Die Herzensbrecherin: Roman (German Edition)
ungeheuren Wert auf korrekte Anzüge. Und er hält nichts von Männern, die Ohrringe tragen. Außerdem müsstest du dein Haar schneiden lassen.« Noch während sie sprach, bereute sie ihre Worte. Sein Haar gefiel ihr, denn es war ein Teil seiner Persönlichkeit. Frei und wild.
»Ehrlich, Suzie, so einen Mist will ich mir erst gar nicht anhören. Ich bin, wer ich bin.«
»Wenn du mit meinem Vater Geschäfte machen willst, musst du lernen, Kompromisse zu schließen.«
»Nein !«, stieß er so vehement hervor, dass sich trotz des Lärms im chaotischen Homebrew Computer Club einige Köpfe zu ihnen wandten. »Nein, ich schließe niemals Kompromisse.«
»Bitte, nicht so laut!«
Sam packte ihren Arm, seine Finger bohrten sich durch ihren Ärmel. »Keine Halbheiten. Begreifst du’s nicht, Suzie? Nur deshalb versagen die Leute. Das ist der Grund, warum in diesem Land alles verbockt wird – warum die Geschäfte so beschissen laufen. Soll ich dir erklären, wieso ich die Computer liebe? Weil sie eine perfekte Welt darstellen. Bei Computern gibt’s keinen Mittelweg. Alles ist entweder schwarz oder weiß. Und der Octal Code reagiert nur auf absolute Befehle. Ein Bit existiert – oder es existiert nicht .«
»Im Leben geht’s anders zu«, entgegnete sie leise und erinnerte
sich an all die Kompromisse, die sie notgedrungen geschlossen hatte.
»Weil du dich damit begnügst. Weißt du eigentlich, wie feige du bist, Suzie? Du wagst es nicht, dich für irgendetwas einzusetzen, ohne Wenn und Aber.«
»Das stimmt nicht.«
»Klar, du versteckst deine Angst hinter einer kühlen Fassade. Reine Zeitverschwendung, wenn du mit mir zusammen bist – also spar dir die Mühe.« Erbost starrte er sie an, dann erschien ein sanfterer Ausdruck in seinen Augen. »Sorg dich nicht um elegante Anzüge und Frisuren. Bring deinen Alten einfach nur dazu, mit mir zu reden. Immerhin war er ein Pionier in den Fünfzigern, als er all die ersten Computerpatente aufgekauft hat. Er wird verstehen, was ich ihm anbiete. Verdammt, ich werde ihn zwingen, diese magische neue Welt zu begreifen. Und wenn’s das Letzte ist, was ich in meinem Leben zu Stande bringe!«
Susannah fand keine Worte. Aber als sie in Sam Gambles jungen Augen das Feuer einer kühnen Vision brennen sah, glaubte sie beinahe an seinen Erfolg.
6
Während Sam nach Norden zum FBT-»Schloss« fuhr, musste er sich nicht auf die Bedeutung des Gesprächs besinnen, das ihm bevorstand. Monatelang hatten sich alle Türen im Silicon Valley vor ihm geschlossen.
Bei Hewlett-Packard hatte Steve Wozniak seinen Bossen die Apple-Mutterplatine gezeigt und gefragt, ob sie interessiert seien. Nein, hatten sie gesagt.
Auf Sams Wunsch war Yank mit seinem Ein-Platinen-Computer an Nolan Bushnell von Atari herangetreten.
Aber die Firma – ausschließlich damit beschäftigt, ihre Spitzenposition auf dem Markt der Videospiele zu verteidigen – hatte das Angebot abgelehnt.
An der Ostküste wollte der Präsident der Digital Equipment Corporation, Kenneth Olsen, nicht verstehen, was irgendjemanden veranlassen sollte, einen Computer bei sich zu Hause aufzustellen. Und so hatte auch DEC abgewunken, die weltweit führende Minicomputer-Firma.
Und in Armonk, New York, hielt der mächtige IBM-Konzern den Mikrocomputer für ein Spielzeug ohne die Möglichkeit einer geschäftlichen Verwertung. Dafür sah IBM keinen Markt.
Ein großer Bonze nach dem anderen hatte den Kopf geschüttelt. Alle außer Joel Faulconer. An diesem Tag würde Sam dafür sorgen, dass sich ein Teil der jüngeren Geschichte nicht wiederholte.
Der Motor des Plymouth Duster, den er sich von Yank geliehen hatte, klingelte schrill. Wie ein Maschinengewehr ratterte der Auspuff. Schon vor Wochen hätte er ersetzt werden müssen. Die unangenehmen Geräusche trieben Sam fast zum Wahnsinn. Wie konnte Yank ein solches Auto ertragen, einen so miesen Schrotthaufen? Sam hasste Detroit, das schon seit einer ganzen Weile dem schnellen Dollar zuliebe die Qualität vernachlässigte.
Auf dem Beifahrersitz war die Polsterung zerrissen. Überall lagen leere Fast-Food-Packungen, im Fond häuften sich alte Motorenteile zwischen den Eingeweiden eines Zenith-Fernsehers. Besonders mysteriös war ein Schuhkarton voller Vakuumröhren, der neben den Pedalen am Boden stand. Sam konnte sich nicht vorstellen, warum Yank eine Schachtel mit Vakuumröhren in seiner Karre verwahrte. Seit zwei Jahrzehnten gehörten sie zum alten Eisen – seit Bardeen, Brattain und
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