Die Herrin von Sainte Claire
beiseite schob und hinaustrat. Seine Unverschämtheit entlockte ihr ein Lächeln. Dann sah sie ernst zu Rorik hin, der angestrengt ihren Blicken auswich.
»Was hat das mit dem Zweikampf auf sich, von dem mir berichtet wurde, Rorik?«
»Es handelt sich um eine Kleinigkeit.« Wieder beschäftigte er sich hartnäckig mit der Arbeit in seinen Händen. »Fulk ist tot – wahrscheinlich im Orne ertrunken, zusammen mit den anderen Verrätern von Val-es-Dunes. Phillip ist sein Sohn.«
»Ich weiß, wer Phillip ist«, fuhr sie ihn ungeduldig an. »Er folgt seinem Vater wie ein Schatten, seitdem Fulk auf Brix ist.«
»Es geht um die Ehre«, erklärte er ihr wie einem begriffsstutzigen Kind. »Phillip hat mich überfallen, nachdem er in aller Form die Waffen gestreckt hat. Und er hat mit seiner verruchten Tat Sihtric verwundet. Er verdient eine ordentliche Tracht Prügel. Könnt Ihr das verstehen?«
»Und wenn er Euch schlägt?« fragte sie spitz.
Rorik seufzte und schenkte sich ein Bier von dem Faß am anderen Ende des Zelts ein. »Ich verstehe nicht recht, weshalb es Euch so beschäftigt. Diese Angelegenheit hat nichts mit Ste. Claire zu tun.«
Alaine begann in ihrer Wut und Erregung hin- und herzugehen. »Sie hat aber etwas mit meinem Mann zu tun«, beharrte sie. »Habt Ihr deshalb nach mir schicken lassen, um Euch sterben zu sehen wegen einer dummen Geste der Ehre?«
Er schlürfte sein Bier und lachte leise vor sich hin. Sogar im Zorn war sie eine Augenweide und erhellte sein Gemüt, das, seitdem er sich nicht mehr an Fulk rächen konnte, in Trübsinn verfallen war. Er war seltsam berührt von ihrer Sorge um ihn, die hinter all dem aufgeregten Gepolter lag.
»Ihr braucht Euch keine Gedanken wegen dieses Zweikampfes machen, Alaine«, sagte er endlich. »Ich bezweifle, ob Phillip ein ebenbürtiger Gegner für mich sein wird.«
»Seid Euch da nicht zu sicher«, warnte sie. »Phillip ist ein Betrüger. Sein Mangel an Ehre kommt dem seines Vaters gleich und ist allgemein bekannt. Wenn er Euch herausgefordert hat, dann gibt es einen Grand, weshalb er glaubt, daß er den Sieg davontragen wird. Bitte, Rorik. Seid vernünftig. Nehmt, was euch jetzt schon gehört und schickt Phillip auf die Straße, oder werft ihn in den Kerker. Eine böse Vorahnung beschleicht mich bei dem Gedanken an diesen Wettkampf.«
Einen Augenblick lang war Rorik still. Wieder war er über den besorgten Ton von ihr überrascht. Fast wagte er zu glauben, sie ängstige sich tatsächlich um ihn.
Alaine sah, wie sein Entschluß sich verhärtete und zog ihre letzte Waffe. »Hört mich an, Rorik. Was ist, wenn Ihr morgen fallt? Was wird aus Eurem Erben? Wie lange, meint Ihr, bliebe Euer Erbe am Leben, trüge Phillip den Sieg davon? Und auch wenn ich von hier entkäme, wie sollte ich Ste. Claire vor den machtgierigen Männern bewahren, die es für sich beanspruchen würden? Wäret Ihr einverstanden, daß das Leben Eures Sohnes von der Gnade dieser Männer abhinge?«
Rorik starrte sie überrascht an. Dann erstrahlte sein Gesicht mit einem verzückten Lächeln. »Alaine! Erwartet Ihr ein Kind?«
Sie warf ihm einen herausfordernden Blick zu. »Euer Sohn müßte zur Erntezeit auf die Welt kommen«, erklärte sie stolz. »Und gleichgültig, wie Ihr über mich denkt, Rorik, das Kind wird einen Vater brauchen.«
Einen Augenblick meinte sie, seine harte Schale würde aufbrechen. Er legte beide Hände auf ihre Schulter und lächelte bestimmt. »Das Kind wird einen Vater haben. Seid guten Mutes.«
Stolz lag in seinen Augen und eine nie gekannte Herzlichkeit. Mit so einer starken Gemütsbewegung bei ihm hatte sie nicht gerechnet. »Seid Ihr wohlauf?« fragte er beinahe ängstlich.
»Natürlich bin ich wohlauf. Ich bin gesund wie eine …«
Die Wärme wandelte sich in etwas anderes, aber ebenso Unerwartetes. Abrupt trat er an den Eingang, öffnete das Zelt und sprach ein paar Worte zu der Wache.
»Ist das da draußen Euer Gepäck?« erkundigte er sich.
»Ja.«
»Ich lasse es hereintragen.« Er lächelte. Noch immer lag Herzlichkeit in seinen Augen und gaben ihnen einen warmen, sommerlich-grünen Schimmer. Es bestand kein Zweifel darüber, was er wollte.
»Es ist schon lange her.« Seine Stimme zitterte vor Begierde.
»Es waren doch nur drei Tage«, antwortete sie mit einem kleinen Lächeln.
»Ihr wißt, was ich meine.«
Sie wußte nur allzugut, was er meinte. Seine Hand schlüpfte unter ihr Gewand und legte sich um eine ihrer prickelnden Brüste,
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