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Die Herrin Thu

Die Herrin Thu

Titel: Die Herrin Thu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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Danach mehr gab. Schließlich verblaßten die Einzelheiten des Traums, und ich hörte auf, mich seinetwegen zu grämen, und schrieb ihn ganz richtig meinen unversehens veränderten Lebensumständen zu und der Tatsache, daß Hui mir immer noch im Hinterkopf herumspukte.
    Ich erhielt Briefe von Kamen und von meinem Bruder Pa-ari, der sich sofort, nachdem er meinen Brief gelesen hatte, hingesetzt und eine Antwort verfaßt haben mußte. Er berichtete mir, daß er meine Abwesenheit fast zwei Wochen lang geheim halten konnte, doch dann hätte ein Priester vom Tempel darauf bestanden, mich zu besuchen, und meine Mutter hätte sich ins Haus gedrängt und hätte meine Krankheit begutachten und behandeln wollen. Das überraschte mich, denn sonst hatte mich meine Mutter immer lautstark verwünscht, hatte mir zwar nicht ihr Haus verboten, aber klargestellt, daß sie mich nicht zu sehen wünsche. Pa-ari schrieb, er habe sich alle Mühe gegeben, beide abzuweisen, doch vergebens. Man hätte ihn vor den Dorfschulzen von Aswat gebracht und ihn der Beihilfe zu meiner Flucht bezichtigt. Er hätte auch kurz in Aswats einzigem kleinen Gefängnis gesessen, während der Schulze den Gouverneur der Provinz um Rat fragte, wäre aber kurz darauf freigelassen worden. Im Dorf schwirre es von Gerüchten über mich. Er wäre überglücklich und erleichtert, daß es mir gut ginge und daß ich mit meinem Sohn vereint sei, und erwarte jeden Tag Nachricht über sein Urteil. Mit einem leisen Rascheln rollte sich die Rolle wieder zusammen. Mittlerweile mußten die Männer des Prinzen die Leiche gefunden haben und sich auf dem Rückweg nach Norden befinden. Pa-ari dürfte wohlbehalten zu seiner hübschen Frau und seinen drei Kindern und an die Arbeit, die er so liebte, zurückgekehrt sein. Das war eine Schuld, die mir nicht länger auf der Seele liegen mußte.
    Als zwei Wochen vergangen waren, wollte ich Hunro besuchen. Meine Motive waren ganz und gar selbstsüchtig und meiner nicht würdig, doch ich konnte nicht anders. Sie hatte so getan, als wäre sie meine Freundin. Der Gedanke an ihre insgeheime Überlegenheit, an ihre berechnenden Lügen ließ mir keine Ruhe und demütigte mich, und vielleicht wollte ich mich auch gar nicht hämisch freuen, sondern ihr nur vorführen, daß ich gesiegt hatte. Natürlich mußte man ihr ihre Lage nicht klarmachen, eher sie mir meine.
    Also bat ich bei Amunnacht um Besuchserlaubnis. Er schickte einen Diener, der mir sagte, daß mein Gesuch an den Prinzen weitergeleitet worden sei. Ich wartete. Die Antwort kam überraschend schnell. Der Prinz hatte einem Treffen zwischen Hunro und mir zugestimmt, vorausgesetzt, daß beide Wachtposten vor Hunros Tür zugegen waren. Das hatte ich von Ramses auch nicht anders erwartet, schließlich hatte ich ihn einmal recht gut gekannt, und anscheinend hatte er sich nicht groß verändert. Es würde ihm insgeheim Vergnügen bereiten, wenn sich die Beklagte mit der Klägerin traf, und vielleicht, ganz vielleicht glaubte er, daß ich ein Recht darauf hatte, der Frau in die Augen zu sehen, die mich verachtet und dann ohne Bedauern hatte fallen lassen. Seine Erlaubnis war so abgefaßt, daß es an Hunros Tür keine Mißverständnisse geben würde. Ich zweifelte nicht daran, daß man jedes Wort, das zwischen uns gewechselt wurde, an ihn weiterleitete, doch es war mir einerlei. Mochte er so viel Vergnügen daraus ziehen, wie er wollte.
    Ich wählte einen Morgen, an dem ich gut geschlafen hatte, entschied mich für ein hellblaues Kleid, dessen eleganter Fall das dunklere Blau meiner Augen betonte, und als Geschmeide legte ich nur Silber an. Das Haar trug ich lose, doch von einem Silbernetz gehalten, in das kleine Blumen aus Türkis eingearbeitet waren. Glänzend und voll fiel es mir auf Schultern, die mittlerweile wie poliertes, erlesenes Gold schimmerten. Gern hätte ich mir auch noch Handflächen und Fußsohlen mit Henna bemalen lassen, aber mein Titel war mir vor langer Zeit genommen worden und mit ihm das Recht, Henna als Kennzeichen meines Standes zu verwenden. Ich wußte, daß ich nicht mehr wie die Bauersfrau aussah, die die Laufplanke zu Kamens Boot hochgegangen war, doch war meine Verwandlung so gut gelungen, daß sich Hunro ärgern würde? Hoffentlich. Isis betupfte mich mit Lotosparfüm. Ich hatte sie losgeschickt, um herauszufinden, in welchem Geviert meine alte Feindin festgehalten wurde, und es überraschte mich nicht, als ich hörte, daß man sie im Kinderflügel einquartiert

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