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Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber

Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber

Titel: Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Janssen
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sein. Und … und ich würde es auch sehr mögen, wenn du mich bei meinem Namen nennen könntest.”
    Henri hatte das Gefühl, im nächsten Moment würde sein Herz aufhören zu schlagen. Er beugte sich zu ihr hinab und strich mit seinen Lippen an ihrem Wangenknochen entlang in Richtung ihres Ohrs. “Camille”, hauchte er.

13. KAPITEL
    F rüher einmal war es Camille nicht so schwer gefallen, anderen ihre Träume und Sehnsüchte zu verraten, auch wenn damals, vor langer Zeit, ihr Vertrauen letztlich nur auf Lügen aufbaute, die andere ihr erzählten. Sie war acht Jahre alt gewesen, als ihr Vater das an der Küste gelegene Herzogtum besetzt und den dortigen Herzog getötet hatte, sodass er den Landstrich und die einträglichen Häfen als sein eigenes Herrschaftsgebiet beanspruchen konnte.
    Im folgenden Jahr hatte er den jungen Maxime nach Hause gebracht. Maxime sollte nach außen die Regierung des eroberten Herzogtums übernehmen und auf diese Weise Camilles Vater aus dem Blickfeld etwaiger Rebellen halten, die ein Attentat gegen ihn, den Besetzer, planen könnten. Da er keinen leiblichen Sohn hatte, hoffte er außerdem, der Junge würde ihm gegenüber im Laufe der Jahre eine starke Loyalität entwickeln. Er erzählte Camille sehr behutsam von seinen Plänen und erklärte ihr, es gebe für sie keinen Grund zur Eifersucht. Da sie nun einmal niemals ein Mann sein könne, sei es seine Pflicht als Vater, einen männlichen Verbündeten für sie zu finden, der ihr zur Seite stand, bis sie den Mann heiratete, der der nächste Herzog sein würde.
    Mit acht hatte Camille bereits begriffen, dass im Palast Intrigen gesponnen wurden und dass es Kriege gab, aber sie sah hauptsächlich die offensichtlichen Ergebnisse, nicht die Ziele, die dahintersteckten. Wenn ihre Eltern sich überhaupt die Mühe machten, mit ihr zu reden, glaubte sie ihnen, was sie ihr erzählten. Die Wahrheit, die sie zu dieser Zeit kannte, lautete, ihr Vater habe einen gefährlichen, seeräuberischen Herzog entmachtet, der sie alle in Gefahr brachte: Maximes Vater habe den Unmut aller benachbarten Regenten auf sich gezogen, was früher oder später unweigerlich zu Kriegen führen würde. Der Pirat habe sich geweigert, in Verhandlungen zu treten, also hatte ihr Vater ihn getötet. Die Frau des Herzogs war während der folgenden Kämpfe ebenfalls umgekommen. Auf diese Weise war Maxime elternlos zurückgeblieben, deswegen kümmerte sich Camilles Vater nun um ihn.
    Weil Maxime ein Junge war, war er mehr wert als sie, selbst wenn sie mehr Privilegien genoss als er. Er konnte niemals Herzog werden, daher musste sie wenigstens nicht an ihn als ihren Bruder denken. Sie konnte den Jungen nicht hassen. Er hatte weder Vater noch Mutter, und sogar sein Hund war tot. Auf ihren Vater böse zu sein, weil er Maxime in den Palast geholt hatte, hätte man als kindisches Verhalten bestraft. Also vergrub sie ihre Wut tief in ihrem Inneren, wo sie schwelen würde, bis eines Tages ihr künftiger Ehemann sie befreite.
    Im täglichen Leben sah sie Maxime kaum. Er war zwar immer im Palast, doch er wurde getrennt von ihr unterrichtet und nahm die Mahlzeiten mit seinen Lehrern ein. Die meiste Zeit dachte sie nicht an ihn. Ihr Leben drehte sich um Unterricht in gutem Benehmen, in Fremdsprachen und im Reiten. Von ihrem Vater erhielt sie nicht mehr und nicht weniger Aufmerksamkeit als vor Maximes Ankunft; sie hatte immer gewusst, dass sie ihm weniger bedeutete als seine Lieblingskonkubine. Ihre Mutter zeigte an Maxime ebenso wenig Interesse, wie sie Camille seit ihrer Geburt entgegengebracht hatte. Sie zog es vor, ihre Zeit in Gesellschaft adliger Damen zu verbringen, mit denen sie um hohe Einsätze, die manchmal die Dienste ihrer Eunuchen einschlossen, Karten spielte und würfelte. Drei Monate im Jahr verbrachte sie am Königshof und sammelte dort den neusten Klatsch und die neuste Mode, um ihre Kenntnisse im Frühjahr mit zurück ins Herzogtum zu bringen.
    Als Camille elf Jahre alt war, starb ihre Mutter unerwartet an einem Herzanfall, und während des ganzen nächsten Jahres oder auch länger war in ihrem Leben für nichts anderes Raum als für Trauer. Sie trauerte nicht um ihre Mutter, sondern um die Mutterliebe, die sie niemals gespürt hatte. Dann wurde sie für zwei Jahre an den Königshof geschickt, um dort jenen Schliff zu erhalten, der ihr später den Umgang mit den allerhöchsten Würdenträgern erleichtern sollte. Sie war froh, dass sie wegen der offiziellen Trauerzeit ein

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