Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herrin von Avalon

Die Herrin von Avalon

Titel: Die Herrin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
Vom Netzwerk:
dichter Nebel. Aber die ersten Sonnenstrahlen erhellten den Himmel. Alles war still. Eine Wache musterte ihn mit hochgezogenen Augenbrauen. Er deutete auf den Latrinengraben. Das nasse Gras ließ die Fußsohlen kalt werden, als er langsam über den Platz ging.
    Auf dem Rückweg zerriß ein rauhes Krächzen die Stille. Im nächsten Augenblick verdunkelte sich der Nebel von zahllosen schwarzen Schwingen.
    Raben ...
    Noch nie hatte Gawen so viele Raben gesehen. Sie kamen aus dem Süden und kreisten über dem Lager. Dreimal flogen sie über die Zelte hinweg, doch Gawen konnte ihre rauhen Schreie noch hören, als sie schon lange im Westen verschwunden waren.
    Die Wache hob erschrocken die Hände und machte ein Zeichen zur Abwehr von Unheil. Gawen zitterte wieder am ganzen Leib. Er wußte jetzt, wen die Priester und Priesterinnen von Avalon im Ring der Steine beschworen hatten. Die Rabengöttin war ihrem Ruf gefolgt, und er brauchte kein besonderes Wissen, um dieses Zeichen zu deuten.
    Noch an diesem Tag würde es zum Kampf gegen die aufständischen Stämme kommen.

    Gawen zuckte beim lauten Knacken eines Asts in seinem Rücken zusammen und drehte sich mit klopfendem Herzen um. Arius sah ihn mit hochrotem Kopf an und machte eine entschuldigende Geste. Gawen nickte stumm und zeigte ihm noch einmal, wie man sich geräuschlos durch das Gebüsch bewegt. Bis zu diesem Zeitpunkt war ihm nie bewußt gewesen, was er bei der Fee alles gelernt hatte. Seine Vernunft sagte ihm, daß jemand wie Arius, der in der Stadt aufgewachsen war, wenig mit seinen Anweisungen anfangen konnte. Und falls die Briganten vorrückten, würden die beiden römischen Kundschafter sie schon von weitem hören. Trotzdem erschrak Gawen bei jedem Geräusch, das Arius machte.
    Bis jetzt hatten sie die Hufabdrücke vieler Pferde bis zu einem verbrannten Gehöft zurückverfolgt. Es mußten reiche Leute dort gewohnt haben, denn in den verkohlten Überresten fanden sie rote Tonscherben von samischem Geschirr und sogar Schmuck. Die Leichen der Bewohner lagen unter freiem Himmel. Dem Bauern hatten die Angreifer den Kopf abgeschlagen. Ihm war es unter den Römern offenbar gutgegangen, und deshalb hatten sie ihn als Feind angesehen.
    Arius wurde bleich. Der Anblick, der sich seinen Augen bot, erschreckte ihn ebenso wie die knappen Erklärungen, die Gawen ihm gab. Immerhin waren die Angreifer weitergezogen. Auch sie konnten nicht bleiben, sondern mußten ihnen folgen.
    Der erste Überfall der Briganten war in der Nähe von Luguvallium erfolgt. Jetzt zogen die Aufständischen offenbar am Limes entlang in Richtung Eburacum. Falls sie sich nach Süden wenden sollten, würden die Kundschafter, die das Gebiet in der anderen Richtung durchkämmten, das Lager alarmieren.
    Bufo hatten ihnen klare Anweisungen gegeben. Wenn Gawen und Arius den Feind nicht im Laufe der Vormittags sichteten, konnten sie davon ausgehen, daß die Rebellen in Richtung Osten nach Eburacum vorrückten.
    Nun mußten sie einen hochgelegenen Punkt finden, um sie schon von weitem sehen zu können. Sie sollten die Römer warnen, die dann rechtzeitig die Stellungen beziehen würden, um die Stadt zu verteidigen. Gawen sah sich mit geübten Blicken um und ging vor Arius den Hang hinauf.
    Als sie die verkrüppelten Kiefern auf der Anhöhe erreichten, wischten sie sich den Schweiß von der Stirn, denn es war warm geworden. Sie gingen unverzüglich daran, Holz für das Signalfeuer zu sammeln. Hinter ihnen bildete ein grasbewachsenes Tal eine Art natürliche Straße, die in Richtung der fruchtbaren Gebiete an der Küste führte. Ganz gleich, ob die Rebellen weiter vorstoßen wollten oder sich bereits auf dem Rückzug befanden, sie mußten hier vorbeikommen. Auf der anderen Seite der Anhöhe fiel das Land in langen Hochtälern, die im Dunst verschwammen, nach Norden ab. Gawen dachte bei diesem Anblick unwillkürlich daran, daß die Nebel, die Avalon umgaben, manchmal die Außenwelt völlig verbargen, als sei die Insel herausgehoben aus dem Reich der Menschen.
    Auch hier im Grenzgebiet hatte er hin und wieder dasselbe Gefühl. Er lebte nun schon ein halbes Jahr in der Welt seines Vaters. Aber in diesem Land, das weder ganz zu Albion noch ganz zu Rom gehörte, wurde ihm deutlich bewußt, daß seine Bindungen nach beiden Richtungen bestanden. Er fragte sich, ob es ein Land gab, in das er wirklich gehörte.
    »Ich bin gespannt, ob der neue Kaiser etwas unternimmt, um die Rebellion niederzuschlagen«, hörte er Arius

Weitere Kostenlose Bücher