Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber
noch draußen vor dem Palast und tauschten freundschaftliche Beschimpfungen mit den Wachen.”
Camille faltete ihre Hände auf dem Tisch. “Das klingt, als wäre Vilmos erfolgreich gewesen. Falls nicht, werden wir das demnächst herausfinden. Ich möchte so bald wie möglich lossegeln.”
Zwei Tage später wurde das letzte der Pferde auf Kommandant Leungs Schiff gebracht. Henri sah vom Dock aus zu und hüpfte auf den Zehenspitzen herum. Er war noch nie zur See gefahren, obwohl das Meer weniger als eine Tagesreise vom Herzogspalast entfernt lag.
Sylvie stieß ihm den Ellenbogen in die Seite. “Steh still. Du bist nicht mehr fünf.”
Henri grinste sie an. “Wir stechen in See.”
“Wahrscheinlich werden wir untergehen”, orakelte sie mürrisch. “Und werden von Haien gefressen. Oder von Tintenfischen, die in ganzen Schwärmen angreifen und dir das Fleisch von den Knochen reißen.”
“Die gibt es nur in Flüssen”, sagte Kommandantin Leung.
“Flüsse fließen ins Meer, und Fische schwimmen mit den Flüssen”, erklärte Sylvie. “Du wirkst unerträglich zufrieden mit dir selber. Das kann einem ziemlich auf die Nerven gehen. Es könnte einen Unfall geben. Kannst du schwimmen?”
Henri stellte sich erneut auf die Zehenspitzen, dieses Mal um zu sehen, wie Lilas zurechtkam, als ihre Hufe das Deck berührten. Dann schaute er Sylvie über seine Schulter hinweg an. “Sie hat dich abgewiesen, stimmt’s? Ich meine Kommandant Leung?”
“Wir haben nicht alle so viel Glück wie du”, brummte sie und stapfte davon.
Kaspar schlenderte herbei. “Und sie wird auch noch jedes Mal seekrank, wenn sie ein Schiff betritt”, verriet er Henri. “Das dürfte eine lustige Reise werden.”
Henri hoffte, dass ihm nicht schlecht werden würde. Er hatte Pläne für sich, Camille und die Kabine, die sie ganz für sich allein haben würden. Bevor er Kaspar eine Antwort geben konnte, winkte Camille ihn zu sich. Soeben war Maxime gekommen. In seinem knielangen Mantel, der über und über mit Vögeln und Eidechsen in leuchtenden Farben bestickt war, bot er einen herrlichen Anblick. Skeptisch betrachtete Henri Maximes hohe Stiefel aus strahlend blauer Reptilienhaut, die an den Spitzen und den Absätzen mit Gold überzogen war. Ob er nun daran gewöhnt war oder nicht, er konnte sich nicht vorstellen, jemals so etwas zu tragen, ohne sich dabei vollkommen lächerlich vorzukommen.
Maxime klopfte ihm auf die Schulter. “Ich habe ein Geschenk für dich”, sagte er.
“Danke”, erwiderte er. Ihm war nie in den Sinn gekommen, dass Maxime so etwas tun könnte. “Es tut mir leid, ich habe nichts für Euch.”
Maxime legte Henris Finger um einen kleinen Lederbeutel und lächelte dabei leise. “Vielleicht kommst du mich später einmal besuchen und bringst mir dann ein Geschenk mit.”
Henri musste heftig schlucken. “Das verspreche ich.”
Grinsend beugte Maxime sich vor und küsste ihn sanft. Sein Bart strich weich über Henris Lippen. Dann zog er sich zurück und berührte zögernd Henris Wange. “Leb wohl. Und pass auf Camille auf.”
Henri nickte. In dem Lederbeutel lag etwas Kleines, Schweres. Er schloss seine Finger darum. Er konnte sich nicht daran erinnern, wann ihm zuletzt jemand etwas geschenkt hatte.
“Leb wohl, Maxime”, verabschiedete sich Camille. Sie gab Maxime einen raschen Kuss und legte ihm dabei die Hand auf die Brust.
“Ich würde gern mit dir kommen”, sagte er.
“Wir haben bereits darüber gesprochen”, erwiderte sie. “Du bist ein Mann.”
“Daran kann ich nichts ändern.”
“Wenn ich mit dir an meiner Seite auf das Tor des Herzogspalasts zureite, wird mich niemand beachten”, erklärte sie.
“Ich glaube, du unterschätzt dich.”
“Wie auch immer, ich sehe, du bist nicht für eine Seereise gekleidet. Du wusstest, dass ich dein Angebot ablehnen würde.”
“Du kannst mir nicht vorwerfen, noch einen Versuch gemacht zu haben”, stellte Maxime lächelnd fest. “Komm, meine Schöne, noch ein Kuss, dann lasse ich dich ziehen.”
Henri schaute weg, froh, dass hohe Kistenstapel die beiden vor den Augen der anderen Menschen auf dem Dock verbargen. Als er wieder hinsah, stand Maxime mit gesenktem Kopf einen Schritt von Camille entfernt. Camille legte die Hand auf sein Haar. “Ich werde eine Nachricht schicken, wenn alles geregelt ist, Monsieur le Duc.”
“Leb wohl, Camille.” Er ging davon. Die Stiefel sahen würdevoller aus, als Henri es sich jemals hätte vorstellen können. Er
Weitere Kostenlose Bücher