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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Sergius auf das Mädchen warf. Er war offensichtlich völlig vernarrt in Marocia. Auf der Synode musste er sie gesehen haben, und alle seine Besuche waren nur von der Hoffnung motiviert, noch einmal dieses Kindes ansichtig zu werden.
    Nicht eine Minute lang hatte Theodora Bedenken gegen die Faszination des über dreißigjährigen Mannes für ihre sieben Jahre alte Tochter. Entscheidend war, dass er eine einflussreiche Position hatte und ein Gefolgsmann von Ageltrudis war. Mein Gott, was war schon dabei, wenn er es liebte, das Kind anzusehen? Seine eigenartige Zuneigung war nichts anderes als ein glücklicher Umstand, der ihr nur Vorteile bringen konnte. Deshalb hatte sie vorhin, gleich, nachdem der Diener ihr gemeldet hatte, dass Sergius im Atrium warte, der Amme Befehl gegeben, Marocia einige Minuten später in das
peristyl
zu schicken. Sie musste jeden Moment eintreffen.
    »Meine Kinder, ach ja«, rief Theodora kummervoll. »Sie verdienen wahrhaft, behütet zu werden. Vor allem Marocia, nicht wahr? Ist sie nicht wie eine . . .« Sie suchte scheinbar nach einem Wort, dann stand sie auf und tänzelte trotz ihrer hohen Schwangerschaft einige Schritte bis zu den gelben Rosen. »Ist sie nicht wie eine dieser Blüten? So rein, so königlich?« Mit einer schnellen Handbewegung fuhr sie in den Rosenbusch und rupfte eine der schweren Blütendolden ab und roch daran.
    Ein gedehntes Räuspern unterbrach die Gesprächspartner. »Hier!«, sagte Egidia mürrisch. »Habe Euch Marocia gebracht, Herrin. Wie befohlen.«
    »Gut«, sagte Theodora. Sie hatte einige Mühe, Marocias Hand Egidias festem Griff zu entwinden. »Es ist gut«, wiederholte sie scharf und machte eine abweisende Geste.
    Widerwillig entfernte Egidia sich einige Schritte, dann besann sie sich anders, blickte abwechselnd den Kardinal und Theodora an und presste empört hervor: »Muss Euch aber sagen, dass es schlecht ist, die arme Kleine derart vorzuführen, kaum dass es ihr ein bisschen besser . . .«
    Ein völlig unmissverständlicher Blick Theodoras brachte die Amme dazu, zu schweigen. Erst, als Egidia das
peristyl
verlassen hatte, wandte Theodora sich wieder ihrem Gast zu. Wie zur Begutachtung stellte sie Marocia vor den Kardinal.
    »Was meinte die Amme damit«, fragte Sergius, »als sie sagte, es sei Marocia nicht gut gegangen?«
    »Was weiß das dumme Weib schon?«, winkte Theodora ab. »Seht Euch meine Kleine doch an. Sieht sie etwa nicht gesund aus?« Sie bemerkte zufrieden, wie Sergius’ ausdruckslose hellbraune Augen plötzlich etwas Weiches und Sanftes bekamen, und sie trat einige Schritte zur Seite, damit er Marocia ungehindert zulächeln konnte.
    Sergius ging mit seinem weiten Gewand vor Marocia in die Hocke und sah sie eine Weile an. War dieses Mädchen glücklich? Freute sie sich über seinen Besuch? Mochte sie ihn? Er wünschte es sich mehr als alles andere, aber er war kein Menschenkenner. Oft übersah er die deutlichsten Zeichen einer Gemütsregung. Vielleicht lag es daran, dass er kein geselliger Mensch war, dass er weder wie der eine Teil des höheren Klerus weltliche Vergnügungen auf nächtlichen Gelagen suchte noch wie der andere Teil das Zusammensein mit Gläubigen. Am liebsten war er mit sich allein.
    Nur dieses Mädchen berührte Sergius. So etwas passierte ihm zum ersten Mal. Ihre großen schwarzen Augen konnten scheinbar unendlich lange einem Blick standhalten, und ihr rundliches, oft ausdrucksloses oder beherrschtes Gesicht war ihm ein Geheimnis. Zaghaft streckte er seinen Arm aus und ergriff einen ihrer Ohrringe, in dessen silberne Fassung eine winzige schwarze Perle eingearbeitet war. »Sehr hübsch. Ist das dein liebster Schmuck?«
    Theodora antwortete aus dem Hintergrund für ihre Tochter. »Ich habe ihn anfertigen lassen, Eminenz. Die dunklen Farben stehen Marocia am besten.«
    Sergius ging nicht weiter darauf ein. Seine Fingerspitzen strichen nun vorsichtig an einigen der schwarzen Strähnen entlang. »Du hast, seit ich dich das letzte Mal gesehen habe, deine Haare hochgesteckt, junge Dame. War das deine Idee?«
    »Leider redet sie sehr wenig«, bedauerte Theodora sofort. »Es hat aber nichts mit Euch zu tun, Eminenz, denn zu uns ist sie nicht anders. Den lieben Tag spricht sie bisweilen nur zehn Worte, schaut aber viel herum und beobachtet alles, was man tut. Neugierig ist sie und . . .«
    »Vielleicht kommt sie nicht dazu, etwas zu sagen«, unterbrach der Kardinal seine mitteilsame Gastgeberin.
    Für einen flüchtigen Moment

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