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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Hauptportal. Wenn du mich dort schreien hörst, erschrecke nicht. Ich werde meine Freude über diesen Tag vielleicht nicht bändigen können.«

    Wie eine Diebin schlich Damiane durch die Gänge des Lateran. An jeder Ecke stoppte sie und lugte vorsichtig nach Mönchen, die ihren Weg kreuzen konnten. Glücklicherweise war die Matutin, das Mittagsgebet, vorbei, das Mahl genossen, so dass die lateranischen Brüder jetzt in ihren Klausen Ruhe hielten. Nicht mehr lange jedoch. Die Glocke machte drei Schläge. Damiane musste sich beeilen.
    Sie klopfte derart leise an die grobe, von Splittern übersäte Holztür, dass sie selbst es kaum hörte. Ohne auf eine Reaktion zu warten, drückte sie die rostige Eisenklinke herunter. Unter dem quietschenden Geräusch der Scharniere glitt sie in die winzige, kahle Klause hinein.
    Gratian lag auf seiner Pritsche und blickte einen, zwei, drei Momente starr zur Tür, bis er begriff, dass seine Geliebte vor ihm stand. Dann jedoch sprang er auf und fuchtelte aufgeregt mit den Armen herum. »Was um alles in der Welt . . . Weißt du nicht, wie gefährlich das ist, was du da gerade tust?«
    »Ich habe keine Zeit«, flüsterte Damiane.
    Gratian machte einen großen Schritt zur Tür, öffnete sie einen Spalt, steckte seinen Kopf wie ein Kiebitz nach draußen, blickte sich nach allen Seiten um und schloss sie dann wieder. »Jeden Moment kommt der Bruder Aufseher und beendet die Mittagsruhe. Also mach schnell.«
    »Die Herrin Marocia und ich spazieren zur
Sancta Crux
und besichtigen die heiligen Reliquien. Jetzt gleich. Du hast mir ins Gewissen geredet, dass ich dich benachrichtigen soll, wenn wichtige Dinge passieren, aber wohl ist mir nicht dabei.«
    Gratian schien den letzten Teil von Damianes Worten nicht mehr gehört zu haben. Er fixierte die nur kopfgroße Fensteröffnung der Klause und spitzte die Lippen. »Oh, das ist was wert«, hauchte er. »Dafür lässt er ein Goldstück springen.«
    »Wer ist
er
? Ich will das jetzt wissen.«
    Gratian packte Damianes schmales weißes Gesicht mit den tausend Sommersprossen sacht zwischen seine Hände. »Lass uns nicht schon wieder darüber reden. Es muss mein Geheimnis bleiben.«
    »Aber es besteht keine Gefahr für die Herrin Marocia? Oder für mich?«
    »Wo denkst du hin?«, hauchte er erschreckt. »Mein Auftraggeber hat mir versichert, dass sein Auftraggeber . . .«
    »Gott, o Gott«, rief Damiane. »Das ist alles furchtbar kompliziert. Ich weiß nicht, worauf ich mich da eingelassen habe.«
    Gratian umarmte sie hastig. »Vertrau mir, mein Liebstes. Heute Abend sind wir unserem Ziel ein gutes Stück näher gekommen.« Sein tröstliches Lächeln, das wie ein Strich die gewölbten roten Backen verband, beruhigte Damiane ein wenig. Sie atmete einige Male tief durch, dann küsste sie ihn.
    »Und jetzt geh«, sagte er sanft aber bestimmt und öffnete die Tür erneut einen Spalt, um nach dem Rechten zu sehen.
    »Gestalte den Spaziergang langsam«, flüsterte er.
    »Warum?«
    »Tu einfach, was ich dir sage«, bat er. »Dann wird alles gut.«

    Sancta Crux in Jerusallemis
verdankte ihren Namen einem Nagel vom Kreuz Christi, den die Heilige Helena, Mutter Konstantins des Großen, vor sechshundert Jahren aus dem Orient mitgebracht hatte. Ihr äußerer Bauzustand ließ einiges zu wünschen übrig, und ihr Inneres besaß sowohl die unheimliche Düsternis der Lateranbasilika wie auch die Lichtfülle vieler Klöster. In der Crux wechselte beides ab. Große, mit grau und braun getöntem Glas verkleidete Fenster tauchten das Kirchenschiff in ein diffuses Licht, mächtige Granitsäulen warfen lange Schatten, und eine überlebensgroße Statue der Heiligen Helena ließ das Dach niedriger erscheinen, als es war. Was Marocia wirklich beeindruckte, war das farbenprächtige, schwungvolle und ungewöhnlich detailliert gearbeitete Bodenmosaik der Kirche, und die Tatsache, dass als Fundament die Erde des Kalvarienbergs in Jerusalem verwendet worden war, ergänzte den künstlerischen Reiz der Arbeit um einen mythologischen.
    »Ist es hier nicht herrlich?«, fragte Marocia.
    Damianes Blick irrte unentwegt durch das Halbdunkel der Kirche. »Wir hätten nicht die Wachen vor dem Tor lassen dürfen«, wich sie der Frage aus. »Gehen wir doch lieber wieder nach draußen.«
    Marocia lächelte, sie hatte keine andere Antwort erwartet. Für Damiane war die
Sancta Crux
sicherlich nicht größer und nicht schöner als der Lateran. Für sie selbst aber war dies der Ort, an dem sie sich

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