Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)
Heimkehr unserer Seeleute, du bist eingeladen, und übernachten tust du anschließend in unserem Haus, gehört mit zur Einladung.“
„Ich, oh, ich weiß nicht . . “
„Und ich weiß nicht, was es da zu überlegen gibt.“
Er zögerte noch kurz, stimmte dann aber zu: „Na, gut, überredet, und ganz herzlichen Dank!“
Auch wenn er es sich nicht eingestand, das Angebot der Wirtin kam ihm nach seinem eintönigen Ritt während der letzten Tage entgegen. Scalla hat diese lange Ausruhpause verdient, redete er sich stattdessen zurecht, als er wenig später auf der Terrassentreppe saß und seine langen Beine im Wasser baumeln ließ. Sein Blick fiel auf den Zweimaster, der heute angelegt hatte. Woher mochte er gekommen sein? Aus Spanien? Afrika? Waldur liebte die See, die Schiffe, die Boote, doch vornehmlich das Milieu der Küstenstädte, es weckte in ihm schemenhafte Erinnerungen an sein letztes Erdenleben, das er in einer Küstenstadt verbracht hatte.
Nun sah er die Schauermänner auf den Schiffssteg zugehen. Darauf begab er sich zu ihnen und reihte sich unter sie, um beim Löschen der Waren mit anzupacken.
„N un greif endlich auch zu, Junker Waldur, Lathinias Salzkracher sind die besten“, forderte ihn einer der heimgekehrten Matrosen auf, wobei er auf die fast schon leer gefutterte Schale auf dem Tisch wies.
Waldur bediente sich dankend. Sterne übersäten bereits den Himmel, als er inmitten der glücklichen Gesellschaft auf der lampionbeleuchteten Terrasse saß. Es wurde gelacht und getanzt, Wein, süßer Südwein, wurde ausgeschenkt, Knabbereien angeboten, und ein weichkehliger Tenor bot zur Leier Heimat- und Sehnsuchtslieder dar. Junge, gib Acht auf dich, würde der Alemannenfürst jetzt, wenn er wüsste und könnte, seinem Sohn zurufen, doch Waldur blieb ungewarnt.
Die Männer regten ihn, den Fremdling, zum Erzählen an und die Jungfern zum Flirten, und er machte alles gerne mit. Nun war er mit seiner unbedarften Herzlichkeit aber auch ein amüsanter Unterhalter. Und gut sah er obendrein aus, heute sogar besonders, denn sein langes, im Nacken zusammengebundenes Lockenhaar, wie er es in letzter Zeit trug, stand ihm, und durch die leicht gebräunte Haut leuchteten seine Zähne noch weißer und seine Phosphoraugen noch blauer. Außerdem hatte sein übermütig gluckerndes Lachen schon immer jeden angesteckt. So war er bald, ohne es selbst zu merken oder gar zu beabsichtigen, der Mittelpunkt der Gesellschaft geworden.
Nur eine sah ihn nicht - Erina. Mit dem Rücken zu den Gästen lehnte sie an der Terrassenbrüstung und träumte sich in die schwarze Nacht hinaus. Waldurs Blick war schon mehrmals zu ihr gewandert - Liebeskummer, jetzt tat sie ihm Leid. Deshalb entschuldigte er sich bei seinen Tischnachbarn und trat zu ihr.
„Erina“, sprach er sie vorsichtig an, „es bricht mir das Herz, dich so betrübt zu sehen. Komm, Liebes, erzähl mir von deinem Kummer.“
Sie verneinte stumm.
„Auch gut, schöne, traurige Jungfer“, schloss er sich ihrer Stimmung an, „dann bleibe ich eben nur bei dir stehen, und wir schweigen gemeinsam.“
Darauf wandte sie ihm fragend ihr Gesicht zu: „Wer bist du eigentlich?“
„Ohje“, wurde er verlegen, „weißt du nicht mehr? Heute Nachmittag an deinem Boot. Entschuldige, dass ich mich so daneben benommen habe.“
„Dieser eklige Glitschfrosch, das warst du? Also dich hätte ich nie wieder erkannt, du bist ja ein Athlet!“
Darüber musste er lachen, und sie blickte traurig wieder zum Meer. In dem Moment hub der Weichkehlige zu einem Liebeslied an, zu einem äußerst ergreifenden. Ich muss sie ablenken, entschied Waldur, lehnte sich ebenfalls mit den Armen auf die Holzbrüstung und begann: „Nachts ist das Meer immer so still, ganz sanft, man möchte meinen, es träumt. Und wenn man weiter hinausblickt zieht es einen förmlich in die Ferne, man vergisst sich regelrecht selbst.“
Sie hatte ihm tatsächlich zugehört. „Ja, stimmt“, gab sie versonnen zur Antwort.
Ihre Stimme klang rauchig, eine Eigentümlichkeit vieler Italienerinnen. Waldur gefiel dieser Klang, ebenso Erinas Art, vorwiegend jedoch ihr wehmütiger, meergrüner Blick.
Unerwartet fragte sie ihn: „Wollen wir tanzen?“
„Tanzen?“, wiederholte er ungläubig, „du willst tanzen - mit mir?“
Nun musste sie über seine Unbeholfenheit lächeln: „Du bist komisch, weißt du das?“
Darauf lächelte er zwar verschämt, aber dennoch glücklich zurück, bot ihr seinen Arm und führte sie zur Tanzfläche.
In
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