieser Kirche war ihr Erzieher gewesen – und deiner auch, wenn ich nicht irre. Mir erschien daher die Wahl dieser Ruhestätte pietätvoll.«
    Ursprünglich hatte Marocia vorgehabt, Johannes deutliche Worte an den Kopf zu werfen, und anschließend, Theodora offiziell als Senatrix abzusetzen. Sie wollte die Wut ihrer Mutter genießen, wenn sie sich selbst als ihre Nachfolgerin proklamierte. Doch stattdessen brachte sie nun kein einziges Wort mehr heraus, ja, sie ließ es sogar zu, dass Johannes die Stufen zu ihr hinunterging und sie in den Arm nahm.
    »Ja, das alles ist sehr traurig«, murmelte er einfühlsam. »Geradezu tragisch. Andererseits hat das Ableben Theodoras erst den Weg für einen Frieden geebnet, der sowohl dir als auch mir am Herzen liegt.«
    Lächelnd nahm er zur Kenntnis, dass sie gedankenverloren nickte. »Lass uns die Vergangenheit vergessen«, bat er, »und unsere Gedanken der Zukunft dieser Stadt und des Landes widmen.« Er fuhr sich elegant durch die Haare, hielt seinen Mund an ihr Ohr und flüsterte, so dass kein anderer es hören konnte: »Ich will dich bei mir haben, Marocia. Mein Bett ist warm und . . .«
    In diesem Moment hallte der Thronsaal von der Ohrfeige wider, die sie Johannes gab, und gleich darauf von einer zweiten, die seine andere Wange traf. Johannes strauchelte und fiel mit dem Gesäß auf die Stufen zum Thron. Die Prälaten raunten erschreckt auf, und einige trauten sich sogar, empörte Rufe von sich zu geben: »Blasphemie« war zu hören, und »Teufelsbraut«. Sogar Marocias Offiziere erstarrten angesichts der Kühnheit, den christlichen Oberhirten zu verprügeln.
    Johannes’ anfängliche Überraschung wich rasch der Wut. Sein Kopf schwoll rot an, und sein Körper straffte sich wie der eines Ritters vor der Schlacht. Er sprang auf und wollte auf sie losgehen, doch Guidos Schwertklinge sauste dazwischen.
    »Keinen

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