Die Herzensbrecherin: Roman (German Edition)
abgestellt und später nicht gefunden hatte. Das amüsierte sogar Susannah. Allmählich entspannte sie sich, und
ihre freundschaftlichen Gefühle für Mitch kehrten zurück. Bald übertrafen sie einander mit Anekdoten über das zerstreute Computergenie, und Paige lachte schallend.
Als sie Yanks Gewohnheit erwähnten, seine diversen Freundinnen tagtäglich zu verwechseln, protestierte Paige: »Jetzt übertreibt ihr. So verrückt ist niemand.«
Grinsend schauten sich die beiden an.
Aber nach dem Dinner verflog Susannahs heitere Stimmung, denn Mitch schnitt das Thema ihrer Rückkehr nach Kalifornien an. Bis in alle Ewigkeit konnte sie nicht auf Naxos bleiben, das wusste sie. Schon viel zu lange war sie hier. Und doch – der Gedanke, wieder in San Francisco zu leben, lastete qualvoll auf ihrer Seele. »Dazu bin ich noch nicht bereit.«
Die Brauen zusammengezogen, erweckte er den Eindruck, er wollte noch etwas sagen. Dann nippte er an seinem Kaffee und bat Paige um einige Informationen über die Insel. Zwischen Susannah und Mitch entstand eine neue Barriere.
An den nächsten beiden Tagen schäkerte er mit ihrer Schwester, bis sie ihn beinahe geohrfeigt hätte. Immer wieder sprach er über ihre Heimkehr. Aber sie weigerte sich, nur darüber zu diskutieren. Als er vage Andeutungen über ein spezielles Problem bei SysVal machte, ignorierte sie ihn. Sechs Jahre lang hatte sie sich für die Firma aufgeopfert. Und jetzt sollte gefälligst jemand anderer die Verantwortung übernehmen. Am dritten Tag konnte er seine Abreise nicht länger verschieben. »Bitte, Susannah, wir brauchen dich in Kalifornien«, beschwor er sie und übergab dem Fahrer des Jeeps, der ihn zum Flugplatz nach Chora bringen sollte, seinen Koffer. »Komm mit mir. Oder wir nehmen eine spätere Maschine.« Schon wieder gewann sie den Eindruck, er würde ihr etwas verschweigen.
»Bald«, versprach sie.
»Wann? Verdammt, Susannah ...«
Hastig stürzte sich Paige ins Kampfgetümmel, wie eine Bärenmutter, die ihr Junges verteidigt. Dabei wandte sie eine Taktik an, die schon oft erfolgreich gewesen war, schmiegte ihren kleinen, zierlichen Körper an seinen großen, kräftig gebauten und schenkte ihm ein schmollendes Lächeln. »Auf Wiedersehen, Mitch. Besuch mich mal, wenn du im Adamskostüm mit mir schwimmen willst.«
Statt die Herausforderung zu überhören, lächelte er. Nur ganz kurz glitt sein Blick zu Susannah hinüber, dann umfasste er Paiges Nacken und gab ihr einen langen, heißen Kuss.
Als Susannah sah, wie seine Zunge in den Mund ihrer Schwester glitt, schaute sie rasch weg. Wenn sie auch wusste, dass er einen ausgeprägten Sexualtrieb unter seinen zahllosen marineblauen Anzügen versteckte, es war ihr peinlich, so etwas mit anzusehen.
Mitch richtete sich auf und tätschelte Paiges Hinterteil. »Halt dein Bett für mich warm, Lämmchen. Vielleicht werden mich meine Geschäfte eines Tages langweilen, und dann könnte ich dein Angebot annehmen.«
Nachdem er einen freundschaftlichen Kuss auf Susannahs Wange gehaucht hatte, kletterte er in den Jeep. Die Augen mit einer Hand beschattet, schaute Paige dem Wagen nach. »Zweifellos ein toller Mann.«
Zum ersten Mal hörte Susannah ihre Schwester ohne Zynismus über einen Mann reden. Nur mühsam bezwang sie ihre Eifersucht. Würde Paige eine engere Beziehung zu Mitch eingehen, während ihre eigene Freundschaft mit ihm einen mysteriösen Knacks bekam?
»Wäre ich bloß mit ihm gefahren«, sagte sie düster. »Keine Ahnung, was mit mir los ist ... Ich kann doch nicht für ewig hier bleiben.«
Beschwichtigend legte Paige einen Arm um ihre Schultern. »Lass dir noch ein bisschen Zeit.«
Aber die Zeit half ihr nicht. Eine weitere Woche verstrich. Wann immer Susannah an die Rückkehr nach Kalifornien dachte, schlug ihr Herz wie rasend. Eines Nachmittags stand sie vor der steinernen Spüle und wusch das Geschirr vom Mittagessen ab, während Paige mit dem Moped ins Dorf gefahren war. Als sie versonnen eine Servierplatte abtrocknete, ermahnte sie sich, bald abzureisen. Es wäre unfair, ihrer Schwester noch länger zur Last zu fallen. Und dann überlegte sie zum ersten Mal, ob sie SysVal verlassen und eine Stelle bei einer anderen Firma annehmen sollte.
In ihren Kummer vertieft, hörte sie den Jeep nicht, der vor dem Bungalow hielt.
Yank hasste es zu verreisen. Niemals fand er seine Tickets, dauernd verschwanden die Bordkarten. Oder das falsche Gepäck geriet in seine Hände. Und wenn er endlich
Weitere Kostenlose Bücher