Die Herrschaft der Orks
hinweg ausgezeichnet und ihnen Macht und Wohlstand beschieden hatten. Die Zwerge jedoch als die eigentlichen Entdecker und Meister dieser Künste waren zur Bedeutungslosigkeit verkommen, hatten sich als Schmuggler und Minenarbeiter betätigt, um so einigermaßen über die Runden zu kommen, und auch der Weggang der Elfen aus Erdwelt hatte daran nichts geändert, im Gegenteil. Denn in die Leere, die die Elfen hinterließen, waren die Menschen vorgestoßen.
Diese elenden Menschen.
Vigor verabscheute sie.
Nicht nur, weil sie groß waren und beinahe haarlos und er ihre Gewohnheiten, wie die Vorliebe für offene Plätze und freien Himmel, abstoßend fand. Sondern auch, weil sie alles für sich zu beanspruchen pflegten. Nicht nur den Grund und Boden, auf dem sie lebten, sondern auch das Meer, an das ihr Land grenzte, und die Berge, die sich darübertürmten – kurz gesagt, die ganze Welt. Immer weiter hatte sich ihr Einflussgebiet ausgedehnt, schon deshalb, weil es niemanden gab, der Widerstand geleistet hätte. Die Orks, die es zu Beginn noch versucht hatten, waren von ihren Heeren zurückgedrängt worden, ebenso wie die Trolle und die Gnomen, während die Zwerge es während der letzten Jahrhunderte vorgezogen hatten, sich in Festungen, Stollen und Minen zurückzuziehen und dort auszuharren, feige wie Ratten.
Vigor war nicht stolz, was diesen Abschnitt der Geschichte seines Volkes betraf. Eines jedoch war ihm klar: dass sich Gruthians Söhne nur aus der Asche totaler Demütigung zu neuer Größe und Blüte hatten erheben können.
Die Wende hin zu einer neuen Zeit, zu einer neuen Ära, in der die Völker Erdwelts die Zwergenaxt wieder fürchten lernten, war durch Winmar von Ruun erfolgt.
Winmar den Graniten, wie sie ihn inzwischen nannten.
Den Unbezwingbaren.
Den Steinernen.
Jenen Winmar, der dort auf dem Thron des Zwergenreiches saß, aus den Äxten all jener errichtet, die vor ihm die Krone Thorians getragen hatten. Und wie immer, wenn Vigor den Blick seines Herrn und Königs auf sich ruhen fühlte, wurde er von einem Gefühl der Macht durchströmt, an dem er sich berauschte wie andere am Gerstensaft. Er glaubte an diesen Mann, wie andere an Götter glaubten oder an die Wunderkraft der Natur. Winmar war seinem Volk zu Hilfe gekommen, als es einer starken Hand bedurft hatte. Er hatte die Herausforderungen der Zeit angenommen und dem Zwergenreich nicht nur zu seiner alten Größe verholfen, sondern es weit bis über die ursprünglichen Grenzen hinaus ausgedehnt. Selbst der Ruhm Thorians musste verblassen angesichts eines solchen Königs, und die Bewunderung, die Vigor ihm dafür zollte, war grenzenlos.
»Mein König.« In respektvollem Abstand vor dem Thronpodest blieb Vigor stehen – weiter hätten die Ork-Leibwächter, die den Thron zu beiden Seiten säumten, ihn ohnehin nicht vorgelassen. Der Anführer der königlichen Geheimpolizei verbeugte sich, dann schlug er sich zum Gruß mit der eisengepanzerten Faust vor die Brust. »Ich bin soeben zurückgekehrt.«
»Und? Was hast du zu berichten, mein Freund?«
Ein wohliger Schauer durchrieselte Vigor. Vom mächtigsten Herrscher, den das Volk des Berges je gekannt hatte, ›Freund‹ genannt zu werden, schmeichelte ihm. Und es ermahnte ihn, alle Zweifel, die ihm unterwegs gekommen sein mochten, in die hintersten Winkel seines Bewusstseins zu verbannen …
»Es gibt gute Nachrichten, mein König. Eure Sorge hat sich als unbegründet erwiesen.«
»Hat sie das?«
»Wir fanden den Stützpunkt genauso vor, wie Ihr ihn uns beschrieben hattet, jedoch waren dort nur Soldaten des Herzogs sowie einige Söldner, die meisten von ihnen Orks. Wir haben sie massakriert und ihre Köpfe mitgenommen, wie wir es immer zu tun pflegen, den Stützpunkt selbst haben wir niedergebrannt.«
»Und sonst hast du nichts gefunden, nehme ich an.«
»Nichts, was Anlass zu Besorgnis geben würde«, versicherte Vigor noch einmal und gab sich Mühe, dabei im Brustton der Überzeugung zu sprechen. »Die Menschen verfügen nicht über die Kenntnisse, die dazu notwendig wären.«
»So«, machte der König nur.
Ohnehin war sein Mund unter dem dichten schwarzen Bart nicht zu sehen, den er nach traditioneller Art geflochten trug. Sein aus Zwergensilber gefertigtes Kettenhemd und die scharlachrote Robe, die er darüber trug, ließen ihn wie einen der Paladine des Berges erscheinen, von denen die alten Gesänge berichteten. Seine Augen, die noch immer forschend auf Vigor ruhten, erinnerten an
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