Die Herzensbrecherin: Roman (German Edition)
Shockley die Vorzüge der Halbleiterqualität von Silicon genutzt und den Transistor erfunden
hatten. Diese Erfindung hatte die Geschichte des Santa Clara Valley – und auch Sams Leben – für ewig verändert.
In den sechziger Jahren hatten die elektronischen Schaltkreise – mikroskopisch in winzige Silikon-Chips geritzt – die Rinderherden und Obstgärten aus einer der landwirtschaftlich günstigsten Klimazonen der Welt verdrängt. Jetzt sorgte die Elektronik für reichen Profit. Sam beobachtete allerdings häufig, wie die Erwachsenen dem einstigen Valley nachtrauerten. Aber er fühlte sich sehr wohl in einer Umgebung, wo keine Aprikosen, sondern Halbleiter geerntet wurden. Er liebte es, im Zeitalter der elektronischen Verkleinerung zu leben. In dieser Ära würde ein Computer-Schaltkreis, der früher einen Riesenraum mit vielen tausend ineffektiven, Hitze erzeugenden Vakuumröhren gefüllt hatte, in einem einzigen Silikon-Chip stecken. Und der war so klein wie die Drops, die er als kleiner Junge in den Mund geschoben hatte.
Er trat das widerstrebende Gaspedal des Duster durch und wechselte die Gänge. Um zu erkennen, dass die fortgesetzte Minimierung der Elektronik unweigerlich zu einem kleinen, handlichen Computer führen würde, brauchte man keine Kristallkugel. Woran lag die Apathie der etablierten Firmen? Damit ist heute Schluss, sagte er sich. Endlich eine Audienz bei Joel Faulconer! Und das verdankte er Suzie.
Während er an Susannah dachte, strich er mit seinem Daumen über das Lenkrad. Bei jenem Treffen im Homebrew hatte er sich wie ein Prinz gefühlt. Aber das war nicht nur ein Egotrip gewesen. In Suzies Nähe hörte er ein seltsames Klicken hinter seiner Stirn. Geradezu unheimlich. So als wären ein paar marode Teile repariert worden und würden an den richtigen Stellen einrasten.
Was für ein eigenartiger Gedanke. Sam verdrängte ihn rasch. Inzwischen hatte er die Autobahn westlich von Palo Alto verlassen und fuhr in die Berge.
Bald entdeckte er die Einfahrt des FBT-Komplexes, der sich auf hundertfünfundzwanzig Morgen Land ausbreitete. Sam bog in die Palmenallee, die zum Hauptgebäude führte. Angewidert schnitt er eine Grimasse. Dieser neoklassizistische griechische Stil passte zur Wall Street, nicht ins nördliche Kalifornien. Zu viele Säulen, zu viel Marmor. Totale Scheiße.
Nach einer Auseinandersetzung mit den Sicherheitsbeamten wegen des abgewetzten kleinen Koffers, der die Computer-Mutterplatine enthielt, wurde er durch die Halle zu den Aufzügen begleitet. Sein ästhetisches Auge würdigte die Gemälde an den Wänden. Gleichzeitig versuchte sein Idealistenherz, die Plastikkarte für Besucher zu ignorieren, die aus der Brusttasche seiner Lederjacke ragte. Wieder einmal fühlte er sich hin und her gerissen zwischen seinem Entschluss, der Welt Yanks schöne Erfindung zu schenken, indem er sie an FBT verkaufte, und seiner Abneigung gegen diesen gigantischen, unpersönlichen Konzern.
Die Empfangsdame im obersten Stockwerk war jung und hübsch. Weil sie bei seiner Ankunft angeekelt die Lippen zusammenpresste, starrte er herausfordernd ihre Brüste an. Für solche Frauen hatte er nichts übrig – imitierte Covergirls, die sich einbildeten, man könnte echte Klasse in teuren Boutiquen kaufen. Er nannte seinen Namen, und sie schaute streng in ihrem Terminkalender nach.
Dann führte sie ihn einen Korridor entlang. Seine Verachtung wuchs. Vielleicht war die Einrichtung exquisit. Aber die Atmosphäre missfiel ihm – Sekretärinnen, die Wachhunden glichen, die elitäre Aura geschlossener Türen, die sterile Stille. Bei jedem Schritt sehnte er sich nach dem temperamentvollen Geschrei im Homebrew Computer Club. Hätten Yank und ich bloß genug Geld, um eine eigene Firma zu gründen ... Gäbe es doch andere Möglichkeiten ...
Susannah saß in einem Ohrensessel bei der Rezeption vor Faulconers Büro. Sobald er sie sah, begann es wieder in seinem Kopf zu klicken. Dieses sonderbare, tröstliche Klick-Klack... Ihr kastanienrotes Haar war streng aus dem Gesicht gekämmt und zu einem französischen Nackenknoten geschlungen. In ihrem beigen Wollkleid, eine einreihige Perlenkette um den Hals, wirkte sie edel und unnahbar. Ihr Anblick erhitzte sein Blut, und er wollte sie dringend berühren, die sanfte Stimme hören, den kultivierten Akzent einer exklusiven Privatschule.
Als er näher kam, hob sie den Kopf. Erst fiel ihr Herz in den Magen hinab, dann rutschte es nach oben, in ihre Kehle. Atemlos
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