Die Herzensbrecherin: Roman (German Edition)
und verwirrt schaute sie ihn an. Die Wirkung, die er auf sie ausübte, überwältigte sie dermaßen, dass es eine Weile dauerte, bis sie seine äußere Erscheinung wahrnahm. Und dann konnte sie ihren Unmut kaum verhehlen. Trotz seiner Ankündigung hatte sie nicht erwartet, er würde ihrem Vater in Jeans und seiner alten Lederjacke gegenübertreten. An dieser Jeans, die sich viel zu intim an seinen Körper schmiegte, blieb ihr Blick sekundenlang hängen.
Die Sekretärin verschwand. Bedrückt erinnerte sich Susannah, wie verärgert ihr Vater gewesen war, nachdem sie ihn um einen Termin für Sam gebeten hatte. Auf Joels Wunsch sollte sie an der Besprechung teilnehmen. Das hielt sie für eine subtile Form der Strafe, weil sie ihm dieses Treffen abgerungen hatte.
Schweren Herzens und zugleich seltsam beglückt stand sie auf. »Hallo, Sam.«
Statt zu antworten, nickte er nur und musterte sie anerkennend.
»Leider freut sich mein Vater nicht besonders über deinen Besuch«, erklärte sie, klemmte ihre Handtasche unter einen Arm und versuchte, ihren rasenden Puls zu bezähmen. »Er mag es nicht, wenn Familienangehörige ihm potenzielle
Geschäftspartner empfehlen. Also wird er dich nicht allzu wohlwollend empfangen.«
»Sicher werde ich ihn von meinen Plänen überzeugen.«
Seine Kaltschnäuzigkeit brachte sie in Rage. Wieso besaß ein Vierundzwanzigjähriger ein derartiges Selbstbewusstsein? »Ich habe ihm erzählt, du seist mit einem neuen Mitglied des Exploratorium-Aufsichtsrats befreundet.« Gewissermaßen stimmte das – sie war ein neues Mitglied.
»Was uns beide betrifft, werde ich ihn nicht belügen.«
Susannah schlang ihre Finger ineinander. Warum ist er so dickköpfig? Gegen ihren Willen war er in ihr Leben getreten, und jetzt brachte er alles durcheinander. »Wir beide existieren nicht«, erwiderte sie eisig. »Manchmal sind Notlügen erlaubt.«
»Vertrau dir selber, Suzie.« Der harte Zug um seinen Mund milderte sich. »Glaub mir, du musst dich nicht vor allem fürchten.«
Noch nie hatte man ihr vorgeworfen, sie würde sich vor irgendwas fürchten. Schon in der Kindheit hatten die Leute lobend erwähnt, wie tapfer sie bei ihrer Entführung gewesen sei. Wie konnte Sam solchen Unsinn reden?
Nun kam die Sekretärin aus dem Vorzimmer ihres Vaters, und sie folgten ihr durch die getäfelte Tür in sein Privatbüro. Joel erhob sich hinter seinem wuchtigen Schreibtisch mit der polierten Malachitplatte. Nicht einmal ein leichtes Blinzeln verriet seine Reaktion auf Sams legere Kleidung und die langen Haare. Aber Susannah spürte seine Verachtung, obwohl er höflich die rechte Hand ausstreckte.
Sam ließ sich Zeit, ehe er vortrat und ihm die Hand schüttelte. Teils unbehaglich, teils bewundernd, starrte Susannah ihn an. Was war das für ein Mann, den Joel Faulconer nicht einschüchterte?
»Danke, dass Sie mich empfangen, Sir«, sagte Sam. »Das werden Sie nicht bereuen.«
Mühsam unterdrückte Susannah ein Stöhnen.
»Es ist mir ein Vergnügen«, entgegnete Joel und setzte sich wieder.
Ohne eine Aufforderung abzuwarten, begann Sam die Erfindung seines Freundes und die Zukunftsaussichten des Mikrocomputers zu erläutern, während er seinen schäbigen Koffer auf einen Stuhl warf und die Schnallen öffnete. »Natürlich würde ich Ihnen die Funktion des Apparats gern vorführen. Aber dafür fehlt Ihnen offensichtlich die nötige Zeit.«
Hat er das letzte Wort absichtlich betont, fragte sich Susannah. Oder war das eine rein zufällige vage Beleidigung? Sie wandte sich zu der Fensterfront, die einen Ausblick auf den künstlich angelegten See bot. Aus dem Wasser erhoben sich sieben steinerne, wie Obelisken geformte Brunnen und repräsentierten die sieben Kontinente. Auf allen hatte sich das FBT-Imperium etabliert. Als sie die Fontänen emporspritzen sah, wünschte sie inständig, sie wäre irgendwo auf der großen weiten Welt – nur nicht im Büro ihres Vaters. Wie sie diese angespannte Atmosphäre hasste ... Wann immer sie in solche Situationen geriet, hielt sie es für ihre Pflicht, die Wogen zu glätten.
Sam schob ordentlich gestapelte Papiere auf dem Schreibtisch beiseite, nahm die Mutterplatine aus dem Koffer und platzierte sie direkt vor Joel. »Hier sehen Sie den Aufbruch in die Zukunft, das Herz und die Kraft einer Revolution. Durch dieses Gerät wird die Menschheit eine ausgeglichene Verteilung der Macht zwischen Institutionen und Individuen erzielen.« Dann erklärte er die technischen
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