Die Herrschaft der Drachen 03 - Blasphet
seine Hände zu bekommen. Dann machte es plötzlich Klick in ihrem Kopf.
Es waren nicht die Bücher, weshalb er all das auf sich genommen hatte.
»Bei den Gebeinen«, flüsterte sie. »Du magst mich.«
Er grinste. »Natürlich mag ich dich.«
»Ich meine … du bist … interessiert an mir. Als mögliche, ähm, Partnerin.«
Er blickte etwas verlegen zur Seite und räusperte sich. »Ich habe nicht … ich meine … ich bin wirklich …« Seine Stimme versiegte. Er holte tief Luft und sah sie wieder an. »Ja. Ich finde dich, wie du es nennst, interessant. In vielerlei Hinsicht. Ich bin noch nie jemandem wie dir begegnet.«
»Seit wann …?«
Shay zuckte mit den Schultern. »Es … war nicht Liebe auf den ersten Blick. Du bist … du bist ein bisschen furchteinflößend, um ehrlich zu sein. Aber da ist … da ist etwas … etwas an der Art und Weise, wie du dich gibst. Du hältst dich immer aufrecht. Dein Kinn ist vorgestreckt. Es wirkt so … königlich. Ich verstehe allerdings, dass eine Frau, die in einem Palast aufgewachsen ist, das Interesse eines Sklaven … als unangenehm empfinden kann.«
»Nein!«, sagte Jandra. »Ich meine … ich wusste es nicht. Ich war nicht … ich bin nur … man hat mir nie beigebracht, wie ich nach den, äh, Zeichen suchen muss. Der einzige Mann, der jemals Interesse an mir gezeigt hat, war Pet, aber seine Aufmerksamkeit fand ich immer … gruselig. Ich kam mir vor wie eine Maus unter dem wachsamen Blick einer hungrigen Katze. Er hat mir vielleicht einen falschen Eindruck davon vermittelt, wie sich das Interesse eines Mannes ausdrückt. Da du mich nicht ständig begehrlich angesehen hast, hatte ich einfach nicht mit so etwas gerechnet.«
»Ich kannte … ich kenne die Zeichen auch nicht«, sagte Shay. »Die Sklaven werden meistens mit denen zusammengebracht, die unsere Herren für uns aussuchen. Mit so etwas wie Werben habe ich keine Erfahrung. Wenn ich dich ansehe, empfinde ich … es ist eine Art Hunger, aber kein gewöhnlicher Hunger. Es ist … es ist …«
»Echs hungrig«, sagte der Erddrache und zupfte an Jandras Ärmel.
»Wir sollten essen«, sagte Jandra, die froh war, das Thema wechseln zu können. Sie fühlte sich noch nicht bereit für eine solche Unterhaltung. Sie drehte Shay den Rücken zu. Dann öffnete sie den Rucksack und tastete nach dem Schiffszwieback. »Es liegt noch ein weiter Weg vor uns.«
Kapitel Zwanzig
Rasche, entschiedene Handlung
J eremiahs Hände zitterten, als er die wässrige, schwarzverfaulte Stelle von der Kartoffel trennte. Was von der weichen, klumpigen Kartoffel noch übrig war, ließ er in den großen Eisentopf fallen, über dem er kauerte. Ihm war übel. Zweifellos waren daran die vielen zum Teil vergammelten Kartoffeln schuld, neben denen er saß. Außerdem pochte sein Kopf noch immer von der »Lehrstunde«, die er zuvor erhalten hatte, und seine Arme und Beine waren voller knotiger Verhärtungen und blauer Flecke. Diese hatten ihn in den letzten Nächten am Schlafen gehindert, obwohl er so erschöpft gewesen war. Sein Bett bestand aus einem Haufen leerer Kartoffelsäcke, und er benutzte immer noch die gleiche schmutzige Decke, die Vulpinus ihm gegeben hatte. Er wischte sich die Stirn mit einem Fetzen Sackleinen. Er schwitzte, obwohl seine Hände kalt waren.
Als Jeremiah in Drachenschmiede angekommen war, war er hungrig und müde gewesen und hatte gefroren. Er war mit einem halb ausgeformten Traum hergekommen, dass er in der Stadt von einer freundlichen Frau, die seiner Mutter ähnelte, wohlwollend aufgenommen werden würde. Dass sie ihm Suppe, saubere Kleidung und ein Bett mit einer großen, weichen Matratze und sauberen Laken geben würde.
Statt einer freundlichen Frau zu begegnen, war er am Tor auf zwei aggressive Jugendliche gestoßen, die sich über seine dünnen Beine und Arme und sein tränenverschmiertes, schmutziges Gesicht lustig gemacht hatten. Später hatte er erfahren, dass sie Presser und Bohrer genannt wurden. Sie hatten ihn schließlich eingelassen und zu einem furchteinflößenden Mann namens Ragnar gebracht, der mit seinen Haaren und der ledrigen Haut wie ein wildes Tier ausgesehen hatte.
Ragnar hatte ihm die Regeln, die in Drachenschmiede herrschten, unmissverständlich klargemacht: wer essen wollte, musste arbeiten, musste – mehr noch – kämpfen.
»Kannst du das, Junge?«, hatte Ragnar gefragt.
»J-ja«, hatte er geantwortet. Er hatte noch nie zuvor gekämpft, aber er trug immer noch das Messer von
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