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Die Herrin Thu

Die Herrin Thu

Titel: Die Herrin Thu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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ständige leise Grollen der Stadt draußen vor der Mauer klang gedämpfter. Während die kundigen Hände meines Dieners meine verspannten Muskeln kneteten, löste sich alles in mir, und ich gähnte. „Laß die Füße aus, Setau“, sagte ich. „Wenigstens sind sie sauber. Wenn du nicht weiter auf mich einhämmern magst, hol mir Bier in mein Zimmer und laß bitte Takhuru eine Botschaft überbringen. Sag ihr, daß ich sie gegen Sonnenuntergang aufsuche.“
    Als ich wieder in meinem Zimmer war, ließ ich die Binsenmatten herunter, daß sie meine Fenster bedeckten, trank das Bier, das Setau mir sofort gebracht hatte, und ließ mich mit einem Seufzer äußersten Wohlbehagens auf mein Lager fallen. Von seinem Platz auf meinem Nachttisch blickte mich Wepwawet gelassen an, seine elegante Nase schien zu wittern, und er stellte die spitzen Ohren auf, um meine Worte aufzunehmen, als ich ihn schlaftrunken begrüßte. „Dein Tempel ist zwar klein, aber hübsch“, erzählte ich ihm. „Aber deine Anbeter in Aswat sind wirklich seltsam, Wepwawet. Ich hoffe inständig, daß ich ihnen nicht noch einmal begegne.“
    Ich schlief tief und traumlos und erwachte, als ich Setau hörte, wie er die Matten hochzog und zu meinen Füßen ein Tablett abstellte. „Ich wollte dich nicht wecken, Kamen“, sagte er, als ich mich reckte und streckte und mich aufsetzte, „aber Re sinkt, und wir haben bereits zur Nacht gegessen. Dein Vater hat den Seher aufgesucht und ist zurück. Er hat mich angewiesen, daß wir dich nicht stören sollen, aber zweifellos geht die Herrin Takhuru schon jetzt ungeduldig im Garten auf und ab und wartet auf dich, und du wirst dir doch wohl nicht ihre Ungnade zuziehen wollen.“ Ich lächelte träge und griff nach dem Tablett.
    „Das geschieht nur allzu leicht“, erwiderte ich. „Danke, Setau. Hol mir einen frischen Schurz, ja, und bemühe dich nicht, nach meinen besten Sandalen zu suchen. Falls du die anderen geflickt hast, tun sie es. Ich will zu Fuß zum Haus der Herrin Takhuru gehen. Ich muß mir Bewegung verschaffen.“ Auf dem Tablett standen Milch und Bier, ein kleiner Laib Gerstenbrot, das mit Nelken gewürzt war, dampfende Linsensuppe und ein dunkelgrüner Salat, auf dessen knackigen Blättern gelber Ziegenkäse, ein Stück gebratene Ente und rohe Erbsen lagen. „Oh, ihr Götter“, hauchte ich. „Es tut gut, wieder daheim zu sein.“
    Während ich das Essen so schnell hinunterschlang, daß es mir einen kräftigen Rüffel meiner alten Kinderfrau eingetragen hätte, ging Setau im Zimmer hin und her und öffnete meine Truhen. Ich sah, wie er innehielt, als er den Kasten erblickte, dann blickte er mich fragend an. „Das Ding zerdrückt deine gestärkte Wäsche“, sagte er. „Soll ich es woanders hinstellen?“ Er war zu gut erzogen, als daß er mich gefragt hätte, was der Kasten enthielt, und ich widerstand dem Drang, ihn mit einer Erklärung noch neugieriger zu machen.
    „Dann stell ihn auf den Boden der Truhe“, sagte ich beiläufig. „Es ist nichts, um das ich mich sofort kümmern müßte.“ Er nickte und gehorchte, dann machte er weiter und legte mir meinen goldgesäumten Schurz, den Gürtel mit den Quasten, mein schlichtes Goldarmband und ein Paar Ohrringe mit Jaspisperlen heraus. Als ich fertig war, schminkte er mir die Augen mit schwarzem Khol und half mir beim Anziehen. Ich überließ es ihm, alles fortzuräumen, und stieg rasch die Treppe hinunter. Unten stand mein Vater im Gespräch mit Kaha, und als ich mich näherte, musterte er mich kritisch. „Sehr schön“, bemerkte er fröhlich. „Du willst also mit Takhuru tändeln, nicht wahr? Zügele dich, Kamen. Vor einem Jahr wird nicht geheiratet.“ Ich schluckte den vertrauten Köder nicht, sondern wünschte den beiden einen guten Abend, durchquerte die Empfangshalle, trat in den dunkelgoldenen Schein der untergehenden Sonne und dachte beim Dahinschreiten, ich darf nicht vergessen, Pa-Bast etwas über den Kasten aufzubinden.
    Vor dem Haupttor wandte ich mich nach links, schlug den Weg ein, der neben dem Wasser verlief, und genoß die kühlere Abendluft. Auf den Bootstreppen, an denen ich vorbeikam, drängten sich die Bewohner der benachbarten Anwesen und ihre Diener, alles bereitete sich darauf vor, einen vergnüglichen Abend auf dem Fluß zu verbringen, und viele von ihnen grüßten mich, als ich vorbeikam. Dann ging ich ein Weilchen an einer dichten Reihe von Bäumen zu meiner Linken vorbei, bis ich endlich die Wachtposten erreichte, die

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