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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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schimpfend heran. »Ja, seid ihr noch bei Trost! Einfach davonzugehen. Wisst ihr nicht, wie gefährlich das ist? Was treibt ihr euch hier herum? Euer Vater ist gekommen. Müssen jetzt alle weg, sagt die Eminenz. Müssen uns in den nächsten Tagen verstecken, bis die Soldaten der Herzogin kommen, sagt die Eminenz. Ist noch nicht überstanden, sagt die Eminenz. Herr Jesus«, flüsterte sie, als sie den Erschlagenen sah. »Die Heiligkeit.« Sie bekreuzigte sich, dann nahm sie Marocia und Leon an der Hand und zog sie mit sich fort.

    Sanctus Sebastianus
war eine der Pilgerkirchen Roms. Gläubige aus allen Ländern kamen hierher an den südlichen Stadtrand, um die Fußabdrücke zu verehren, die Jesus auf einem judäischen Marmorstein hinterlassen hatte, und den eifrige Christen vor Jahrhunderten nach Rom gebracht hatten. Manche zogen es allerdings vor, in den unterirdischen Katakomben das schlichte Grabmal des Heiligen Sebastianus zu bewundern, denn hierbei konnte man sich wenigstens sicher sein, dass es sich um ein echtes Heiligtum handelte.
    Wegen dieser beiden berühmten Schätze der Christenheit war das für Pilger hinter der Kirche angebaute Bettenhaus ständig belegt. So auch jetzt. Doch die Pilger, die häufig nicht mal die Landessprache Latein beherrschten, verstanden nicht, was derzeit vor sich ging.
So
hatten sie sich die Stadt des heiligen Petrus und seiner Nachfolger nicht vorgestellt. Gewalttätig und rumorend, wie Rom sich derzeit präsentierte, schien es ihnen eher ein Vorhof der Hölle zu sein, und sie verließen das Bettenhaus nur, um Fußabdrücke und Grab um eine sichere Rückkehr in ihre Heimat anzuflehen.
    Seit drei Tagen hatte Pater Bernard, der Priester von
Sanctus Sebastianus
, noch weitere Gäste. Drei Dutzend Frauen und Männer lagerten mitten in der Kirche; allerdings interessierte sich diese Gästeschaft wenig für die Reliquien des Gotteshauses, sondern ausschließlich für das gute Versteck, das die Katakomben boten.
    Kardinal Sergius, der zusammen mit dem
praetor urbanus
das provisorische Kommando über die Truppe führte, lief fast ständig auf und ab, während Theophyl unentwegt seinen Bart kraulte, aus den verrammelten Toren lugte und auf ausgesandte Späher wartete. Wirklich Neues erfuhren Kardinal und Richter von diesen nicht. Noch immer beherrschte das Volk die Straßen, aber die anfängliche Wut, die sich wie bei einem Gewitter entladen hatte, schien sich langsam zu verziehen. Es gab anscheinend weniger Morde an Edlen oder hohen Geistlichen, sei es, weil diese mittlerweile fliehen oder sich verstecken konnten, sei es, weil sie schon fast alle tot waren. Dafür wurde nun verstärkt das Eigentum geplündert. Doch so lange die Soldaten der Herzogin nicht eingetroffen waren, konnte es noch immer zu neuen Gewaltausbrüchen kommen, und die Mienen des Richters und des Kardinals hellten sich darum in diesen Tagen nicht ein einziges Mal auf.
    Die meisten der anderen blieben die ganze Zeit über in ihren Ecken: Die Soldaten vergnügten sich mit Würfelspielen, Egidia hielt Leon bei Laune, und Theodora kaute auf den Fingernägeln, hielt sich abseits von den anderen und sprach kaum ein Wort.
    Einzig Marocia nahm regen Anteil an den mystischen Geheimnissen der Kirche. Pater Bernard zeigte ihr alte Schriften längst verstorbener Päpste, die sie allerdings noch nicht lesen konnte, sowie alle Wandmalereien des verwinkelten, dreiteiligen Kirchenschiffs. Er musste Marocia jedes einzelne Bildnis erklären und eine Geschichte dazu erzählen, so dass beide nach drei Tagen noch so viel Gesprächsstoff hatten wie am ersten. Gerade, als Pater Bernard dem wissbegierigen Mädchen ein verwittertes Bild mit der Darstellung eines Kirchenheiligen beschrieb, unterbrach ihn eine etwas ironische Stimme von hinten.
    »Ich sehe, Ihr unterrichtet noch immer gerne, Pater. Wie damals.« Theodora bedachte den Pater mit einem ebenso verächtlichen wie unsicheren Blick. »Man sollte meinen«, fügte sie spöttisch hinzu, »Ihr hättet mittlerweile die Illusion aufgegeben, durch Vermittlung von Wissen bessere Menschen formen zu können.«
    Er überlegte einen Moment, dann beugte er sich zu Marocia hinunter: »Wie wäre es, wenn du deinem Bruder und der Amme ein wenig von dem erzählst, was ich dir gezeigt habe?«
    Marocia nickte und sprang, ohne ihre Mutter ein einziges Mal anzusehen, davon.
    Pater Bernard vergrub die Hände in den weiten Ärmeln seiner Kutte. »Ich bin froh, dass ihr alle
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Zuflucht gesucht

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