Die Herzensbrecherin: Roman (German Edition)
eine emotionale Beziehung einzugehen. Und die brauchte sie, bevor sie mit jemandem schlief.
Vor ihrem geistigen Auge erschien Sam, wie er sich beim Liebesakt über sie neigte. Diese Illusion wurde von einem heftigen Schmerz begleitet. Unglücklich biss sie auf ihre Lippen. Denk nicht daran, denk an jemand anderen ...
Sie malte sich die leeren, leidenschaftslosen Jahre aus, die vor ihr lagen. Wieder einmal beschwor sie Liebesspiele mit Yank herauf. Doch diese Szene verblasste sofort, von einer anderen verdrängt – Mitch und sie selbst. Einer Fiktion nachzuhängen, war ein harmloser Zeitvertreib, und so zog sie ihm in Gedanken die schwarze Badehose aus, die er am Strand getragen hatte, und träumte von seinen entblößten Reizen. Dabei wurden ihre Glieder angenehm schwer. Sie ließ sich von Mitch hochheben, auf ein blaues Seidenlaken legen, glaubte den Duft seines gestärkten Hemds und seiner sauberen Haut zu riechen. In ihrem ganzen Körper breitete sich heiße Begierde aus.
Stöhnend vergrub sie ihr Gesicht im Kissen. Als sie die Lider zusammenkniff, nahmen Sams Lippen in ihrer Fantasie Gestalt an – hart und fordernd -, Sams Lippen, die eine endlose Litanei trügerischer Liebesworte flüsterten ...
Am nächsten Morgen stand sie zeitig auf, total groggy von der grässlichen Nacht. Ihre Sandalen in der Hand, schlich sie auf Zehenspitzen lautlos durch die Küche und hoffte das Haus zu verlassen, bevor Yank erwachte. Später würde sie sich bereit fühlen, mit ihm zu reden – jetzt nicht.
»Susannah?«
Frustriert stöhnte sie, als er aus seinem Schlafzimmer trat. Sein Haar war zerzaust, er trug dieselbe zerknautschte Jeans wie am Vortag, und sein restlicher Körper war unbedeckt. Nie zuvor hatte sie ihn ohne Hemd gesehen. Die schmale Brust wirkte fast knochig, aber dank der straffen Haut irgendwie attraktiv.
»Guten Morgen ... Ich fahre eben ins Dorf«, kündigte sie hastig an, ehe er sie zurückhalten konnte. »Ich dachte – ein bisschen Gebäck zum Frühstück ...«
»Nicht nötig, wir brauchen kein Gebäck.« Er ging zum Küchentisch, nahm einen reifen Pfirsich aus einer Obstschale und biss hinein. Langsam kaute er, dann betrachtete er die Frucht, als würde er so etwas zum ersten Mal erblicken. »Für dich wär’s am einfachsten, du würdest dein Schicksal hinnehmen und heute Nachmittag mit mir zum Flughafen fahren.«
»Heute Nachmittag? Unmöglich.«
»Möchtest du lieber bis morgen früh warten?«
»Nein, ich ...«
»Also heute Nachmittag«, entschied er.
Wie unheilvoll und endgültig das klang ... »Yank, ich will nicht zurückfliegen. Jetzt noch nicht. Hör auf, mich zu bedrängen.«
»Irgendjemand muss auf dich einwirken. Letzte Woche war ich sehr enttäuscht von Mitch. Er hätte dich nach Hause bringen müssen.«
»Bin ich etwa ein Gepäckstück? Versteh mich doch – der Gedanke, Sam gegenüberzutreten ... Das schaffe ich noch nicht.«
»Natürlich schaffst du’s. Du bist stark, Susannah. Daran solltest du dich erinnern.«
Aber sie fühlte sich nicht stark, sondern wie ein kleines Mädchen mit den Schnüren geplatzter Luftballons zwisehen
den Fingern. »Sam ein Dutzend Mal pro Tag zu sehen – das würde ich vorerst nicht verkraften.«
»Die Firma braucht dich.«
»Vergiss die Firma!« Wütend schleuderte sie ihre Sandalen zu Boden, die über die Fliesen schlitterten und gegen ein Stuhlbein prallten. »Diesen Laden habe ich satt! Würden wir an das Sam-Gamble-Evangelium glauben, wäre SysVal so wichtig wie das Christentum. Das kaufe ich ihm nicht mehr ab. Verdammt noch mal, wir produzieren einen Computer ! Eine Maschine ! Das ist alles. Oh, schau doch ...« Sie zeigte zur Zimmerdecke hinauf. »Soeben habe ich mich einer Gotteslästerung schuldig gemacht, und nichts ist passiert – der Himmel stürzt nicht ein.«
Yank warf den Pfirsichkern in den Abfalleimer und seufzte ermattet. Anscheinend fand er solche Gefühlsausbrüche furchtbar anstrengend. »SysVal besteht nicht mehr aus drei Kids in einer Garage. Mittlerweile ist’s ein großer Konzern. Für den arbeiten zahlreiche Leute, die ihre Kredite abbezahlen und ihre Familien ernähren müssen.«
»Für diese Leute bin ich nicht verantwortlich.«
»Doch, du bist unersetzlich, für SysVal lebenswichtig.«
»Von allen vier Partnern kann man mich am ehesten ersetzen.«
»Keineswegs, du allein bist unersetzlich, und es verblüfft mich, dass du’s nicht erkennst. Von Anfang an warst du die einzige Person, die
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