Die Herzensdiebin
ausziehen, damit keine Blutflecken auf Großmutters antiken Teppich kamen, aber inzwischen hatte sich ihr Dekorateurgeschäft etabliert, und sie hatte einen Fuß in der Tür der Medien. Ich besuchte eine exklusive Schule — dort lernte ich übrigens Nummer Vier kennen —, und es dauerte gar nicht lange, da schlug ich eine ganze Reihe Jungs zusammen, von denen einige immer noch meine Cousins waren.«
»Was stimmt hier nur mit den Leuten nicht?« Die Frage platzte aus Meadow heraus. »Wir sind doch nicht mehr in den Fünfzigern! Frauen können Kinder haben und brauchen sich nicht auf die Ehe festzulegen, und jedes Kind ist wertvoll und von Gott gewollt.«
»Du scheinst wenig Erfahrung zu haben. Die Leute lieben es, Klatschgeschichten zu verbreiten, und Kinder lieben es, gemein zu Kindern zu sein, die anders sind. Das ist ein ehernes Gesetz, das sich nicht ändern wird.« Da schien er sich sehr sicher zu sein.
Wie war nur aus dem Jungen, der auf alle mit den Fäusten losging, ein Mann geworden, der seine wahren Gefühle zu verbergen wusste?
»Obendrein wurde ich in Charleston geboren. Und Charleston steht für die alte Zeit. Dann war meine Mutter davon überzeugt, dass mein Vater, Nathan Manly, sich von seiner Frau scheiden lassen würde, um meine Mutter zu heiraten. Also spielte sie sich gegenüber den anderen Debütantinnen mit ihrer Eroberung auf — meine Mutter ist ein wenig wetteifernd veranlagt.«
Meadow nahm die Ironie in seiner Stimme wahr.
»Nimm all diese Zutaten, und schon hast du ein Rezept für ein soziales ...« Er zögerte.
»Desaster?« Sie wunderte sich, dass er sich ihr doch noch öffnete.
»Problem. Zum Glück hat meine Mutter aufgrund ihres Talents und ihres Ehrgeizes letzten Endes über ihre früheren Rivalinnen triumphiert, allerdings nicht in traditioneller Hinsicht: kein reicher Ehemann mit zwei korrekt erzogenen Kindern. Und wenn Herausforderungen den Charakter formen, dann besitze ich genug davon, um Nummer Viers Mangel an Charakter wettzumachen.«
»Ich glaube, so funktioniert das nicht. Er wird seinen eigenen Charakter formen müssen. Und du musst auch noch an dir arbeiten ...« Sie unterbrach sich. Wieder einmal dachte sie laut, und wenn sie das tat, kam sie in Schwierigkeiten.
»So, ich muss noch an mir arbeiten?«
Stichwort Geduld. Und Freundlichkeit. Der Glaube, auch wenn es unbewiesen ist, dass Menschen von Natur aus gut sein können. Quasi mechanisch sagte sie: »So, wie du bist, ist es gut.«
»Was für ein netter Gedanke. Aber daran glaubst du doch selbst nicht.«
»Du bist eben so, wie du in diesem Abschnitt deines Lebens sein solltest.« Sie wusste meistens das Richtige zu sagen.
Er warf ihr einen leicht boshaften Blick zu. »Wo hast du nur gelernt, so einen Unsinn zu reden?«
»Das ist kein Unsinn!« Sie glaubte wirklich daran. Das Problem war nur, dass sie immer» allen Leuten helfen wollte. Wie ihre Mutter früher oft hervorgehoben hatte: Meadow konnte nur sich selbst helfen, und solange sie ihr Nirwana nicht erreicht hatte, sollte das ihr Lebensprojekt sein.
Aber sie sah immer sofort, was bei anderen Leuten nicht richtig lief, und wollte dann gute Ratschläge geben. Helfersyndrom.
»Okay.« Die Straße entfernte sich vom Meer und verlief parallel zu einem Pfad, der in einem weiten Bogen in einen Wald führte, in dem Zedern und Eichen mit moosbewachsenen Stämmen vorherrschten. Devlin brachte den Jeep am Seitenstreifen zum Stehen. Um sich ihr besser zuwenden zu können, legte er den Arm um die Sitzlehne. Er fing Meadows Blick ein. »Also, ich habe dir etwas anvertraut. Jetzt sagst du mir, wann du, meine liebe Dame mit Gedächtnisschwund, in einer Krebsstation warst?«
»In einer Krebsstation?«, wiederholte sie blinzelnd. »Wie kommst du darauf, dass ich je in einer Krebsstation war?«
»Als der alte Benjamin seinen Sohn anwies, Zigarren zu rauchen, hast du dem Alten mit einer gehörigen Portion Sarkasmus zugesetzt.« Ein Geflecht aus Licht und Schatten überzog den Jeep und verlieh Devlins Zügen eine trügerische Weichheit.
Unschlüssig starrte sie Devlin an und schwankte zwischen Lüge und Wahrheit. Sollte sie es ihm erzählen?
Meine Mutter hat Krebs, sie braucht eine teure Behandlung, und wenn ich nicht schnell eine Viertelmillion Dollar auftreibe, wird sich ihr Zustand verschlechtern, und dann könnte sie ... sterben.
Würde er das nachvollziehen können?
Vielleicht. Aber selbst wenn sie das Gemälde fände, würde er es ihr nicht überlassen. Ihm
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