Die Herrschaft der Drachen 03 - Blasphet
eine laute und gezielte Explosion, die Bleistücke in unvorstellbarer Geschwindigkeit herausschleudert. Balikans Kopf ist einfach verschwunden. Du bist mehr Geschichtsforscher als ich, aber ich vermute, dass es sich hierbei um etwas handelt, das seit Jahrhunderten auf dieser Welt nicht mehr existiert hat: ein Gewehr.«
»Bei den Gebeinen«, sagte Chapelion ehrfürchtig, während er nach der Waffe griff. »Das Geheimnis der Herstellung von Schießpulver ist vor Jahrhunderten verloren gegangen.«
Vulpinus hielt den Gürtel hoch, den er mitgenommen hatte. »Hier drin sind Baumwollbeutel mit schwarzem Pulver. Ich kann einige der Komponenten, die darin sind, am Geruch erkennen.
Ich vermute, dass Bazanel vom Kolleg der Türme die Rezeptur schnell herausgefunden haben wird.«
Chapelion drehte das Gewehr in seinen Klauen herum und musterte den Schießmechanismus eingehend. Er schnüffelte am Gewehrlauf. »Das Schuppenmuster auf dem Stahl ist seltsam. Könnte es ein Beweis dafür sein, dass das hier von einem Drachen hergestellt worden ist?«
Vulpinus schüttelte den Kopf. »Da es neuer Stahl ist und Shays Spur nach Drachenschmiede geführt hat, kann ich nur zu dem Schluss kommen, dass dies hier von den Rebellen in der Gießerei hergestellt wurde.«
»Das ist schrecklich«, sagte Chapelion. »Es wurde berichtet, dass sie einen neuen Bogen besitzen. Ich hatte nicht erwartet, dass sie etwas wie das hier herstellen könnten.«
»Und sie haben auch nicht erwartet, dass wir so schnell eines davon in unsere Klauen kriegen«, sagte Vulpinus. »Wenn Bazanel die chemische Zusammensetzung des Pulvers nachvollziehen kann, bin ich sicher, dass die Maschinenbauer der Walküren die Mechanik nachbauen können, möglicherweise sogar noch verbessern. Damit können wir ihnen den Vorteil, den sie im Augenblick zu besitzen scheinen, in kürzester Zeit rauben. Wenn zu dem Zeitpunkt, da wir uns ebenfalls bewaffnet haben, überhaupt noch jemand in Drachenschmiede übrig ist, der getötet werden könnte, haben wir vermutlich den Vorteil auf unserer Seite.«
Chapelion blickte von dem Gewehr auf. »Was meinst du mit ›wenn noch jemand übrig ist, der getötet werden könnte‹?«
»Als General der Sklavenjäger werde ich über den Zustand der Sklaven im ganzen Königreich unterrichtet. Immer neue Krankheiten brechen aus: Malaria, Lepra, Gelbmund oder Cholera. Ich habe die Bevollmächtigung, den Handel von Sklaven aus befallenen Wohnorten zu unterbinden und die Menschen
unter Quarantäne zu stellen, bis diese Ausbrüche vorüber sind. Ich schlage vor, dass wir eine dieser Seuchen als Waffe ausbauen. Wir brauchen etwas mit einer hohen Sterblichkeitsrate, etwas, das sich leicht verbreitet und nicht sofort Symptome hervorruft. Unser Träger wird schließlich erst einmal gesund genug sein müssen, um nach Drachenschmiede hereingelassen zu werden. In Rorgs Gegend gibt es gerade einen Ausbruch von Gelbmund. Gelbmund hat zwar nicht die Sterblichkeitsrate, die mir gefallen würde … Immerhin überleben mehr als die Hälfte der Opfer. Aber diese Seuche ist jetzt aktiv, und sie verbreitet sich leicht. Ein einzelner Mensch, der sich damit angesteckt hat und sich innerhalb der Mauern von Drachenschmiede befindet, wird die ganze Stadt infizieren.«
»Du hast offenbar eingehend darüber nachgedacht«, sagte Chapelion.
»Das gehört zu meiner Arbeit«, sagte Vulpinus. »Ich habe Jahre damit verbracht, mir Verteidigungsstrategien gegen Massenaufstände auszudenken wie den, mit dem wir es jetzt gerade zu tun haben.«
»Was für eine Vorstellungskraft! Eine Seuche zu einer Kriegswaffe zu machen«, sagte Chapelion kopfschüttelnd. »Nicht einmal Blasphet hat sich jemals so etwas ausgedacht.«
»Hast du Einwände?«
»Nein. Ich werde sofort einen Boten zu den Walküren schicken. Sagen kann als Anführer einer Schwadron dienen, die du aus der Luftwache zusammenstellst. Dir steht auch die gesamte Schatzkammer zur Verfügung. Dein Plan ist gut. Setze ihn um.«
Vulpinus senkte respektvoll den Kopf. »Ich fühle mich durch dein Vertrauen geehrt.«
»Ich erkenne einen großen Geist, wenn ich einen vor mir habe«, sagte Chapelion.
Kapitel Acht
Dämonenumgang
J andra kniete auf dem Kopfsteinpflaster und packte das Silberarmband mit der Faust, schlug dann den Metallring gegen den Stein. Anza wölbte eine Braue, als ein Schauer von Funken von dem Metall aufwirbelte. Sie drehte den Kopf herum, als versuchte sie, ein Geräusch zu lokalisieren.
Shay hörte nichts,
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