Die Herzensdiebin
suchen?«
Seit wann hatte Sam Interesse an all diesen Vorgängen? Seit wann wirkte er wie ein Mann, der hier das Sagen hatte? »Natürlich habe ich auch daran gedacht. Warum auch nicht? Aber wenn es so ist, werde ich es mit Würde tragen und durchhalten.«
»Ja, Sir. Soll ich irgendwelche Maßnahmen hinsichtlich Mr. Benjamin jun. ergreifen?«
»Nein. Lassen Sie ihn ruhig suchen. Es schadet nicht, und vielleicht hält die Suche ihn vom Trinken ab.«
»Ja, Sir.. Sam wandte sich ab und ging auf sein Büro zu.
Devlin blickte auf den dünnen Aktenordner und las den Namen, den Sam mit seiner feinen Handschrift auf den Deckel geschrieben hatte.
Natalie Meadow Szarvas.
Er müsste jetzt eigentlich zu der Party zurückgehen. Immerhin war er der Gastgeber. Aber Meadow hatte zu viele Geheimnisse, und er hatte nicht die Zeit, jedem Einzelnen nachzuspüren. Er wollte alles über sie wissen, über ihre Familie, ihre Kunst, über ihr bisheriges Leben. Die Antworten auf all diese Fragen hielt er nun in Händen, und er konnte nicht länger warten.
Er nahm an seinem Schreibtisch Platz, schlug die Akte auf und begann zu lesen.
Als er die letzte Zeile gelesen hatte, stand er auf.
Alles hatte sich geändert. Alles.
Er musste Meadow finden. Diesmal würden sie die Karten auf den Tisch legen.
Doch als er wieder die große Veranda betrat, prostete seine Mutter ihm mit einem Glas Champagner zu und rief ausgelassen: »Da kommt der Bräutigam! Komm, Devlin, die Gondeln des Riesenrads sind leer. Es ist Zeit, dass ihr eure Hochzeit bekannt gebt!«
Der Tag war lang und anstrengend gewesen.
Devlin und Meadow waren in der geschmückten Gondel im Riesenrad ganz nach oben gefahren und hatten vor der jubelnden Menge ihre Hochzeit bekannt gegeben. Niemand war vor zehn Uhr gegangen, und dann hatte sich auch erst die Hälfte der Gäste verabschiedet. Die anderen hatten sich an die Hotelbar zurückgezogen. Erst gegen zwei Uhr morgens waren die letzten Hotelgäste zu ihren Zimmern gewankt, woraufhin die Angestellten noch einmal viel zu tun bekamen, da zusätzliche Handtücher, Tabletten gegen Sodbrennen und reichlich Wasserflaschen auf den Zimmern verlangt wurden.
Als Devlin schließlich hundemüde die Bettdecke zurückschlug, schlief Meadow schon tief und fest.
Und als er sich neben sie legte und sich die Decke über die Schultern zog, beschloss er, dass er mit ihr am folgenden Tag über alles sprechen würde.
Aber in dem Moment, als Meadow sich aus dem Bett schlich, erwachte Devlin aus unruhigem Schlaf. Er blieb noch einen Augenblick liegen und wartete, ob sie vielleicht das Licht im Badezimmer anmachte.
Weit gefehlt. Sie schlüpfte in ihren Morgenmantel — und stahl sich aus dem Zimmer.
Mochte er auch ein Narr sein, aber er wusste, dass sie sich nicht zu einem heimlichen Rendezvous davonmachte. Außerdem war kein Vollmond, daher würde sie nicht nackt im Garten tanzen.
Nein, es ging um ihre Mutter. Dieser eine Satz im Bericht des Detektivs hatte alles erklärt.
Meadow wollte das Gemälde finden, um mit dem Verkauf die Behandlung ihrer Mutter bezahlen zu können.
Und Devlin mochte es gar nicht, dass sie ihm nichts von ihren quälenden Sorgen gesagt hatte. Ihm nicht die Wahrheit gesagt hatte. Dabei hatte er ihr so viele goldene Brücken gebaut, und doch sah es so aus, dass sie ihm zwar so sehr vertraute, mit ihm zu schlafen, ihm aber keine Geheimnisse anvertrauen wollte.
Er stand auf und zog rasch seine Jeans und ein T-Shirt an. Mit einem Griff in den Schrank holte er seine festen Schuhe.
Also gut, vielleicht hatten einige Dinge, die er gesagt und getan hatte, und nicht zuletzt die Gerüchte über ihn, Meadow zu dem Glauben gebracht, dass er ein rücksichtsloser, unnachgiebiger Kerl war.
War ihr der Wandel gar nicht bewusst?
Seit sie bei ihm war, hatte er sich geändert. Er fühlte sich ... unglaublich jung. Er hatte wieder Perspektiven. Durch Meadow glaubte er an die zauberhaften Dinge des Lebens, an die wundersame Kraft des Mairegens. An Wunder ...
Für Devlin Fitzwilliam war die Vorstellung, sich über beide Ohren verliebt zu haben, absurd — aber er hatte sich in Meadow verliebt, da gab es keinen Zweifel.
Er band sich die Schuhe zu.
In dieser Nacht würde er ihr beibringen, ihm zu vertrauen. Er würde das tun, was er gelobt hatte, nicht zu tun — er würde die Wahrheit sagen, die ganze Wahrheit. Die freundliche, großzügige Meadow würde einsehen, dass sie sich in ihm geirrt hatte, und von da an bei ihm bleiben.
Er
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