Die Herrin von Sainte Claire
eingeweicht, damit die Wunde nicht eitert. Und vielleicht nehmt Ihr ein paar Schlucke zu Euch, um Euren Schmerz zu lindern.«
»Nein, danke«, lehnte er ab. »Ihr scheint in diesen Dingen doch recht geschickt zu sein. Ich glaube nicht, daß Ihr mir allzugroße Schmerzen bereiten werdet.«
»Joanna hat darin mehr Übung als ich. Vielleicht zieht Ihr es vor, daß sie die Wunde zunäht.«
Er sah sie kurz unter schweren Lidern an. Schließlich zuckte ein schiefes Lächeln um seinen Mund. »Ihr habt schon genügend Übung darin, mich mit Eurer spitzen Zunge zu sticheln. Ich bezweifle, ob Eure Nadel spitzer ist. Außerdem handelt es sich um eine Lappalie.«
Das Nähen war bald beendet. Roriks erleichterter Seufzer beim letzten Stich ehe der Faden abgeschnitten wurde, war der erste Laut, den er wieder von sich gab. Der Grund seines Schweigens hatte wohl eher etwas mit seiner Beherrschtheit, denn mit ihrem Können zu tun, vermutete sie. Das sollte ihm eine Lehre sein, so gedankenlos mit ihr umzugehen, wenn sie eine scharfe Waffe in der Hand hielt!
»Meinen Dank.« Er lächelte verkniffen, als sie Nadel und Faden wegsteckte. Sein Gesicht war eine Spur blasser geworden.
»Das Bein wird nicht so schmerzen.«
Sie kniete sich hin, seine Wickelriemen zu lösen. Das Bein, das unter dem Pferd eingequetscht gewesen war, blutete aus einer breiten, aber oberflächlichen Schramme. Es mußte nur gesäubert und verbunden werden. Der Verband konnte bis nach dem Bad warten. Alaine beugte sich eben über ihre Arbeit, da fühlte sie die Blicke ihres Mannes auf sich ruhen. Das Schweigen lastete immer schwerer zwischen ihnen. Sie suchte nach Worten, die Spannung zu lockern.
»Ich muß Euch danken, daß Ihr Garin zum Ritter vorgeschlagen habt.« Sie heftete ihren Blick auf die blutige Schramme und säuberte den restlichen Schmutz von seiner muskulösen Wade.
»Er hat mehr als alle meine Gunst verdient.«
»Wie dem auch sei«, beharrte Alaine, »es war sehr gütig von Euch, und ich bin Euch dankbar.«
Sie erhob ihr Gesicht und erblickte sein hämisches Lächeln. »Güte und Gerechtigkeit sind zweierlei, Mylady. Was immer ich tue, verwechselt es niemals mit Güte. Ich bin kein gütiger Mann.«
Sein unverwandter Blick brachte sie leicht zum Erröten. Er hänselte sie, das spürte sie, aber etwas in seinen Augen sagte ihr, daß er sich auch über sich selbst lustig machte.
Wieder beugte sie sich über ihre Arbeit, entfernte alles Blut und allen Schmutz aus der Schramme und half ihm aus seinem schweren Kettenhemd. Mit unverhohlener Bewunderung beobachtete sie ihn, wie er in den Zuber voll heißen Wassers stieg. Keinerlei Schamgefühl hinderte sie mehr daran, seinen kräftigen männlichen Körper zu bewundern. Nach nur ein paar Tagen der Ehe war es für sie zur Selbstverständlichkeit geworden.
Mit einem kleinen Seufzer ging sie zum Zuber hin, packte den Schwamm und nahm ihre Pflichten als Ehefrau wieder auf. Gerade als sie seinen Rücken kräftig schrubbte, begann er sich Schaum in die Haare zu reiben.
»Laßt mich das machen«, warf sie ein. »Ihr macht womöglich meine sorgfältige Arbeit zunichte.«
Mit zärtlicher Behutsamkeit rieb sie die Seife durch die dichte, ebenholzfarbene Mähne, ängstlich darauf bedacht, ja nicht ihre Nähte aufzureißen. Danach schöpfte sie einen Henkelkrug voll warmen Wassers und träufelte es langsam über seinen Kopf. Er zuckte zusammen, als das Wasser über seine Wunde floß. Wie es dann langsam über Gesicht und Nacken zu rinnen begann, lehnte er sich wohlig aufseufzend in den Zuber zurück.
»Ihr habt eine Art, die einem Mann die Mühsal des Tages vergessen macht.«
Sie lächelte etwas unsicher, sein Tonfall verriet ihr nicht, ob er sie lobte oder rügte.
»Ist es möglich, daß Ihr die Notwendigkeit dieser Ehe eingesehen habt, holdes Weib?« fragte er beinahe scherzhaft. »War das zärtliche Sorge, die ich in Eurem Gesicht las, als Ihr übers Turnierfeld auf mich zugelaufen kamt?«
Alaine runzelte die Stirn. Es verwirrte sie, so durchschaubar zu sein. »Ich vermute, Ihr seid wohl ein tauglicherer Ehemann, als so manch anderer, der an Eurer Stelle hätte sein können«, erwiderte sie.
Sein Lächeln war von teuflischer Bosheit. »Und ich nehme an, wenn ein Mann sich schon eine Frau nehmen muß, taugt Ihr wohl besser als die meisten anderen.«
»Was sind wir doch für ein liebendes Paar!« bemerkte sie bissig.
Sie erhob sich von den Knien, schüttelte ihre feuchten Gewänder, ehe sie die
Weitere Kostenlose Bücher