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Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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seien für seinen Rücken mehr als genug bei dieser Hitze. Waldur musste ihm Recht geben, nahm den Zügel in die Hand und führte Scalla.
Bereits wenige ruinenreiche Straßenzüge weiter, überraschte Waldur ein völlig anderes Bild. Hier hatte er plötzlich hohe Wohn- und Geschäftshäuser vor Augen, zwischen denen schaulustig die schwarzhaarigen, kleinwüchsigen, zu seinem Erstaunen jedoch eleganten Römer umherflanierten Und überall entdeckte er bunte Stände orientalischer Tuch-, Gewürz- und Trödelhändler. Also hier konnte Alwin auch nicht wohnen, musste er sich sagen. In der Via Euklid stand seine Villa, wo aber war diese Straße? Er fragte einen daherschlendernden Fußgänger nach der Via Euklid.
„Non capiton“, lautete dessen achselzuckende Antwort.
Waldur sah dem Krausköpfigen verstört nach. Ein paar Schritte weiter fragte er einen anderen Herrn, wobei er sich um sein bestes Römisch bemühte, und der deutete ihm, kaum dass er seinen Gang verlangsamte, mit einer Kopfbewegung die Richtung an. Wenigstens die Richtung kannte er jetzt. Doch wieder zum Stadtrand, nur etwas nördlicher.
Nun wurden die Häuser noch höher, die dick verdreckten und entsprechend stinkenden Gassen jedoch enger. Waldur blickte hoch, es war bloß ein schmaler Ausschnitt des Himmels zu sehen, Sonne findet hier höchstens um die Mittagszeit Einlass, erkannte er. Dennoch war es brütend heiß, und verirrt hatte er sich obendrein. Ob er sich nochmal nach der Via Euklid erkundigen soll? Er wagte es.
„Oh, da seid Ihr hier aber völlig falsch, amicus“, antwortete ihm überaus hilfsbereit der übel nach Wein riechende Römer und erklärte ihm, eifrig mit den Händen deutend, sich viele Male wiederholend und sich wieder und wieder korrigierend, den Weg.
Es war bereits dunkel, als Waldur endlich bei Alwin und dessen Frau Anna, einer Römerin, eintraf.
„Herrje, ein Südsvebe!“, begrüßte Alwin ihn überschwänglich, „wer hat mir denn dich ins Haus geschickt?“
Der herzliche Empfang und die anschließende lukullische Bewirtung entschädigten Waldur für seine entmutigenden ersten Eindrücke von Rom.
    A m nächsten Morgen, bei Tageslicht, sah Rom für Waldur wie umgewandelt aus. Nun war er hier aber auch in ein Nobelviertel geraten, in dem überwiegend Stadträte mit ihren Großfamilien wohnten. Annas Vater war ebenfalls Stadtrat, und Alwin sein Sekretär.
Von diesem Domizil aus erkundete Waldur nun nach und nach Rom. Das viel gepriesene und ebenso viel umstrittene Rom, das Imperium, die Weltmacht, wie es seine Senatoren, als es noch römischer Kaisersitz war, empfunden und bezeichnet hatten. Man sah es auch noch, man fühlte es noch, hier saßen einst die großmächtigen Herrscher des Römerreiches, die vierhundert Jahre lang die Welt zu erobern getrachtet hatten. Zunächst hatten sie von Rom aus ganz Italien erstürmt, wonach ihre Legionen in alle vier Himmelsrichtungen ausgestoben waren - niedermetzelnd, raubend, siegend, Land für Land besetzend. Bis alle Mittelmeerstaaten und im Osten das weite Gebiet bis zum Kaspischen Meer unter ihre Gewalt geraten waren. Darüber hinaus war ihnen das halbe Keltenreich zum Opfer gefallen. Das großrömische Reich. Bloß halten hatte es sich in diesem Ausmaß nicht können, denn die intrigenbesessenen Römer waren sich selbst uneinig geworden, hatten Machteinteilungen treffen müssen, am Ende west- und oströmisches Reich. Und während dieser internen Kämpfe hatten sich etliche eroberte Länder wieder befreit. Im Keltenreich stand derzeit nur noch Nordgallien unter römischer Gewaltherrschaft, und Rom selbst war heute nicht mal mehr römische Provinz, es war lediglich eine italienische Stadt. In ihren besten Zeiten sollten in dieser damals weit ausgedehnten Stadt fast zwei Millionen Bürger gelebt haben. Inzwischen längst nicht mehr. Heute zählte Rom weniger Einwohner als die gallische Stadt Paris, also noch nicht mal vierhunderttausend.
Gleichwohl ritten hier, wie auch in anderen italienischen Städten, noch immer römische Offiziere mit arrogant scharfem Soldatenblick durch die Straßen und Gassen, doch denen oblag einzig die Aufgabe, den Bürgern vorzuführen, dass es noch echte Römer gebe. Waldur musste immer ein Grinsen unterdrücken, wenn ihm eine dieser großtuerischen Galionsfiguren begegnete.
Selbstverständlich bot die Stadt auch weitaus Interessanteres. So bestaunte Waldur täglich neue vorchristliche Baumonumente, die er sich vordem in dieser Wucht und architektonischen

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