Die Herrin der Pyramiden
Nebenfrauen Seneferus im Rang nach der Schwiegertochter des Königs kamen. Senai hielt das Protokoll ein, indem sie mich aufsuchte, bevor ich Rahoteps Frau wurde. Mein Sekretär klärte mich auf, dass mir unzählige solcher Höflichkeitsbesuche bevorstanden.
Senai war im achten Mond schwanger. Sie erzählte mir von sich und ihrem Leben im Harem, wo immer irgendeine der durch Seneferu favorisierten Frauen gerade ein Kind von ihm erwartete. Senai war zwar Nebenfrau des Königs, hatte aber keine offiziellen Pflichten als Prinzessin oder Gottesgemahlin. Ihre Existenz beschränkte sich darauf, ein Gefäß für den königlichen Samen zu sein.
Ich stellte mir mein künftiges Leben in einem solchen Harem vor. Sollte Rahotep als Thronfolger ernannt werden, müsste er seine Schwester Merit zur Großen Gemahlin nehmen, und ich wäre eine Nebenfrau. Stand mir das gleiche Schicksal bevor wie Senai? Wäre ich alle zehn Monde schwanger? Würde ich meinen Gemahl nur noch sehen, wenn er seine dynastischen Pflichten zu erfüllen hatte? Mir graute vor dieser Zukunft! Andererseits hatte sich Rahotep mir gegenüber immer korrekt verhalten, wenn ihm auch das Hofzeremoniell sehr wichtig erschien. Und angesichts der Gewohnheiten des Königs war es mir unverständlich, dass Rahotep und ich noch immer nicht das Bett miteinander geteilt hatten.
Rahoteps Mutter Ahmes stattete mir einen Höflichkeitsbesuch in meinen Räumen ab, obwohl wir uns bereits kennen gelernt hatten. Ahmes war nicht schwanger, und als mein Blick zufällig über ihren festen, glatten Bauch glitt, verfinsterte sich ihr Blick, als hätte ich bereits eine abfällige Bemerkung über ihre mangelnde Fähigkeit als Mutter von Gottessöhnen gemacht. Ich beschloss, meine Schwiegermutter während meines Aufenthaltes im Palast zu ignorieren.
Die Gottesgemahlin und ich unterhielten uns über die bevorstehende Hochzeit ihres Sohnes. Dass ich in dieser Zeremonie auch auftreten sollte, schien sie vergessen zu haben. Ihre Welt drehte sich um die Sonne Seneferu und den Mond Rahotep. Wie konnte sie bei dieser Schlingerbewegung ihre eigene Richtung halten? Ihre beiden jüngeren Kinder Kanefer und Henutsen schienen im Schatten Seiner Vollkommenheit, Prinz Rahotep, aufgewachsen zu sein.
Ich war froh, dass die höfliche Unterhaltung mit Ahmes über die Sinnlosigkeit des Haremlebens, über die Hoffnungslosigkeit, erneut von Seneferu schwanger zu werden, und die Langeweile ihrer Tage nur zweieinhalb Stunden dauerte. Und ich war froh, dass sie die Sinnlosigkeit ihrer eigenen Existenz noch nicht erkannt hatte und daher auch nicht darunter litt.
Alle paar Tage besuchte ich meinen Vater auf der Baustelle und brachte ihm die von mir geprüften Berechnungen und Pläne zurück. Mit jedem Besuch veränderte sich unser Verhältnis mehr. Er zeigte eine Scheu und Zurückhaltung mir gegenüber, die ich sonst nie an ihm bemerkt hatte. Hatte ich mich so verändert, seit ich meine Wohnung im Palast bezogen hatte? Sah er in mir die Tochter, die erwachsen geworden war, oder die künftige Schwiegertochter des Königs?
Ich konnte mich auf der Baustelle nicht mehr so frei bewegen, wie ich es in der Vergangenheit gewohnt war. Jeden Moment wurde ich von acht Leibwächtern begleitet, die mich nicht einen Augenblick aus den Augen ließen. Das hielt mich jedoch nicht davon ab, mich auf die oberste Plattform der Pyramide hinaufzubegeben, um dort den Baufortschritt und die Arbeitsleistung der Steinverleger zu kontrollieren. Der Pyramidensockel hatte bereits fast ein Drittel der geplanten Höhe erreicht und damit die Hälfte ihrer geplanten Masse.
Oben auf der Plattform sprach ich mit den Vorarbeitern und kontrollierte die Passung der Steinquader. Dann begab ich mich zum Rand, um an der Pyramidenflanke nach Rissen zu suchen. Ich stieg Steinlage um Steinlage hinab zu der Stelle, an der die Steinbrecher den Quader entfernt hatten, und suchte nach Anzeichen von weiteren Verwerfungen im Fundament.
Plötzlich rutschte ich auf einer Flugsandverwehung auf der glatt polierten Oberfläche der Quader aus und stürzte. Ich fiel zwei Stufen hinunter und schlug mit meinem rechten Fuß auf.
Meine Leibwächter brachten mich ins Zelt des Bauleiters, wo die Verletzung von einem der Ärzte untersucht wurde. Es stellte sich heraus, dass ich mir die Sehnen überdehnt hatte und einige Tage nicht auftreten konnte. Mit einer Sänfte wurde ich in die Residenz zurückgebracht, wo ich von Rahoteps Arzt untersucht wurde.
Den
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