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Die Herrin von Sainte Claire

Die Herrin von Sainte Claire

Titel: Die Herrin von Sainte Claire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Carmichael
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das Schwert und trat einen Schritt zurück, wie es die Ehre verlangte. Doch war er nicht schnell genug, dem Hieb auszuweichen, mit dem Phillip ihm die Füße unter die Beine wegschlagen wollte. Doch hatte er sein Schwert schlecht geführt und versetzte Rorik durch seine Kettenrüstung nur eine leichte Wunde am Schenkel. Im gleichen Atemzug sah sich Phillip flach auf den Boden gedrückt und blickte nun auf Roriks mörderischen, langen Stahl.
    »Dafür sollte ich Euch töten«, sagte Rorik mit tödlich-ruhiger Stimme. »Doch verabscheue ich es, mein braves Schwert mit Eurem schändlichen Blut zu besudeln. Ich überlasse Euch die Wahl, Ihr Feigling. Entweder Tod – oder ein Leben in Unehre. Was wählt Ihr?«
    Phillips Augen traten aus den Höhlen, als Rorik die Klinge gegen seine Kehle drückte. »Leben!« keuchte er. »Ich wähle das Leben. Nehmt die Klinge weg.«
    Roriks Lippen kräuselten sich verächtlich. Er hob das Schwert vom Hals seines Gegners. Da traf ihn ein weißglühender Blitz in den Rücken. Ihm schwanden die Sinne. Seine Kehle füllte sich mit Blut. Er sah noch Phillips Grinsen, dann überkam ihn die Dunkelheit, und er sank zu Boden.

22
    Alaine schrie auf, als der Bolzen durch Roriks Rüstung in seinen Rücken traf. Ehe er auf den Boden aufschlug, hatte sie sich von Sihtrics Griff losgerissen und war in die Arena gestürzt.
    Ritter und Knappen die zu ihrem am Boden liegenden Herrn geeilt waren, machten ihr mit betretenen, mitleidigen Blicken Platz. Sie kniete sich auf die aufgestampfte Erde, ohne ihre Umgebung zu beachten. Dunkel merkte sie, daß Phillip verschwunden war. Irgendwo in ihren Gedanken hegte sie die undeutliche Hoffnung, er wäre tot. Doch das alles war jetzt nicht von Belang. Jetzt zählte einzig und allein das aschgraue Antlitz ihres Mannes und die blutgetränkte Pfeilspitze, die abscheuerregend aus seinem Schlüsselbein hervorstak. Leise Zuversicht leuchtete in ihren Augen auf, als sie seine Brust in flachen, unregelmäßigen Atemzügen auf- und niedersinken sah. Behutsam legte sie die Hand auf seine Wange. Angestrengt öffnete er die Augen, schloß sie dann wieder, um sie erneut zu öffnen.
    »Rorik! Oh, Rorik! Zum Teufel mit Euch!« knirschte sie leise, so daß nur er sie hören konnte. »Geht nicht von mir, Ihr schrecklicher Kerl! Ihr werdet es noch bereuen, wenn Ihr es wagt! Das schwöre ich bei allen Heiligen!«
    Er schloß die Augen, doch ein Mundwinkel verzog sich zu einem schwachen Lächeln. Seine Lippen formten noch ihren Namen. Dann fiel er in tiefe Bewußtlosigkeit.
    »Sihtric …!« stieß Alaine hervor und packte seine Pranke, die auf ihrer Schulter ruhte. »Er ist …«
    Sihtric stellte sie auf ihre Füße. »Nein, ist er nicht, Mädchen.« Der Brustton der Überzeugung, mit der der Nordmann dies äußerte, ließ keinerlei Zweifel zu. »Ihm ist nur das Tageslicht ausgepustet worden. Man könnte sagen, er ruht ein wenig. Wir werden diesen kleinen Bolzen im Handumdrehen rausgezogen haben. Ehe Ihr es Euch verseht, wird er uns allen wieder Ärger bereiten. Nun, macht diesmal, was ich Euch sage und geht zurück ins Zelt. Wir können ihn dort verarzten.«
    Alaine schluckte ihre Tränen hinunter und folgte Sihtric, der, ungeachtet seiner jüngsten Wunde, Rorik über seine Schultern legte und ihn vom Gelände forttrug, als wäre er ein Federgewicht.
    »Schickt jemanden nach der Zange des Schmieds«, befahl Sihtric. »Und seht zu, daß heißes Wasser auf dem Feuer dort gemacht wird. Jemand muß es kräftig schüren. Wir werden das Wasser sehr bald brauchen.« Er sah plötzlich hoch. »Ihr werdet mir doch nicht ohnmächtig? Ich dachte, Ihr würdet Lady Joanna auf Ste. Claire beim Heilen und Pflegen zur Hand gehen.«
    Alaine unterdrückte die Übelkeit, die ihr beim Anblick ihres leichenblassen Mannes mit dem blutgetränkten Pfeil in der Brust aufstieg. Doch niemand konnte sie von Roriks Seite wegbringen, als Sihtric sich mit der schweren Zange daranmachte, den Bolzen aus dem Muskelfleisch und dem Knochen herauszuziehen. Sie biß die Zähne zusammen und durchlitt Höllenqualen. Sie hielt eine leblose Hand ihres Mannes in beiden Händen. Der Kranke erlebte ein plötzliches Erwachen, als Sihtric den blutigen Bolzen aus seinem Körper riß. Sein Schmerzensschrei brachte das Zelt beinahe zum Einstürzen. Alaines Hände waren noch Tage danach von seinem verzweifelten Griff blau angelaufen.
    Mit einem Grinsen hielt Sihtric den blutigen Bolzen vor Roriks aufgesperrte, trüb schimmernde

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