Die Herrschaft der Drachen 03 - Blasphet
Sonnendrachen auf den Thron setzen, der stark genug ist, mit den Herausforderungen umzugehen. Unglücklicherweise ist bisher noch kein geeigneter Kandidat aufgetaucht. Albekizans ältester Sohn Hexilizan ist vor wenigen Wochen wieder für kurze Zeit hier aufgetaucht, aber seither wurde er nicht mehr gesehen. Er würde vielleicht die Krone annehmen, wenn wir ihn finden könnten.«
»Wieso solche Umstände?«, fragte Vulpinus. »Wir wissen beide,
dass die wahre Macht hinter dem Thron der Hohebiologe ist – auch wenn Metron in seinen alten Tagen sicherlich die Kontrolle über Albekizan verloren hat, und Androkom bei Shandrazel ein Desaster war. Ich vermute, deine Anwesenheit auf dem Thron deutet darauf hin, dass Androkom versorgt wurde?«
»Ja. Androkom ist gegenwärtig … hmmm, sollen wir sagen, in Urlaub? Ja, das klingt annehmbar diplomatisch. Während seiner Abwesenheit hat die Matriarchin mich zum Hohebiologen ernannt. Neben der Unterstützung der Walküren habe ich die Loyalität der Luftwache und der verbleibenden Erddrachen-Kontingente, die sich hier im Palast befinden.«
»Wieso willst du dann eine Marionette zum König ernennen? Ernenne dich selbst, und das war’s dann.«
Chapelion schüttelte den Kopf. »Wir Himmelsdrachen arbeiten am besten hinter den Kulissen. Mit Sonnendrachen sollte man sich nicht anlegen. Wie groß ihre intellektuellen Mängel auch sein mögen, sie sind immer noch die größten geflügelten Jäger, die die Erde je gesehen hat, und sie …« Wieder unterbrach er sich. Er schien in sich hineinzusehen, als suchte er nach dem richtigen Wort. Als er dann wieder sprach, berichtigte er jedoch nur etwas, das er bereits gesagt hatte. »Vielleicht verrät der Begriff ›intellektuelle Mängel‹ meine eigenen Vorurteile. Tatsächlich könnte es sein, dass Sonnendrachen uns nach jedem objektiven Maß überlegen sind. Ihre Gehirne sind schließlich sehr viel größer. Es ist eine allzu bequeme Vorstellung, der wir Himmelsdrachen uns hingeben, dass wir glauben, die Sonnendrachen wären uns nicht ebenbürtig. So etwas hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass wir sie unterschätzt haben.«
»Ich sollte dir wohl glauben«, sagte Vulpinus. »Du hast die Söhne vieler berühmter Sonnendrachen unterrichtet; ich bin sicher, dass sie sich auf der Universität als entsprechend fähig
erweisen. Aber ich habe mit den Sonnendrachen in der wirklichen Welt zu tun; sie rufen mich, wenn sie ihre Sklaven nicht unter Kontrolle haben. Die meisten kommen mir ziemlich ichbezogen und faul vor.«
»Viele sind ichbezogen«, stimmte Chapelion ihm zu. »Aber faul? Zumindest ein Sonnendrache widerspricht dieser Beschreibung. Wusstest du, dass einer meiner Studenten, als ich noch unterrichtet habe, Blasphet persönlich war?«
»Der Mördergott?«, fragte Vulpinus.
»Genau der. Obwohl er den Pfad des Tötens damals noch nicht eingeschlagen hatte. Ich erinnere mich noch gut an ihn. Blasphet war von einer Klugheit, die die Intelligenz jedes anderen Drachen übertroffen hat, den ich seither kennen gelernt habe, egal von welcher Rasse. Er konnte die dicksten Bände binnen weniger Stunden lesen und sich an die kleinsten Einzelheiten erinnern. Vor allem aber war er in der Lage, Verbindungen zwischen dem herzustellen, was er erfahren hatte; als Student besaß er ein Verständnis der Anatomie und Chemie, das unangefochten war. Die Welt hat einen großen Geist verloren, als er getötet wurde.«
Vulpinus schwankte auf den Hinterklauen leicht zurück. Ein Lob für den verhassten Mördergott zu hören war wie ein Schlag auf seine Schnauze. »Blasphet ist gestorben, als er ins Nest eingedrungen ist! Er hat versucht, unsere eigene Rasse zu vernichten! Wie kannst du ihn als großen Geist bezeichnen?«
»Indem ich meine Worte sorgfältig wähle«, sagte Chapelion. »Ich habe nicht behauptet, dass Blasphet ein freundliches Herz hatte. Ich bin mir in der Rückschau durchaus bewusst, dass seine intellektuellen Ziele von seinen dunkleren Trieben beherrscht wurden. Er wurde ein hervorragender Botaniker, um die verschiedenen Gifte zu erkennen, die die einzelnen Pflanzen abgaben; er hat sich in der Chemie hervorgetan, weil er
dadurch das Werkzeug erhielt, um diese Gifte zu bekommen und weiterzuentwickeln. Er hat die einzelnen Funktionen der Anatomie von Drachen und Menschen vorwiegend deshalb gelernt, weil sie ihm Einsichten in die wirkungsvollsten Foltermethoden gewährten. Besonders beeindruckend aber ist, dass er ein ehrgeiziger
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