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Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber

Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber

Titel: Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Janssen
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die für kleinere Zusammenkünfte gedacht waren. Durch die eine oder andere offen stehende Tür sah Camille Sofas, dicke Teppiche und Anrichten, auf denen unzählige Flaschen im Licht funkelten. “Wo sind die Schlafzimmer?”, fragte sie ihre Führerin.
    Die Frau wandte sich ihr zu. Ihre Miene blieb unverändert. “Im Westflügel. Der ist jedoch für Gäste reserviert, die länger als eine Nacht bleiben. Ihr seid im Ostflügel untergebracht.”
    Die Einrichtung ihres geräumigen Zimmers war weit davon entfernt, überladen zu sein, und obwohl ihr das selbst seltsam erschien, wirkte der deutliche Unterschied zum prunkvollen Stil, in dem der Herzogspalast eingerichtet war, beruhigend auf sie. Auf dem Fußboden und den beiden großen Betten waren Schaffelle verteilt. Die Kopf- und Fußteile der Betten bestanden aus Holzlatten, ähnlich wie Zäune. Die Vorhänge und Wandteppiche waren aus Wolle gewebt und zeigten die groben, geometrischen Muster, die Schäfer bevorzugten, während sie im Winter tagein, tagaus an ihren Webrahmen saßen. Anstelle von Schränken gab es Regale, die ebenfalls aus Holzlatten gebaut waren, und an den Fußenden der Betten boten gepolsterte Holzkrippen Platz für Satteltaschen.
    Sylvie schwang ihr Bein über die lebensgroße Nachbildung eines Schafbocks mit wolligem Körper und echten Hörnern auf dem geschnitzten hölzernen Kopf. Sie saß auf dem unechten Tier wie auf einem Schaukelpferd, umfasste jedes der Hörner mit einer Hand und verkündete: “Madame, ich glaube, ich habe mich verliebt.” Bei diesen Worten küsste sie den Kopf des Schafbocks.
    Henri saß auf einem hohen Hocker und hakte die Füße hinter die Holzbeine. “Ich glaube nicht, dass ich wissen will, welche Besonderheit sie hier anbieten”, bemerkte er.
    Kaspar lachte. “Nicht das, was du denkst. Die hochherrschaftlichen Damen und Herren lieben es zu spielen, sie wären Schäfer und Schäferinnen. Sie glauben, ländliche Freuden würden die Potenz eines Mannes stärken.”
    Natürlich weiß er solche Dinge, ging es Camille durch den Kopf. Es war gleichermaßen seine Aufgabe, sie zu beschützen und ihren fleischlichen Gelüsten zu Diensten zu sein, und er war auf beiden Gebieten ausgebildet. Sie musste an den Eunuchen ihrer Mutter denken, der sie während ihrer Kindheit bewacht hatte. Nach dem Tod ihrer Mutter war er in seine Heimat zurückgekehrt und hatte dort ein Bordell eröffnet, das ihn wohlhabend gemacht hatte. Seinen Reichtum hatte er dem jungen Mann hinterlassen, den er als seinen Nachfolger herangezogen hatte. Früher hatte Camille sich gefragt, ob die beiden Männer ein Liebespaar gewesen waren, doch wie sollte das möglich sein?
    Camille trat neben Kaspar und sagte mit ruhiger Stimme: “Du musst das hier nicht mit deinen Diensten bezahlen. Wir haben Geld.”
    Er schüttelte den Kopf. “Nein, Madame. Alles Geld der Welt wäre nicht genug. Die Leitung des Bordells will meine Dienste für die Nacht und nichts anderes. Das ist der Preis, den wir für Ruhe und Schutz bezahlen müssen. Sonst müssten wir auf der Straße schlafen, und es regnet noch immer.”
    “Sie wird dir nichts Schlimmes antun, nicht wahr?”
    “Er”, verbesserte Kaspar sie. Ein sonderbares Lächeln zuckte um seine Mundwinkel. “Nein, er wird mir nichts Schlimmes antun.”
    Camille hob ihr Kinn. “Bist du mir immer noch ergeben?”
    Mit einem erschütterten Gesichtsausdruck sank Kaspar auf die Knie und küsste ihre Füße, dann stieß er hervor: “Für immer und ewig, Madame.”
    Sie konnte nicht zulassen, dass Kaspar ohne jeden Schutz einem Mann diente, den sie nicht kannte, als wäre er ein Sklave oder eine Dirne. “Dann mach es, wenn du willst, aber ich werde dabei sein.”
    Am Ende wurden sie und Sylvie und Henri alle gemeinsam in ein schmales, lang gezogenes Zimmer geführt, in dem es hohe, gepolsterte Hocker und einige im Raum verteilte Tische mit Erfrischungen gab. In einer Wand befanden sich Bullaugen, die wie die eines Schiffes aussahen. Allerdings waren sie von der anderen Seite mit goldfarbenem Stoff verhängt, durch den man zwar hindurchsehen konnte, der aber vor den Augen derjenigen auf der anderen Seite der Wand die runden Glasfenster verbarg.
    Henri zog seinen Hocker dicht neben Camilles und nahm ihre Hand. Sylvie machte es sich bequem und ließ die Beine baumeln. Camille zog in Erwägung, sie zu fragen, was ihrer Meinung nach hier wohl geschehen würde, entschied sich aber dagegen, weil sie weder nervös noch unwissend

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