Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber
auf ihn zu streicheln und legte die Hand auf seine Schulter. “Möchtest du dich nicht neben mich setzen?”
Henri hatte eigentlich mehr Appetit aufs Essen als aufs Vögeln. Andererseits hatte er sie seit dem vergangenen Tag kaum berührt. Er setzte sich neben sie auf das Bett und nahm sie in die Arme. Die mit Rosshaar ausgestopfte Matratze, die auf dem Bett lag, war steinhart; sie hätten ebenso gut auf dem harten Fußboden schlafen können, und der Boden hätte auch nicht so unangenehm nach den Gästen gerochen, die vor ihnen in diesem Bett gelegen hatten. Sauberes Stroh hätte er diesem Lager vorgezogen, doch er nahm an, auch das Bett würde in Ordnung sein, wenn sie erst einmal angefangen hatten.
Die Herzogin lehnte ihren Kopf an seine Schulter und seufzte. Vielleicht wollte auch sie ihn nicht jetzt sofort haben. Henri zögerte, dann küsste er sie aufs Haar.
In diesem Moment klopfte jemand an die Tür, und Henri wäre vor Schreck fast das Herz aus der Brust gesprungen Es war nicht das Klopfzeichen, das den Boten ankündigen sollte, den sie erwarteten. “Ich schicke sie fort”, sagte Henri, ohne zu wissen, wer vor der Tür stand.
Die Herzogin öffnete den Mund, schloss ihn wieder und presste ihre Finger auf die Lippen. Mit der anderen Hand deutete sie auf Henri. Er sollte derjenige sein, der für sie beide sprach, falls es notwendig war.
Das Klopfen hörte auf. Eine Magd hätte nicht angeklopft. Henri öffnete die Tür einen Spaltbreit und erblickte den Reisenden, dessen Ankunft er beobachtet hatte. Der Fremde schaute ihn ausdruckslos an. Eine dunkle Vorahnung durchfuhr ihn, und seine Kopfhaut kribbelte vor Angst. Der Reisende hielt einen Degen in der Hand. Er schob die Klinge durch den Türspalt und zwang Henri zurückzuweichen. Dann drückte er die Tür mit der Schulter auf, trat ein und warf sie mit dem Fuß wieder hinter sich ins Schloss, das alles, ohne die Waffe zu senken.
Auf dem Griff des Schwerts funkelten zahlreiche purpurrote Steine. Henri erkannte die Krone, die direkt unter dem Griff ins Schwert geprägt war. Der Fremde war ein Untertan des Herzogs. Wäre er nicht bewaffnet gewesen, hätte Henri ihn ohne Warnung niedergeschlagen. So aber konnte er sich dem Mann nicht nähern, ohne von ihm aufgespießt zu werden. Allerdings trug Henri nun immer ein Messer bei sich. Es steckte in seinem Hosenbund. Fast meinte er, Kaspars geduldige Stimme zu hören: Sein Messer eignete sich nicht zum Werfen, er musste näher an den Mann heran.
Hinter sich hörte Henri die Herzogin vom Bett rutschen, sich auf die Füße stellen und durch den Raum gehen. Sie wollte mit dem Höfling reden, der sie sicher erkennen würde. Henri musste nicht erst seinen Mut sammeln. Sein Selbstvertrauen war bereits da, schoss ihm in die Kehle und kam von seinen Lippen, bevor er auch nur nachdenken konnte. “Was wollt Ihr? Wer seid Ihr?”, hörte er sich selber in energischem Ton fragen.
Der Höfling hielt inne. Er senkte jedoch nicht sein Schwert. “Ich bin Baron Belette”, erwiderte er. Und lächelte. “Ich frage mich, wer Ihr wohl sein mögt. Die Dame habe ich selbstverständlich erkannt.” Fast unmerklich senkte er den Kopf. “Madame. Oder sollte ich besser sagen Madame-nicht-mehr-Duchesse?”
Henri schaffte es nicht zu lachen, aber er streckte beide Hände vor, als hätte er keinerlei Angst vor dem Schwert. Wenn er die Arme nur ein winziges Stück weiter vorstreckte, konnte er die Klinge packen und Belette vielleicht die Waffe entwinden. “Da siehst du, wie einfach es ist, Marie! Wenn du einen Mann von Rang wie Baron Belette täuschen kannst, werden die Bauerntölpel in den Dörfern ringsum vollkommen überwältigt sein!”
Die Schwertspitze presste sich gegen seinen Bauch, und Henri schnappte erschrocken nach Luft. “Geh von ihr weg. Ganz langsam”, befahl ihm Belette.
Henri wagte nicht, die Herzogin fragend anzuschauen; das hätte ausgesehen, als würde er von ihr Befehle entgegennehmen. Außerdem wollte er keine Furcht zeigen oder schuldbewusst wirken. Ohne sich von der Stelle zu rühren, polterte er los: “Mein Herr! Was nehmt Ihr Euch heraus … Ich werde den Wirt rufen …”
Belette stieß ihm das Schwert gegen die Rippen. “Niemand wird sich darum scheren, wenn ich dich töte”, erklärte er. “Hör auf, sie zu beschützen, dann lasse ich dich gehen.”
“Beschützen – nein, mein Herr! Sie ist nicht die, für die Ihr sie haltet. Sie ist nur eine Dirne! Die neuste Attraktion in Monsieur Fouets
Weitere Kostenlose Bücher