Die Herrin von Rosecliffe
wir Gilling verließen. Und habe ich nicht mein Wort gehalten, bei der Eroberung von Rosecliffe Castle kein Blutbad anzurichten? Kannst du mir irgendeine ähnlich gewaltlose Machtübernahme nennen? Verdammt bei jedem Turnier fließt wesentlich mehr Blut! Hier hat es nur ein paar harmlose Platzwunden gegeben, mehr nicht.«
Der alte Spielmann ließ sich von dieser Verteidigungsrede nicht beeindrucken. »Du hast alle anderen Engländer in die Verbannung geschickt. Warum hast du sie behalten?«
»Was geht das dich an?«, rief Rhys wütend und schaute ungeduldig an dem kleinen Mann vorbei ins obere Stockwerk.
Vielleicht arbeitete Isolde in seinem Zimmer noch an dem Wandgemälde ...
»Du spielst mit dem Feuer, Rhys«, wiederholte Tillo. »Aber es könnte sich herausstellen, dass dabei du selbst die schlimmsten Verbrennungen erleidest.«
Rhys machte eine gebieterische Geste. »Hör endlich auf zu unken. An meinen Plänen hat sich nichts geändert: Ich will nach wie vor die Fitz Hughs zum Kampf um die Burg zwingen und sie besiegen!«
Aber der Spielmann ließ sich nicht zum Schweigen bringen. »In deinen ursprünglichen Plänen war nie davon die Rede, dass du auch gegen Frauen kämpfen würdest.«
»Verdammt ich habe nicht die Absicht, gegen sie zu kämpfen!.« Grinsend fügte er hinzu: »Verführung ist viel einfacher - und viel befriedigender!«
Um weitere Diskussionen zu vermeiden, schob er Tillo zur Seite und rannte die Treppe zur zweiten Etage hinauf. Die Beschuldigungen seines alten Freundes waren einfach lächerlich! Er riss die Tür zu seinem Zimmer auf und sah auf den ersten Blick, dass Isolde nicht da war. Aber sie musste sich lange Zeit hier aufgehalten und fleißig gearbeitet haben, denn ein riesiger Drache und unter ihm der besiegte - ebenfalls übergroße - Wolf schmückten jetzt die bisher kahle Wand, vorerst noch als- Zeichnung mit Kohlestiften,
aber schon sehr eindrucksvoll. Allem Anschein nach hatte sie endlich eingesehen, wie sinnlos ihr Widerstand war. Galt das vielleicht auch in anderer Hinsicht? Rhys warf seine Lederhandschuhe auf das Bett und zog seinen Harnisch aus, bevor er die schmale Treppe zum Turmzimmer erklomm.
Tillos Warnung ging ihm flüchtig im Kopf herum. Gewiss, es war gefährlich, mit dem Feuer zu spielen aber wie sollte er gegen dieses Flammenmeer der Leidenschaft ankämpfen, das ihn verzehrte?
Vor der Tür zum Turmzimmer blieb Rhys stehen, fuhr sich nervös mit den Fingern durch die Haare und atmete mehrmals tief durch. Der Waffenrock verdeckte glücklicherweise seine Erektion, denn es wäre verhängnisvoll, wenn sie sehen könnte, wie rasend er sie begehrte. Das Weibsbild würde sich einbilden, er sei Wachs in ihren Händen
Als er eintrat stand Isolde an der Brüstung und blickte aufs Meer hinaus. Ihre langen Haare waren im Nacken zu einem Knoten zusammengefasst und mit einem silbrigen Netz bedeckt. Sie trug ein schlichtes grünes Kleid aus weicher Wolle und hatte zum Schutz vor dem kalten Seewind ein großes Umschlagtuch um die Schultern geschlungen.
Rhys räusperte sich laut. »Ich möchte mich bedanken, Isolde.«
Sie versteifte sich ein wenig, tat aber weiter so, als gäbe es auf dem Meer etwas Interessantes zu sehen. »Meine Zeichnung gefällt dir also?«
»Sie übertrifft all meine Erwartungen. Dein künstlerisches Talent ist unglaublich.«
Ihre Lider flatterten, ihre Finger umklammerten die rauen Zinnen so fest dass die Knöchel weiß hervortraten. Rhys konnte nur mit Mühe ein zufriedenes Lächeln unterdrücken. Sie war stolz auf ihre Begabung, aber es musste sie wahnsinnig ärgern, dass ausgerechnet ihr ärgster Feind sie lobte - für ein Werk, das sie nur unter Zwang anfertigte.
Er lehnte sich an die Brüstung und verschränkte die Arme. »Ich habe die britischen Inseln kreuz und quer bereist und weilte in vielen prächtigen Hallen, die mit Fresken, Schnitzwerk und Wandteppichen geschmückt waren. Doch für mich steht fest, dass Rosecliffe schöner als jede andere Burg sein könnte, wenn du freie Hand bei der Innengestaltung hättest.«
Isolde schluckte mit fest zusammengepressten Lippen. »Es ist doch nur eine Skizze«, murmelte sie dann verlegen.
»Genau das beweist dein seltenes Talent«, schmeichelte er ihr weiter, »denn es ist extrem schwierig, einer bloßen Skizze so viel Ausdruckskraft zu verleihen. Ich kann es kaum erwarten, das fertige Wandgemälde zu sehen. Es wird ein Meisterwerk sein, da bin ich mir ganz sicher.«
Er betrachtete ihr Profil, die
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