Die Herrschaft der Drachen 03 - Blasphet
der Krieg dir auch einiges abgefordert«, sagte Dorny.
»Das ist nur ein Bein«, sagte Burke. »Nicht einmal mein bevorzugtes. «
Vance stützte ihn, als er stand, und fragte: »Was ist mit dem Mädchen passiert? Derjenigen, die behauptet hat, wir würden alle geheilt werden? Hat Ragnar sie getötet?«
Burke nickte. Dann besann er sich und sagte: »Ja.«
Vance schüttelte langsam den Kopf. »Als ich von Ragnar erfahren habe, bin ich mit Vinton von Steinfurt hergekommen,
um mich ihm anzuschließen. Wir haben ihn für einen Helden gehalten. Jetzt glaube ich, dass er ein Ungeheuer ist.«
Burke sah sich um. Einige der Mächtigen Männer waren in der Nähe und diskutierten darüber, wer von ihnen in den Brunnen steigen würde. Falls sie Vances Worte gehört hatten, reagierten sie darauf zumindest nicht.
»Wenn man gegen Ungeheuer kämpft, braucht man manchmal ein Ungeheuer als Verbündeten«, sagte Burke. »Ob zum Guten oder zum Schlechten, in dieser Festung gibt es Männer, die bereit sind, für Ragnar zu sterben. Ich mag ihn nicht, und ich traue ihm nicht. Ich weiß, dass er mir gegenüber genauso empfindet. Aber wir wissen beide, dass wir einander brauchen, wenn wir unsere Ziele erreichen wollen. Ragnar braucht mich, weil ich ihm die Waffen baue. Und ich brauche ihn, weil er die Armee aufstellt, die die Waffen zu einem guten Zweck benutzen wird. Solange wir gegen die Drachen kämpfen, werden wir irgendwie klarkommen. Hässlich wird’s werden, wenn wir die Drachen besiegt haben.«
Vance nickte. »Habe ich es richtig verstanden, dass das Mädchen dir was zum Essen angeboten hat? Ich sterbe nämlich vor Hunger.«
»Was sie mir angeboten hat, wirst du nicht wollen. Kommt mit in den Laden«, sagte er und hüpfte herum, während er sich am Brunnenrand abstützte, um das Gleichgewicht zu halten. Er bückte sich auf einem Bein, um die Krücke aufzuheben. »Dort habe ich was zu essen. Nichts Besonderes, aber ihr werdet heute Nacht auf alle Fälle mit vollen Bäuchen schlafen.«
»Was hat sie dir denn gegeben?«, fragte Vance.
»Eine Menge Unsinn vor allem«, sagte Burke. »Blasphet hat ein unvergleichliches Wissen über Gift besessen. Sie muss irgendetwas zu sich genommen haben, das sie verrückt gemacht hat.«
»Aber wovon hat sie geredet? Was sind diese Drachensamen? «
Er konnte dem Jungen seine Neugier nicht verübeln. Burke nahm den Samen heraus, den Shanna ihm gegeben hatte, und legte ihn dem Jungen in die Hand, damit er ihn untersuchen konnte. »Sie erinnern an große Kerne von Wassermelonen. Ich habe keine Ahnung, von welcher Pflanze sie kommen. Aber ich bin nicht verzweifelt genug, dass ich anfange, etwas Seltsames in den Mund zu nehmen, nur weil eine offensichtlich geisteskranke Frau verspricht, dass es mich heilen wird.«
Vance rollte den großen schwarzen Samen zwischen den Fingern herum. »Ja«, sagte er. »Nur ein Narr würde auf so etwas hereinfallen.«
Kapitel Vierzehn
Maschinenherz
B azanel, anerkanntester Chemiker der Himmelsdrachen, stand vor der schwarzen Schiefertafel des Goldenen Turmes im Kolleg der Türme und schrieb das Rezept für Schießpulver nieder. Er drehte sich um und sah seinen Gast an, während er das kleine knochenweiße Kreidestück unruhig in der linken Vorderklaue drehte. Plötzlich, als er bemerkte, wie er herumzappelte, legte er die Kreide wieder ab. Mit der einzigen verbliebenen Kralle seiner verstümmelten rechten Vorderklaue kratzte er sich an dem schuppenlosen Gewebe, das jetzt genau dort war, wo einst das Ohr gewesen war. Er räusperte sich.
»Die Schlüsselkomponente ist Salpeter … Kaliumnitrat. Dies besteht aus drei Sauerstoffmolekülen, die an ein Kalium- und ein Stickstoffmolekül gebunden sind. Wenn es mit den anderen Komponenten gemischt wird, ist es so lange stabil, bis Energie zugefügt wird. Der Sauerstoff löst sich aus der Verbindung und verbindet sich dann erneut und erzeugt so eine explosive Verbrennung.«
Der Himmelsdrache, der auf einem Lederkissen saß, sah mit ausdruckslosem Blick auf die Tafel. Im Gegensatz zu den Studenten, die er sonst unterrichtete, war dieser Gast vermutlich
ein bisschen in der Chemie bewandert. Sie war eine Walküre, eine der Kriegerinnen, die das Nest bewachten.
Gewöhnlich lebten die Geschlechter der Himmelsdrachen vollkommen getrennt voneinander. Die außerordentlichen Ereignisse der letzten Wochen hatten jedoch zu der gegenwärtigen Zusammenarbeit geführt. Die Luftwache war schon immer eine kleine Streitkraft gewesen
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