Die Herrin der Pyramiden
hasserfüllten Blick zu und verließ das Zelt.
Ich lief ihm nach. »Warte, Sarenput! Es ist nicht so, wie du denkst.«
Er ignorierte mich und ging zu seinem Wagen.
»Ich habe damit nichts zu tun!«
»Wirklich praktisch, Nefrit! Du benutzt mich, solange dein Prinz die Fremdländer erobert. Aber sobald er zurück ist, verschwinde ich im Staub der Provinz. Ein gutes Arrangement, Nefrit!«
Er bestieg seinen Wagen und verschwand in der Nacht.
Ich kehrte in mein Zelt zurück, wo Rahotep auf mich wartete. »Ist er weg?«, fragte er.
»Ja, für immer.«
»Was wolltest du mit mir besprechen?«
»Ich wollte dir sagen, dass ich dich nicht heiraten werde.« Ich war so wütend auf ihn, dass ich Rache wollte.
»Aber der Termin für die Hochzeit ist jetzt festgelegt.«
»Dann sag ihn wieder ab!«
»Warum sollte ich das tun?«
»Ich habe einen Geliebten!« Ich warf ihm die Worte ins Gesicht.
»Du hattest einen Geliebten: Sarenput ist weg.«
»Ich verstehe dich nicht, Rahotep. Meine Affäre mit Sarenput scheint dir nichts auszumachen.«
»Es macht mir etwas aus, Nefrit. Aber Sarenput gehört der Vergangenheit an. Ich will, dass du meine Gemahlin wirst.«
»Warum, bei allen Göttern, willst du mich immer noch heiraten?«
»Weil ich dich liebe, Nefrit!«
Wenn ich ihm doch bloß nicht geglaubt hätte!
Aserkaf widmete sich den Vorbereitungen der Hochzeit mit dem gleichen Einsatz wie der Planung eines neuen Feldzugs. Doch anstatt ein Regiment zu verlegen, kümmerte er sich um die Einladung, Anreise und Unterbringung von fast zweitausendfünfhundert geladenen Gästen. Anstatt die Krieger mit Nahrung und Wasser zu versorgen, arrangierte er ein Festessen für ausgewählte Gäste im Garten der Residenz. Anstatt sich über die Aufstellung der Schlachtordnung Gedanken zu machen, plante er eine Zeremonie vor den Göttern, die es nie zuvor gegeben hatte. Hier unterstützte ihn sein Cousin Hesire. Rahotep und ich sollten entgegen der Tradition nicht im Palast vermählt werden, sondern in einer aufwändigen Zeremonie im Atum-Tempel.
»Das Volk will euch sehen, Nefrit«, erklärte mir Hesire.
»Das Volk kann uns im Tempel aber nicht sehen«, erwiderte ich, »Weil es draußen auf dem Platz steht.«
»Das Volk wird nicht draußen stehen. Die Zeiten ändern sich. Die Menschen werden der Vermählung des Thronfolgers im Sonnenhof zusehen, denn die Tempeltore werden während der Zeremonie offen stehen.«
»Rahotep ist noch nicht ernannt worden, Hesire.«
»Irgendwann wird der König sich entscheiden!«
Königinmutter Meresankh befahl mich zu sich. Sie zeigte mir das Brautkleid. Ich zog das Kleid an, dessen Oberteil völlig durchsichtig war und meine Brüste freiließ, dessen Rock aber so eng war, dass ich keinen Schritt damit gehen konnte. Der Rock war mit Goldfäden bestickt und reichte bis zum Boden. Eine Dienerin legte mir einen breiten Schulterkragen um und setzte mir das Diadem auf den Kopf. Ich schlüpfte in die mit Edelsteinen bestickten weißen Ledersandalen und trippelte zur Königinmutter, um mich ihr in diesem Hochzeitsornat vorzustellen.
»Perfekt! Wie eine Göttin!«
»Ich kann so nicht laufen. Ich kann nicht einmal stehen. Ich werde das Kleid nicht anziehen! Ich will …«
»Du wirst dieses Kleiden tragen, Nefrit! Meine Vorsteherin der Roben hat es entworfen. Aserkaf hat die Zeremonien rund um dieses Kleid arrangiert. Nefermaat hat auf die fremdländischen Botschafter Rücksicht zu nehmen, die bei den Feierlichkeiten anwesend sein werden. Und Seneferu hat es ebenfalls genehmigt.«
»Hat Rahotep das Kleid gesehen?«
»Er trägt ähnliche Kleidung. Er hat sie sich auch nicht ausgesucht«, sagte Meresankh, um meiner nächsten Frage zuvorzukommen. »Lass uns das Kleid nicht zu einer Staatsaffäre machen.«
Am gleichen Tag, als Sarenput ohne Abschied per Schiff nach Weset abreiste, packte ich meine Truhe und bezog eine Wohnung in der Nähe der Räume, die Rahotep bewohnte.
Rahoteps Zeremonienmeister Reni erwartete mich am Eingang des Palastes. Der Prinz ließ sich entschuldigen, da er sehr beschäftigt war. Ich zeigte Reni mein Verständnis für das Verhalten meines künftigen Ehemannes und dachte an meine eigenen unzähligen Verpflichtungen.
Reni führte mich in meine Wohnung, wo eine Dienerin meine Sachen auspackte und auf verschiedene Truhen verteilte. »Wo sind die anderen Kleider?«, fragte mich die junge Frau aus Kusch.
»Ich besitze keine anderen Kleider.«
Ich glaubte, einen mitleidigen
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