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Die Herrin von Sainte Claire

Die Herrin von Sainte Claire

Titel: Die Herrin von Sainte Claire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Carmichael
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Mund im Zaum, Weib!« brüllte der Drache. »Ich bin schon wütend genug …!«
    »Ihr seid wütend?« platzte Alaine heraus. »Und was ist mit mir? Habe ich kein Recht wütend zu sein? Oder zähle ich etwa nicht? Großer Gott! Sind denn alle Männer solche Einfaltspinsel?«
    Rorik hob die Hand. Verwirrung und Wut vermengten sich, er hatte große Lust loszuschlagen. Keinem Mann war so ein Verhalten von seiner Ehefrau zuzumuten; geschweige denn ihm gegenüber, mehr als allen anderen Männern, war dieses rebellische Aufbegehren untragbar. Sie übersah seinen dräuenden Blick und starrte zurück in sein bleiches Gesicht mit den brennenden Augen. Irgend etwas in seinem Inneren hinderte ihn daran, den Schlag auf ihre kleine, trotzige Gestalt auszuführen. Seine Züge erstarrten zu einer bronzenen Maske, und er senkte den Arm.
    Mit einem Fluch wandte er sich um und verließ das Gemach. Kaum hatte er die Tür geschlossen, zerbarst der Keramikkrug, den Alaine hinter ihm herschleuderte, in tausend Stücke an der schweren Eichentür. Es bereitete ihr aber nur wenig Befriedigung, zu sehen, wie die Scherben auf den Steinboden klirrten.
     
    »Ich bin gestraft mit einem unfolgsamen und störrischen Weib«, jammerte Rorik in seinen Krug hinein.
    Das Feuer in der muldenartigen Feuerstelle ging langsam aus. Die Hochzeitsgäste schnarchten auf ihren Strohlagern. Einzig Sihtric und Rorik wachten die Nachtstunden durch. Doch Sihtric hatte das Lamentieren seines Herrn satt.
    »Warum dem Weib nicht einfach eine Tracht Prügel verpassen?« schlug er vor. »Jede frischgebackene Ehefrau verdient erst einmal Schläge, nur um gleich klar zu machen, wer das Zepter in der Hand hat.«
    »Sie ist so klein«, wandte Rorik nicht ganz logisch ein. »Vielleicht tue ich ihr weh.«
    »Erteil ihr eine Lehre«, schlug Sihtric vor. Da Rorik seine Nase tief in den Krug gesteckt hatte, entging ihm der Schalk in den Augen seines Freundes.
    »Sie gehorcht keinem meiner Worte, und dann wirft sie mir vor, ein schlechter Ehemann zu sein!«
    »Du ein schlechter Ehemann? Wenn das Weib wüßte, wie ein wahrhafter Ehemann ihr die Flausen schon austreiben würde.«
    »Ja«, stimmte Rorik trübsinnig zu. »Ich bin zu geduldig mit ihr. Die Hexe verdient es nicht, daß ich so behutsam mit ihr umgehe.«
    »Sie sollte dir dankbar sein, daß du sie nicht windelweich prügelst. Jedenfalls hätte dein Vater – Gott segne ihn! – genau das getan. Das war ein Mann, der eine Frau zu behandeln wußte!«
    Rorik warf seinem Gefährten einen finsteren Blick zu.
    »Du warst mehr als gut zu ihr. Warum sollte sie nach einem Lächeln und einem freundlichen Wort verlangen – nur weil du ihr Mann bist? Schließlich und endlich«, fuhr Sihtric spöttisch grinsend fort, »hast du deine Pflicht getan, indem du sie geheiratet hast. Warum also solltest du sie verhätscheln, jetzt wo sie deine Frau ist? Sie sollte dir dankbar sein, daß du sie gebraucht hast, um ihre Ländereien und ihre Untertanen zu bekommen. Sonst würde sie schutzlos dastehen.«
    Rorik schnaufte aufgebracht. »Du bist also auch der Meinung, daß mein Verhalten einiges zu wünschen übrig läßt.«
    »Es läßt nur an mehr Mut zu wünschen übrig.« Der Nordmann zuckte leicht verächtlich mit den Schultern.
    Roriks Groll grub sich noch tiefer in seine Züge.
    Sihtric schüttelte lachend den Kopf. »Sieh den Tatsachen ins Auge, mein Junge. Du hast vor dem kleinen Frauenzimmer Angst. Du zappelst in ihrem Netz, und du machst einen Dummkopf aus dir, weil du versuchst, dich zu befreien. Du benimmst dich wie ein grüner Junge, der noch nie unter den Rock eines Weibes gekrochen ist.«
    Kein anderer Mann sonst hätte es wagen dürfen, dergleichen ohne fürchterliche Folgen Rorik ins Gesicht zu sagen. Zwar sah der schwarzhaarige Ritter sehr gefährlich drein, aber als einzige Antwort grummelte er nur vor sich hin. So berauscht war er nicht, daß er nicht das Körnchen Wahrheit aus Sihtrics Worten herausgehört hätte.
    »Ich schwöre, sie ist eine Zauberin«, bemerkte er mit einem angetrunkenen Seufzer. »Sie würde mich geradewegs mit ihren Reizen verhexen, wenn ich die Frauen nicht kennen würde.«
    Sihtric schnaufte geringschätzig. »Kein Mann kennt die Frauen. Am allerwenigsten du. Dir bleibt nur eines, ergib dich mit Würde – bevor du noch als vollkommener Esel dastehst.«
    Aber Rorik wollte nichts davon wissen. »Mein Vater war von meiner Mutter verhext, und sieh nur, wie weit es ihn gebracht hat. Er hat sie so oft

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