Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber
erscheinen wollte.
“Bitte unterhaltet Euch hier im Zuschauerraum nicht, das könnte die Teilnehmer stören. Jede Unterbrechung ist verboten”, wies eine weitere Bedienstete des Freudenhauses sie an.
“Ich denke nicht im Traum daran, hier irgendetwas zu unterbrechen”, stellte Sylvie grinsend fest. Sie trug ihre Jungenverkleidung, doch das lange Haar fiel ihr lose über die Schultern und den Rücken. Sie schien entschlossen zu sein, sich zu vergnügen, ganz egal, was passierte. Camille dachte einen Moment nach und nickte schließlich. Nachdem er das gesehen hatte, senkte auch Henri zustimmend seinen Kopf. Die Dienerin bot ihnen Wein an, dann ging sie.
Vor lauter Besorgnis fröstelte Camille, und sie war dankbar für die Wärme von Henris Fingern, die er mit ihren verflochten hatte. Kaspar hatte hoch und heilig versprochen, dass ihm nichts passieren würde. Sie hätte seinen Worten Glauben schenken sollen, aber sie war in ihrem Leben schon so oft belogen und betrogen worden, dass es schwierig für sie war, selbst ihren eigenen Dienern zu vertrauen.
Henri beugte sich zu ihr herüber und näherte seine Lippen ihrem Ohr. Fast gegen ihren Willen verzog sich ihr Mund zu einem Lächeln, als sie spürte, wie sein Atem sie kitzelte. “Madame”, murmelte er, und ihr Lächeln wurde breiter, während sie seine Hand drückte.
Nun legte sie ihre Lippen an sein Ohr. “Camille”, wisperte sie.
Errötend schüttelte er den Kopf.
“Dann eben später”, sagte sie und wandte sich dem Bullauge zu, hinter dem sie saß.
Wie das Zimmer, in dem sie sich befanden, war der Raum auf der anderen Seite der Wand viel länger als breit. Einzelne Bienenwachskerzen brannten in Wandleuchtern, und ihr Licht flackerte über einen aus schwarz-weißen Quadraten bestehenden Mosaikboden, dessen unruhiges Muster vor den Augen verschwamm. Eine mit schwarzem Samt bezogene Chaiselongue stand an der den Bullaugen gegenüberliegenden Wand. Drei passende Stühle, deren Polster schlichter und flacher waren, als Camille es jemals zuvor gesehen hatte, waren direkt daneben aufgereiht. Ein vierter mit Samtpolster versehener Stuhl, dieser mit einem luxuriösen Kissen belegt, stand in einer entfernten Ecke. Die Wände waren kahl: Bis auf die Tücher, die die Bullaugen verbargen, gab es keine Bilder oder Vorhänge.
In der Mitte des Raumes stand ein mehr als mannshohes, lederbezogenes Gestell in Form des Buchstabens X. Von den Balken baumelten Lederriemen und etwas anderes, das im Kerzenlicht metallisch glitzerte. Einen solchen Aufbau hatte Camille noch nie zuvor gesehen.
In der gegenüberliegenden Wand öffnete sich eine Tür, und ein hochgewachsener Mann kam ins Zimmer. Er trug einen leuchtend orangefarbenen, üppig mit Brokat verzierten Morgenmantel. Hinter dem Mann trat ein Diener durch die Tür, dann Kaspar, der nichts als einen Lendenschurz aus schwarzer Seide am Körper hatte. Er machte einen Schritt zur Seite, während der große Mann, offenbar der Inhaber des Freudenhauses, seinen Morgenmantel auszog und ihn dem Diener über den Arm legte. Nun war er vollständig nackt, und im Schein der Kerzen war deutlich zu erkennen, wie sich seine Haut, die den Ton goldbraunen Tees hatte, straff über seiner Brust und den erfreulich muskulösen Armen und Beinen spannte.
Camille betrachtete ihn aufmerksam. Er schien ein unversehrter Mann zu sein, doch außer den krausen Locken auf dem Kopf war er völlig haarlos. Auch konnte sie keine Vorhaut bei ihm erkennen, aber am seltsamsten erschien ihr das in die Haut seines Unterleibs tätowierte Bild einer Krake, deren biegsame Glieder sich in Richtung seines Schwanzes krümmten.
Der Bordellbesitzer ging in die Mitte des Raumes und blieb neben dem Gestell stehen. Aus der Nähe konnte Camille die alten Narben auf seiner Brust und seinen Armen erkennen, die offenbar von Schwertkämpfen stammten. Er war wohl früher Soldat gewesen.
Bevor der Diener das Zimmer verließ, überreichte er Kaspar zwei Samtbeutel. Mit ernster Miene befestigte Kaspar die Beutel an seinem Gürtel. Dann näherte er sich dem Bordellbesitzer und sprach ihn an. “Monsieur Fouet. Seid Ihr bereit, Euch in meine Hände zu geben?”
“Das bin ich.” Fouets Stimme war tief und voll. Er verbeugte sich vor Kaspar und richtete sich wieder zu seiner vollen Größe auf. Kaspar griff in einen der Beutel und zog einen Lederriemen daraus hervor. Diesen legte er Fouet um den Hals und zog ihn mithilfe der Schnalle fest zusammen. Camille erschauderte, weil
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