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Die Herrlichkeit des Lebens

Die Herrlichkeit des Lebens

Titel: Die Herrlichkeit des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kumpfmüller
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man sich einig.
    Die Wohnung ist praktisch um die Ecke, zwei Straßen weiter in einer kleinen Villa mit hübschem Garten, wie er an die Eltern schreibt, zwei schön eingerichteten Zimmern im ersten Stock, von denen eines, das Wohnzimmer, so sonnig ist wie sein jetziges, während das kleinere, das Schlafzimmer, nur Morgensonne hat. Auch ein drittes,mittleres Zimmer gibt es, es wird von der Vermieterin bewohnt. Aber mit dieser kleinen Unannehmlichkeit, so hofft er, wird man sich arrangieren. Sogar von Dora ist die Rede gewesen, jedenfalls hat er nicht verschwiegen, dass er mehr oder weniger mit einer Frau lebt. Nun gut, man wird ja sehen, wie sich das entwickelt, angeblich wird das Zimmer nur zum Schlafen benutzt, denn Frau Rethmann ist Ärztin und arbeitet von morgens bis abends in ihrer Praxis am Rheineck.
    Es ist die schönste Wohnung, die er je hatte.
    Dora freut sich sehr auf das elektrische Licht, dass es eine funktionierende Heizung gibt, denn in der Miquelstraße hätten sie im bevorstehenden Winter nur gefroren, Fenster und Türen schließen schlecht, das Gas brennt nicht richtig, vom dauernden Ärger mit Frau Hermann abgesehen. Sie finden, sie haben großes Glück. Dora muss bald los, sie hat sich mit Judith verabredet, aber vorher muss sie sagen, worauf sie sich am meisten freut. Ja, soll ich dir das sagen? Sie hat etwas mit ihren Haaren gemacht, deshalb sagt er etwas zu ihren Haaren, für einen Moment möchte er sie nicht gehen lassen, aber dann doch, vielleicht bringt er ja heute Abend noch etwas zustande.

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    D ER LETZTE M IQUELSTRAßEN- B ESUCHER ist Max, der einen Koffer voll Wintersachen bringt und sehr freundlich ist und fremd. Ob sie ihn mag, weiß sie nicht. Vielleicht hat sie zu viele Geschichten über ihn gehört, vielleicht ist sie eher auf Seiten Emmys.
    Die beiden sitzen am Tisch, als sie dazukommt, reden über Politik, etwas, das vor Kurzem passiert ist. In München, hört sie, hat es einen Putschversuch gegeben, der glücklicherweise niedergeschlagen worden ist. Sie reden über den Mann, der den Putsch angeführt hat, einen schlimmen Antisemiten, was es für die Juden bedeutet, dass es so einen Mann gibt. Zwei, drei Minuten steht sie in der Tür und hört zu, mit einem Anflug von Eifersucht, doch danach wird es überraschend unkompliziert, Franz ist furchtbar stolz, dass er sie endlich zeigen kann, Max gibt ihr artig die Hand und sagt: Sie also sind Dora.
    Er ist viel älter als Franz, hat sie das Gefühl, durch und durch ein Mann, was immer das heißen mag, sehr ehrenwert, verheiratet, ein bisschen langweilig, findet sie, jemand, der die Welt kennt, die Städte, die Frauen, alles gesehen und probiert hat, nicht selten mit schlechtem Gewissen, wie es scheint, mit einer Begabung zum Drama. Das hat sie von Franz, der sich einmal kritisch in die Richtung geäußert hat. Man sitzt eine Weile zusammen, redet über die Preise, das Theater, zwischendurch fällt der Name Emmy, aber offenbar haben sie das Thema Emmybereits erledigt. Später gibt es einen kleinen Imbiss, man plaudert, kommt auf Müritz, wie sie sich kennengelernt haben, die ellenlange Geschichte.
    So vergeht der Abend. Gegen elf bricht Max auf, unten auf der Straße gibt er ihr noch Ratschläge. Ich freue mich für euch, sagt er. Sie kümmern sich so nett, bitte hören Sie nicht auf damit, Franz ist mitunter schwierig, aber er ist der wundervollste Mensch, den ich kenne. Ja, sagt sie, ich weiß, während sie in Wahrheit denkt: Was weiß ich schon, und andererseits: Was weiß denn dieser Mann, was weißt du von seinen Händen, seinem Mund, gar nichts weißt du.
    Er ist der beste Freund von Franz.
    Zu der neuen Wohnung hat er nicht viel gesagt. Ob sie nicht zu teuer ist? Franz hätte sie gerne gezeigt, aber dazu hat die Zeit nicht gereicht, auch Dora besichtigt sie erst Tage später und findet sie beinahe noch schöner als von Franz beschrieben. Die Vermieterin wirkt sympathisch, sie ist um die vierzig, etwas herb in ihrem grauen Kostüm, auf eine vornehme Art zurückhaltend. Das Geld für die Heizung möchte sie trotzdem vorab. Der Betrag ist ein Schock, tatsächlich verlangt sie für die Kohle fast so viel wie für die Miete. Man merkt Franz an, dass er kurz denkt, das machen Sie nur, weil ich Ausländer bin, aber dann zeigt sie ihnen die Rechnung, findet die Summe selbst verrückt, hat ein freundliches Wort für Dora, die sie für seine Verlobte hält, niemand stellt es richtig.
    Und was jetzt? Es ist später Nachmittag, man

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