Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste
jeweiligen Bewegungen von Mutter und Sohn sich wieder an. Natürlich war Alberic in jenem Moment klar geworden, worauf diese hochpolitische Ehe hinauslaufen würde: auf einen neuen, starken König im Land.
»Du weißt, dass die Byzantiner sich das nicht lange ansehen werden. Zweifellos steht Berengar von Ivrea auf ihrer Soldliste.«
»Zweifellos«, gab Marocia zu. »Aber Kaiser Romanos ist kürzlich gestorben, und seine drei Söhne sind dumm und schwach. Wenn Eudoxia ihren Gemahl zusätzlich milde stimmt . . .« Sie bückte sich und legte ihren Kopf auf Alberics Schulter ab. In spitzbübischem Ton meinte sie: »Auf dich hört sie doch. Wenn du ihr schreibst . . .«
Er seufzte. »Wird Otto Rom in Ruhe lassen? Unsere Unabhängigkeit respektieren?«
»Ich vertraue ihm.«
»Du hast auch Crescentius vertraut.«
Dieser Hieb saß, aber Alberic milderte ihn sogleich ab. »Massiere bitte weiter«, bat er und wartete, bis sie wieder damit angefangen hatte. Dann sagte er: »Ich werde Eudoxia schreiben. Und der Papst soll Otto in Pavia zum König krönen. Dann kann er dort sein Banner wehen lassen und Italien regieren. Bist du nun glücklich?«
Marocia sah in die erschöpften, fieberglühenden Augen ihres Sohnes und strahlte ihn dankbar an, um ihm eine Freude zu machen. Sie massierte ihn noch eine ganze Weile weiter, bis er endlich unter den rhythmischen Bewegungen eingeschlummert war. Lange sah sie ihn an. Von draußen drang das Gezwitscher der Vögel herein, die in großen Schwärmen nach Süden zogen, und einmal erschien eine streunende Katze auf dem Fenstersims und gab bettelnde Laute von sich. Doch Marocia hatte nur Augen für Alberic. Viel später, das Oktobergold der Sonne erfüllte bereits den Raum, schlich sie sich auf Zehenspitzen zur Tür.
»Glück fühlt sich anders an«, flüsterte sie mit einem letzten Blick zurück.
Achter Teil
Der letzte Kampf
Der Morgen des 26. Dezember,
Anno Domini 963
»Auf der Flucht haben die Byzantiner ihr Wappen verloren«, erklärte Ottos Gemahlin Adelheid, »und so haben wir es zum Zeichen des Triumphes zwischen meinem und dem meines Gemahls eingereiht. Wenn Euch und Euren Männern dadurch kurzzeitig Verwirrung entstanden ist, bedaure ich das, ehrwürdiger Bischof.«
»Nicht doch«, wiegelte Liudprand von Cremona ab und lächelte derart süßlich, wie man es seinem runzligen Gesicht nicht zugetraut hätte. Sie standen in Liudprands Gemach in der Engelsburg und unterhielten sich über die günstigen Nachrichten, die Adelheid mitbrachte. Otto schlug in Friaul zwar derzeit noch eine Schlacht, aber die Gefahr durch die Byzantiner war gebannt, und mit dem Heer in Adelheids Gefolge würde der römische Aufstand, der auch die Engelsburg bedroht hatte, nun vollends in sich zusammenbrechen.
»Man müsste das eigentlich feiern«, meinte Adelheid. Ihr Blick schweifte über die karge Einrichtung des Gemachs, und ihre Hände zogen den Pelz um die Schultern enger, um sich gleich danach wieder im wärmenden Stoff zu verbergen. »Aber hier? Ich muss sagen, bischöfliche Gnaden, Ihr seid zu milde mit dieser . . . dieser Person gewesen. Dass sie gewagt hat, Euch derart schimpflich unterzubringen, ist beleidigend. Auch für mich. Schließlich weiß jeder, wie nahe Euer Rat und Eure Weisheit mir stets sind. Wer Euch erniedrigt, erniedrigt auch mich.«
Liudprand hüstelte. »Nun ja . . .«
In diesem Moment öffnete sich knarrend die Tür, und ein Diener kam herein. Er meldete: »Marocia, Senatrix von Rom.«
Adelheid zuckte zusammen.
»Solch eine Frechheit, mir unter die Augen treten zu wollen. Nach allem, was diese Frau sich geleistet hat. Sie ist impertinent. Muss ich sie empfangen?«, fragte sie Liudprand.
»Sie ist formell noch immer die Herrin der Engelsburg. Aber natürlich, falls Ihr darauf besteht, dass sie . . .«
»Nein, nein«, sagte Adelheid. »Sie soll keine Klage über mich führen können. Wir beide wissen ja, dass mein Gemahl sich von ihr narren lässt.«
Liudprand nickte. »Die Kunst der Überredung ist vielleicht ihre hervorragendste Eigenschaft.«
Adelheid sah den Bischof scharf an. Für einen Moment meinte sie, so etwas wie Achtung in seinen Worten gehört zu haben. Doch schnell verwarf sie diesen absurden Gedanken. Immerhin hatte Liudprand ihr in den vergangenen Jahren wieder und wieder erläutert, wie verachtenswert die Herrin von Rom doch sei.
Sie empfing Marocia mit steinernem Gesicht und ließ sowohl Verbeugung wie auch wörtliche Begrüßung ohne Erwiderung. Das
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