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Die Herrin von Sainte Claire

Die Herrin von Sainte Claire

Titel: Die Herrin von Sainte Claire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Carmichael
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verprügelt, daß man es gar nicht zählen kann – einmal hat er sie sogar eine Woche lang in ihr Zimmer gesperrt – wegen ihrer losen Zunge, behauptete er. Trotzdem hat sie ihn mit ihrer Zauberei verhext. Das war sein Ende.«
    »Dein Weib ist nicht deine Frau Mutter. Das habe ich dir schon mal gesagt, obwohl du mit deinem Dickschädel nicht zugehört hast. Dieses Weib ist von einem anderen Schlag.«
    »Das ist sie«, räumte Rorik ein.
    Sihtric erhob sich von der Bank und gähnte herzhaft. »Geh ins Bett, Junge. Wahrscheinlich fühlt sich deine Frau kalt und einsam und ist bereit, dir deinen Starrsinn zu verzeihen.« Er fing den Krug von Roriks Hand auf, ehe er seinen schlaffen Fingern entglitten war. »Zeig ihr, daß du der Mann bist, wie ich dich wirklich kenne. Laß sie dir deine Dummheit verzeihen.«
    Rorik blickte ihn aus trüben Augen an. »Nein. Diese scharfzüngige Hexe soll alleine schlafen.« Er sank auf die harte Bank zurück. »Ich bin es, der ihr verzeihen sollte.« Er schloß die Augen und aus seinem Mund entwich ein lautes Schnarchen.
     
    Der nächste Tag – der Tag des Turniers und das offizielle Ende der Hochzeitsfeierlichkeiten – brach mit Regen und Nebel an. Zwischen dem Gelände von Obstgarten und Turnierfeld war ein provisorischer Zaun angebracht worden. Es war matschig und kalt. Eine hastig aufgerichtete Plane schützte die Sitze vor dem Regen, aber nichts konnte die Kälte und den Nebel aufhalten. Ungeachtet dessen, versammelten sich die Gäste gutgelaunt, zu sehen, wie sich die von ihnen favorisierten Ritter gegenseitig in den Schlamm stießen. Scheinkämpfe und Geplänkel waren schon seit Jahrzehnten Teil des normannischen Lebens, und jeder weitere Kampf war stets eine willkommene Abwechslung.
    Alaine saß auf der Zuschauertribüne und versuchte krampfhaft, die freundliche Gastgeberin zu spielen. Ihr Kopf dröhnte, und ihre Augen waren trüb vor mangelndem Schlaf. Hätte sie bloß geahnt, wie kalt und einsam ein Bett sein konnte. Die ganze Nacht über hatte sie nach Roriks Schritten gelauscht. Als er nicht zu ihr zurückgekehrt war, quälte sie sich mit der Vorstellung, wie er Trost in den willigen Armen einer Dienstmagd fand. Sie weinte in die Kissen, fluchte dann wieder auf seine Rücksichtslosigkeit und verdammte ihren Zorn und ihre unbeherrschte Zunge.
    Mit einiger Genugtuung stellte sie fest, daß auch Rorik nicht ganz auf der Höhe war, als er aufs Feld hinausritt. Gemäß dem Brauch, sollte er auf dem Pferd vor ihr halten, um für einen Gunstbeweis zu bitten. Von der Nähe aus sah sie die dunklen Schatten unter seinen Augen und seine grünliche Gesichtsfarbe. Sie unterdrückte ein Grinsen bei dem Gedanken, daß vielleicht auch für ihn die Nacht nicht angenehm verlaufen war. Sein jämmerlicher Anblick munterte sie auf. Sie begrüßte ihn mit einem huldvollen Lächeln, als sie eines ihrer Seidentücher um seine Lanze band. Er lächelte gequält zurück, und nach einer hastigen Verbeugung gab er dem braunen Streitroß mit unnötiger Heftigkeit die Sporen und preschte aufs Feld zurück.
    Nur den Stärksten und Geschicktesten gelang es, bis zum Schluß auf dem Feld auszuharren. Alaine konnte ein gewisses Gefühl der Unruhe nicht unterdrücken, während sie zusah, wie Rorik sich durch das Getümmel, das Pferdegemenge und dem tödlichen Stahl durchkämpfte. Sie bewunderte seine Kraft, zumal sie wußte, daß er nichts gegessen hatte und sein Kopf vor lauter Katzenjammer dröhnte. Ein Gegner nach dem anderen wurde ein Opfer seiner Geschicklichkeit. Seinen Bewegungen aber fehlte die gewohnte Energie und die sonstige Anmut. Wie dankbar war sie Garin, daß er in seiner Nähe kämpfte.
    Alaine verfolgte beide mit den Augen. Der Kampf war nun in die Nähe der Tribüne gerückt. Sie konnte beinahe den Schweiß sehen, der den Kämpen unter den Helmen hervortroff. Garin befand sich einen kurzen Augenblick in der vordersten Reihe, da entdeckte Alaine überrascht sein Lanzenfähnchen. Einen Augenblick lang war sie betroffen. Warum, konnte sie selber nicht so genau sagen.
    Während sie den Kampf weiter verfolgte, krampfte sich ihr Herz plötzlich vor Angst und Schrecken zusammen. Auf einmal lag Rorik auf dem schlammigen Boden unter seinem braunen Schlachtroß begraben. Das riesige Tier hatte auf dem glitschigen Boden den Halt verloren. Er wand sich und kämpfte darum, sich zu befreien, aber die panikartige Reaktion der Pferde um ihn herum hinderten ihn daran. Mit dem Schwert in der Hand, versuchte

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