Die Herzensbrecherin: Roman (German Edition)
im Sonnenlicht, und Joel fügte hinzu: »Für Geschichten über eine bankrotte Firma, die plötzlich zweihundertfünfzigtausend Dollar einnimmt, interessiere ich mich kein bisschen. Nicht einmal für einen Profit von zwei Millionen. Hätten Sie mir einen Gewinn von hundert Millionen versprochen, würde ich Ihnen vielleicht zuhören.«
»Verdammter Hurensohn!«
Blitzschnell bewegten sich Joels Finger, und alle sieben Brunnen erwachten wieder zum Leben. »Ich weise Sie nicht ab, weil Sie ein arroganter Rüpel sind – ebenso wenig, weil Sie nicht genug Anstand besitzen, um vor einem solchen Termin einen Friseur aufzusuchen. Sondern schlicht und einfach, weil es Ihnen an Format mangelt – weil Sie nicht im großen Stil denken. Guten Tag, Mr. Gamble.«
Eine Zeit lang rührte sich Sam nicht von der Stelle. Dann packte er die Mutterplatine in den Koffer und ging damit zur Tür, wo er sich noch einmal umdrehte. »Beinahe tun Sie mir Leid, Faulconer. Sie sind noch dümmer, als ich’s befürchtet habe.« Ohne ein weiteres Wort verließ er das Büro.
Susannahs Gesicht war aschfahl. Als Joel sich zu ihr wandte, erkannte er ihr Entsetzen. Trotzdem empfand er kein Mitgefühl. »Ob du diesem oder jenem deiner Freunde einen Gefallen schuldest, ist mir egal. So etwas wirst du mir nie wieder zumuten.«
»Ich – ich wollte dich nicht ärgern«, stammelte sie. »Natürlich war Sam furchtbar unhöflich ...« Aber Joels geringschätziger Blick brachte sie zum Schweigen.
Wie sollte sie Sam verteidigen – nach allem, was er gesagt hatte? Doch ihr Vater war genauso infam gewesen. Mit voller Absicht hatte er ihn in eine Falle gelockt.
»Es ist nur – du hast ihn ziemlich grausam behandelt«, fügte sie tonlos hinzu.
»Nimmst du ihn tatsächlich in Schutz?«
»Nein, ich ...«
Er legte den Kopf in den Nacken, so dass er sie aus weiter Ferne zu betrachten schien, und das feindselige Glitzern in seinen Augen krampfte ihr Herz zusammen. Niemals hätte sie es wagen dürfen, ihren Vater zu kritisieren. Dafür wurde sie jetzt bestraft. Er würdigte sie keines Wortes mehr, wandte sich zu seiner Sprechanlage und drückte auf einen Knopf. »Würden Sie meine Tochter hinausbegleiten?«
Und dann begann der endlose Winter seiner Missbilligung.
Schon oft hatte sie die eisigen Perioden seines Schweigens miterlebt. Doch sie hatten niemals ihr gegolten – und nie so lange gedauert. Während die Wochen verstrichen und der Hochzeitstermin näher rückte, gewann sie allmählich den
Eindruck, ein böser Fluch würde auf ihr lasten. Obwohl sie sich wiederholt entschuldigt und versucht hatte, ihren Vater zu besänftigen, blieb er stumm und unversöhnlich.
Cal war für mehrere Wochen nach Europa geflogen, um einige Geschäfte zu erledigen, und so konnte er ihr nicht helfen. Jeden Tag schienen die Hochzeitsvorbereitungen in neue Krisen zu stürzen. Susannah griff zweimal zum Telefon, um Sam Gamble anzurufen und ihm zu erklären, was sie von seinem Benehmen im Büro ihres Vaters hielt. Jedes Mal legte sie wieder auf. Zweifellos war es besser, nicht mit ihm zu reden. Und viel besser, nicht über seine Unverschämtheit nachzudenken, über seinen verrückten Plan, Computer wie Fernsehapparate in die Wohnzimmer aller Leute zu stellen.
Schließlich verzieh ihr Joel – aber erst nach einer ätzenden Lektion über Anmaßung und Respektlosigkeit. Eine neue innere Stimme flüsterte ihr höhnisch zu, er hätte sich wohl kaum erweichen lassen, würde er sie nicht auf seiner einwöchigen Geschäftsreise nach Paris brauchen. Natürlich wäre es mühsam, französische Kabinettsmitglieder ohne eine Gastgeberin einzuladen, die ihm zur Seite stand.
In Paris angekommen, stiegen sie im Crillon ab, Joels Lieblingshotel – einem imposanten grauen Steingebäude an der Nordwestecke des Place de la Concorde. Am Nachmittag kam Cal in die Etage, wo ihre Suiten lagen, um sie zu einem Empfang in der amerikanischen Botschaft in der Avenue Gabriel zu begleiten. Da Joel und einige seiner Mitarbeiter anwesend waren, begrüßte Cal seine Braut freundlich, aber zurückhaltend.
Während der Festivität fanden sie nur wenig Zeit für Gespräche unter vier Augen. Aber vor der Rückkehr ins Hotel schenkte Cal ihr ein spitzbübisches Ich-habe-ein-Geheimnis-Lächeln. »Heute Abend müssen wir was feiern. Ich habe einen Tisch im Tour reservieren lassen.«
Das Tour d’Argent gehörte zu den berühmtesten Restaurants der Welt. Doch Susannah fühlte sich irgendwie
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