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Die Herrin Thu

Die Herrin Thu

Titel: Die Herrin Thu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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zugegen sein dürfen!“ Amunnachts blau bekleidete Schultern hoben sich.
    „Seine Majestät wünscht, daß eine Ausnahme gemacht wird. Es handelt sich um bedeutende Persönlichkeiten, Thu, und um eine schwerwiegende Anklage.“
    „Ich war also nicht bedeutend genug, um bei meiner Verurteilung zugegen zu sein“, bemerkte ich bitter, und Amunnacht verschränkte die Arme und sah mich mißbilligend an.
    „Trotzdem war das Urteil gerecht und deine Strafe verdient“, sagte er streng. „Selbstmitleid steht dir nicht, Thu, gerade jetzt nicht. Bleibst du denn ewig Kind? Der König möchte dich sehen.“ Ich blinzelte.
    „Wirklich? Oh, Hüter der Tür, ich habe so gehofft, gebetet. Wie geht es ihm? Fühlt er sich wohl genug, daß er mich empfangen kann? Was soll ich anziehen?“
    „Du findest schon etwas Passendes“, sagte Amunnacht. „Ich muß zurück an die Arbeit. Genieße deinen Triumph, Thu. Der Gesundheitszustand des Königs schwankt. An einem Tag geht es ihm besser, am nächsten muß er das Bett hüten. Du wirst erst kurz vorher benachrichtigt, wann du gerufen wirst. Ach, da kommt Isis mit deinem Essen. Laß es dir schmecken.“ Und schon war er fort, und meine Zelle war plötzlich wieder hell. Doch dann wurde es erneut dunkel, als meine Dienerin mit einem Tablett eintrat. Als sie meine Miene sah, blieb sie stehen.
    „War der Besuch des Hüters der Tür zufriedenstellend?“ erkundigte sie sich. Gelassen zog ich den Umhang fester um mich, ging zur Bettkante und setzte mich. Auf einmal ging mir die volle Bedeutung von Amunnachts Botschaft auf. Ich spürte, wie mir schwindlig wurde, wie mein Herz zu rasen und meine Beine zu zittern anfingen. „Ja, Isis, höchst zufriedenstellend“, brachte ich zähneschnatternd hervor. „Aber auf einmal ist mir kalt. Ich will draußen im Sonnenschein essen.“ Sofort war sie besorgt um mich.
    „Thu, bist du krank?“ erkundigte sie sich. „Soll ich einen Arzt holen?“ Während meine Zähne noch immer aufeinander schlugen, überlegte ich verstört, warum ich so heftig reagierte. Siebzehn Jahre Anspannung und Qualen lösten sich, und das bekam ich nicht in den Griff.
    „Nein. Es geht vorbei“, ächzte ich. „Isis, bring Polster und Sonnenschirm nach draußen. Es ist alles in Ordnung.“
    Bis auf Hui, dachte ich. Hui. Wo immer du bist, an welch unbekanntem Ort du Zuflucht gefunden hast, du bist das fehlende Glied in der Kette von Ereignissen, die gewißlich zu meiner Entlastung führen. Wenn du nicht gefunden wirst, werden die Wunden, die du dem Kind, das ich einst war, zugefügt hast, nie völlig verheilen. Es sei denn, du stehst in Fleisch und Blut vor mir und bittest mich um Verzeihung dafür, daß du mich benutzt und getäuscht hast, und dann bitte ich den König, daß er dir vergibt, sonst werde ich nie frei von nagenden Rachegefühlen sein. Und das ist es, was ich mir vor allem anderen wünsche. Ich bin den Zorn und die Bitterkeit leid, die mir das Herz auffressen.

 
Dreizehntes Kapitel
    Drei Tage später kam die Aufforderung. Ich hatte die Zeit so still wie möglich verbracht, nachdem der eigenartige Anfall vorbei war, aber ich konnte nicht gut schlafen. Ich bemühte mich zwar nach Kräften, meine Gedanken zu beruhigen, doch sie kreisten ängstlich um meine Audienz bei Ramses. Wie sollte ich mich benehmen? Was sollte ich sagen? Was würde er sagen? Bei der Aussicht auf diese lang herbeigesehnte Gelegenheit wurde ich so unsicher wie damals, als Hui mich das erste Mal vor das Antlitz des Königs geführt hatte. Darüber regte ich mich wiederum so auf, daß ich nach dem Haremsarzt schickte und um Mohnsaft bat. Die Droge betäubte meine Angst, doch sie pochte noch immer dumpf unter der von dem Rauschmittel erzeugten Schläfrigkeit.
    Aber in dem Augenblick, als der königliche Unterhofmeister in seiner blauweißen Uniform erschien, sich verbeugte und den Befehl überbrachte, daß ich mich an diesem Abend vor dem Herrn Allen Lebens einstellen sollte, verflüchtigten sich all meine Bedenken. Ruhig dankte ich dem Mann, und als er gegangen war, ließ ich Isis holen. Wir unterhielten uns über meine Aufmachung, Parfüm, Geschmeide, und als wir uns entschieden hatten, schickte ich nach einem Priester. Hinter der geschlossenen Tür meiner Zelle entzündete er Weihrauch, und während ich mich vor der Statuette Wepwawets, die ich mir aus dem Haremslager beschafft hatte, zu Boden warf, intonierte er Lob- und Dankgebete an meinen Schutzgott. Ich hatte das überwältigende

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