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Die Herzen aller Mädchen

Titel: Die Herzen aller Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Geier
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ins Haus, nach dem Rechten sehen. Die Kinder ließen sie draußen (»Da kann nichts passieren, Elisabeth hat den Teich austrocknen lassen, sie ist kein Freund von stehendem Wasser«) und machten einen kurzen Rundgang, wobei Bettina die aufmerksame Schwiegertochter markierte. Nachdenklich beobachtete sie die schwerfällige Ute, die doch sehr behände und umsichtig alles auf- und wieder zusperrte. Sie fragte sich, wie es wohl war, im selben Haus und in derselben Nachbarschaft zu leben, wo man aufgewachsen war, um im Laufe der Zeit eine Art Generationswechsel durchzumachen und plötzlich mehr zur Elternseite als zu den alten Schulfreunden zu gehören.
    »Was ist eigentlich aus der Katze geworden?«, fragte sie, als sie schließlich in dem kalten, feuchten und entsetzlich stinkenden Arbeitszimmer standen und Bettina sich an das Bild mit dem schwarzen Tier unter dem verbrannten Schreibtisch erinnerte.
    »Morton Black?«, fragte Ute.
    »Ich weiß nur, dass da eine Katze sein muss.«
    »Morton Black ist bei mir. Sie fühlt sich ganz wohl. Kann sein, dass sie gar nicht zurückwill. Elisabeth ist ja kein Freund von Katzen.« Utes weitsichtige Augen schimmerten grünlich im Halbdunkel des mit Folie verhängten Raumes.
    »Elisabeth ist nicht ganz einfach, nicht wahr?«, fragte Bettina, die langsam um den Tisch spazierte.
    Ute lächelte. »Sie hatte kein einfaches Leben. Aber sie passte zu Georg.«
    »Wieso?«
    Ute hob ein verkohltes Buch auf und legte es auf den verkohlten Tisch. »Sie waren beide eifersüchtig. Auf einander.«
     
    In Gedanken versunken fuhr Bettina nach Hause. Es war noch zu früh, um die Kinder ins Bett zu bringen, also räumte sie den Wohnzimmertisch ab, damit sie Platz zum Spielen hatten. Leicht bedauernd trug sie ihre schön geordneten Akten und das Laptop und Willenbachers büttenverpacktes Was-auch-immer ins Schlafzimmer. Dort schmiss sie alles auf ihr Bett. Als aber die ganzen Sachen quer über die Decke verteilt lagen, alles verstreut war und völlig chaotisch aussah, da endlich klingelte ihr Telefon, und sie rannte raus in den Flur, riss es aus ihrer Jacke – es war die Frankfurter Spurensicherung, das sah sie mit einem Blick im Display. Fast hätte sie den falschen Knopf gedrückt vor lauter Aufregung. »Machen Sie’s bitte nicht spannend«, bat sie den Kollegen. Ihre Kinder veranstalteten sofort einen Riesenkrach im Hintergrund, wie immer, wenn sie telefonierte.
    »Sie können froh sein, dass Sie vom BKA sind«, röhrte der Typ, der so gar nicht an ihren zurückhaltenden Müller erinnerte.
    »Ja, ich weiß«, sagte Bettina demütig.
    »Sonst sind die nicht so schnell in unserer Daktyloskopie. Und sie arbeiten auch nicht am Wochenende.«
    »Ja, ich –«
    »Was ist da bei Ihnen los?«
    »Geburtstagsständchen für den Chef«, sagte sie und floh in ihr Schlafzimmer.
    »Na dann prost. Und herzlichen Glückwunsch. Sie haben unser Rätsel gelöst. Die Übereinstimmung beträgt elf von zwölf Punkten, und der zwölfte ist nicht abweichend, sondern nur unkenntlich. Der Fingerabdruck aus dem inneren Bauteil unserer kleinen Bombe stammt zu fast hundert Prozent von Georg Krampe. Wir hatten ja bei der Untersuchung des Hauses Vergleichsabdrücke von den Werkzeugen aus seinem Keller genommen. Der Herr Autor hat den Sprengsatz selbst gebaut.«
    »Verrückt«, sagte Bettina.
    »Gar nicht«, sagte der Spurensicherer munter. »Wenn ich ehrlich sein soll, hatten wir auch schon den Verdacht. Es war alles so altes Zeug. Und so ordentlich gemacht. Ein Bömbchen, das fast zu perfekt war. Das hat sich einer für die Schublade gebaut. Man hat es direkt gesehen.«
    Klar, dachte Bettina. Das hast du gesehen.
    »Sie haben doch nichts dagegen, wenn wir den Bericht ans BKA schreiben? Sie haben ja noch was vor heute Abend.«
    »Ach ja?«, sagte Bettina erstaunt.
    »Na, der Chef.«
    »Der ist Abstinenzler«, sagte Bettina. »In jeder Beziehung.« »Aber ein lustiger, was?«
    »Schreiben Sie«, sagte Bettina. »Schreiben Sie nur.«
     
    An diesem Abend rief Gregor dreimal an, und Bettina war so aufgekratzt, dass sie fast drangegangen wäre. Sie wollte sich bejubeln lassen für ihren Geistesblitz, sie wollte reden und klären, und Liebe wollte sie auch. Aber echte. Daher ließ sie das Handy klingeln, obwohl sie nicht sicher war, ob man die Liebe so einschränken durfte. Welche war schon die richtige? Eine, die ein Eigenheim erbaute? Ein Kind machte? Einen Brief auf Bütten schrieb? Und auf wessen Gefühl kam es an? Ihres oder

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