Die Herrschaft der Drachen 03 - Blasphet
wirklich unglücklich, sie zu sehen.
»Hmm«, sagte sie und durchsuchte Jandras Erinnerungen. »Du bist Shay. Ein entflohener Sklave. Und Möchtegernbibliothekar. Wie erbärmlich edel.«
»Was hast du mit Jandra gemacht?«, fragte Shay.
»Ich habe sie vertrieben«, sagte Jazz. »Mein Flaschengeist hat fortlaufend ein Backup meiner Erinnerungen erstellt, während ich gelebt habe. Die habe ich auf Jandras Synapsen gelegt, auf die Teile ihres Hirns, die ich auf dem Mond verändert hatte, um sie mir gegenüber empfänglicher zu machen. Der programmierte Drang, im Falle meines körperlichen Ablebens meinen Flaschengeist zu retten, muss funktioniert haben. Ich habe im Laufe der Jahrhunderte hundert Mädchen entsprechend präpariert, aber dies ist das erste Mal, dass ich einen Kampf verloren habe.«
Shay kniete sich hin und griff nach einem langen Lederbeutel neben seinem Rucksack. Er zog eine Waffe heraus, aber er brauchte eigenartig viel Zeit dazu. Es war offensichtlich, dass der Junge nicht viele Western gesehen hatte. Jazz starrte das Steinschlossgewehr an; es beunruhigte sie etwas, dass es existierte.
Sie hatte alles getan, um die Welt von Gewehren zu befreien.
»Verschwinde aus Jandras Körper«, sagte Shay mit leiser, zischender Stimme, während er die Sicherung löste. »Verschwinde, oder ich schieß dich in die Hölle.«
Jazz schüttelte den Kopf. »Du solltest wirklich noch etwas an deinen Drohungen arbeiten, mein Junge. Ich habe gerade einen Monat als körperlose Intelligenz unter der Erde verbracht, während ein flammendes Schwert riesige Löcher in meine Persönlichkeit gebrannt hat. Was von meinen Sinnen noch übrig war, war alles digital, was bedeutet, dass ich die gesamten chemischen Feinheiten der Erfahrung, unter Erde begraben zu sein, die aus meinen eigenen verbrannten Überresten bestand, gefühlt habe. Nach der Erfahrung wäre selbst die Hölle der reinste Urlaub. Abgesehen davon wissen wir wohl beide, dass du deiner Freundin niemals ins Gesicht schießen würdest.«
»Du bist nicht sie«, sagte Shay. Die Muskeln in seinem Gesicht zuckten, aber seine Hände zitterten nicht.
»Jandra ist nicht tot, sie schläft nur. Vielleicht gebe ich sie irgendwann wieder frei. Um ehrlich zu sein, sie fühlt sich etwas klein an. Ich bin sicher, dass ich genügend DNA in meiner Haarbürste habe, um ein neues Exemplar von mir zu züchten. Also leg das Gewehr … wehr … wehr … wehr …«
Jazz’ Hals verdrehte sich. Ihre Zunge verkrampfte sich, rollte sich im hinteren Teil ihrer Kehle zu einem harten Knoten zusammen. Ihre linke Hand schoss spastisch zuckend nach vorn, die Finger gespreizt, als würde sie nach einem Seil grabschen, das knapp außerhalb ihrer Reichweite war. Ihr Kiefer begannen sich wie aus eigenem Antrieb zu bewegen, während sie ausstieß: »Tööööte miiiiich.«
Tränen liefen über Shays Wangen, als er die Augen schloss und den Abzug betätigte.
Die Wucht der Bleikugeln warf Jazz um. Sie zerrissen das Baumwollhemd, das Jandra trug, konnten jedoch die Silberhülle aus Naniten nicht durchdringen, die ihre Haut umgab. Sie kam hart auf dem Boden auf. Der Aufprall brachte den Geist zum Schweigen, der vorübergehend die Kontrolle über einige ihrer Muskeln erlangt hatte.
»Verfluchter Hurensohn«, murmelte sie und setzte sich auf. Ihre Rippen fühlten sich an, als hätte jemand mit einem Hammer auf sie eingeschlagen. »Genau deshalb hasse ich Gewehre. «
Sie erhob sich auf zittrigen Beinen. Ihre Zehen fühlten sich irgendwie komisch an. Stimmte etwas nicht? Es war das erste Mal, dass Jazz ihren Geist in einen neuen Körper versetzte. Die Atlanter taten es ständig. Zweifellos gab es hier noch einiges zu lernen.
Shay war damit beschäftigt, das Gewehr neu zu laden. Auch wenn sie darauf vertraute, dass es keinen ernsthaften Schaden anrichten konnte, war sie keineswegs in der Stimmung, noch einmal auf ihrem Hintern zu landen.
»Ich hatte bis jetzt wirklich nicht vor, dich zu töten«, sagte Jazz.
Shay wich zurück, als sie sich näherte; er war noch immer damit beschäftigt, das Gewehr nachzuladen. Er versuchte gerade, den Ladestock herauszuziehen, als Jazz einen Satz auf ihn zumachte und den Gewehrlauf packte. Der war zwar noch heiß vom vorherigen Schuss, aber längst nicht so heiß wie das flammende Schwert des Engels. Es fühlte sich beinahe angenehm an. Sie riss Shay die Schrotflinte aus den Händen und packte ihn beim Kragen, um ihn dann zu sich heranzuziehen. »Das war sehr
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