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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Tier . . .« Er unterbrach sich mit einem langen Seufzer.
    Marocia tätschelte ihm die Schulter. Sie war beseelt von Rache für Egidia, die in ihrer Kindheit wie eine Mutter für sie gewesen war und die niemals und niemandem etwas Böses getan hatte. Für ihre Schwiegermutter brachte sie nicht eine Spur Mitleid auf.
    »Gewiss«, sagte sie, »es ist schwer. Aber der Zahn des heiligen Benedikt wird es schon wieder richten.«

    Die Kirche
Sanctus Paulus
in Spoleto war kein Schmuckstück unter den sakralen Bauten. Ihre schlichte und eckige Bauweise wirkte abweisend, und ihr Inneres beeindruckte weder durch erhabene Askese noch durch blendenden Prunk. Die grob behauenen Steinfiguren und die simplen Holzschnitzereien, die unbemalten grauen Bodenfliesen und die rußigen Wände ließen sie eher wie eine zu groß geratene Dorfkirche erscheinen, doch die Spoletaner hätten sie nicht anders haben wollen. Sie war, mit Ausnahme einiger Kirchen im weit entfernten Ravenna, das größte Gotteshaus des Herzogtums, und das allein machte sie für das Volk zu etwas Besonderem.
    »Diakon von
Sanctus Paulus
?«, rief Gratian und blickte abwechselnd den spitzen Kirchturm und seinen Gönner mit weit aufgerissenem Mund an. »Ich?«
    Desiderius begann einen gemächlichen Spaziergang rund um die Kirche, die die südliche Abgrenzung eines großen, rechteckigen Marktplatzes bildete, und Gratian folgte ihm mit einem Schritt Abstand. »Nie hätte ich mir so etwas träumen lassen. Das ist eine . . . ja, eine ungeheure Ehre«, stammelte Gratian.
    Desiderius blickte ein wenig müde die Außenwand der Kirche an, deren Putz mit jedem Tag etwas mehr abbröckelte und den braunen Backstein darunter freilegte. »Das ist mir bewusst«, sagte er. »Aber du hast dir diese Ehre durch vergangene Leistung verdient – und in Erwartung weiterer Leistungen selbstverständlich.« Er bedeutete Gratian, aufzuschließen und fortan neben ihm zu laufen. »Hast du vielleicht auch schon eine Idee, wie wir die Herzogin künftig . . . nun ja, besser im Griff behalten können?«
    Gratian machte ein Gesicht, als würde die Sonne ihn blenden. Seine dicken Backen überdeckten fast völlig seine Augen.
    »Mir war nicht klar, dass sie eine Bedrohung ist«, gestand er.
    »Frauen sind immer eine Bedrohung, schon allein deshalb, weil sie weitaus bessere Schauspieler sind.«
    »Aber sagtet Ihr nicht selbst, dass sie während der Sitzungen des Rates immerzu nur auf ihrem Sessel sitzt und schweigt?«
    O ja, dachte Desiderius, sie schweigt. Sie schwieg während all der Monate, in denen er versucht hatte, die getrübten Beziehungen des Herzogtums zu Rom zu klären. Die Senatrix Theodora bemühte sich ebenso um sein Wohlwollen wie auch Sergius’ Nachfolger Anastasius III. und Herzog Berengar, denn sie alle benötigten Alberics Stimme, um Berengar zum König wählen und krönen zu können – und benötigten ihn, den Ratgeber, um Alberic dahingehend umzustimmen. Desiderius kam es sehr gelegen, von den Mächtigen gebraucht zu werden, konnte er sich doch auf diese Weise neue Freunde und Fürsprecher schaffen. Ein Bischofssitz im Herzogtum Spoleto sollte nicht das Ende seiner Ambitionen sein.
    Doch bislang waren seine Bemühungen gescheitert. Stunden um Stunden, Woche für Woche redete Desiderius im Rat dem Herzog gut zu – Marocia jedoch ergriff nicht ein einziges Mal das Wort, gab sich keine Blöße. Ihre Zeit kam nach Einbruch der Dunkelheit, im Ehebett. Einer Penelope ähnlich machte sie in der Nacht das Tagwerk ihres Gegners,
sein
Tagwerk, zunichte und nutzte dabei sehr geschickt zwei schwache Seiten Alberics: seine Dankbarkeit, dass Marocia ihn damals vom Schatten seiner Mutter befreit hatte, und die Angst um seine persönliche Sicherheit. Er war und blieb ein Hasenfuß.
    »Aus den Reaktionen des Herzogs auf meine Ratschläge schließe ich, dass sie ihm einredet, die Senatrix Theodora werde sich früher oder später an ihm rächen, auch wenn er sich jetzt wieder auf ihre Seite schlüge. Neulich warf er mir doch tatsächlich an den Kopf: ‹Theodora vergisst und verzeiht nie›, ein Satz, der zu pathetisch ist, als dass der Herzog ihn kreiert haben könnte. Jetzt kannst du dir wohl denken, wer dahinter steckt.«
    »Schon, aber . . .«
    »In Kürze wird eine Situation eintreten«, sagte Desiderius und beschleunigte seinen Schritt, »in der wir uns einen widerspenstigen Herzog von Spoleto nicht leisten können.«
    »Was für eine Situation?«, rief Gratian neugierig hinter dem Bischof

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