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Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)

Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)

Titel: Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stöckler
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Band unter dem Kinn. Einen Spiegel gab es nirgendwo, doch sie konnte sich auch so vorstellen, wie sie jetzt aussah: Sie trug ein grobes Kleid mit weißem Kragen und weißen Manschetten an den langen Ärmeln, knöchellang mit Schürze, und Wollstrümpfe. Auf dem Boden des Korbes lagen flache Schuhe, etwas zu eng, sie zwängte sich hinein. Es gab Haarnadeln und Spangen, sie steckte die Haare sauber im Nacken zusammen und band ein weißes Tuch darum.
    Auf gar keinen Fall wollte sie das Missfallen von Zentgraf Noß erregen. Er hatte sie in seiner Gewalt und konnte mit ihr machen, was immer er wollte. Wenn er alleine nicht mit ihr fertig wurde, warteten die zwei Büttel, denen sie noch viel weniger in die Hände fallen wollte. Was blieb ihr anderes übrig als Gehorsam? Rebellion hatte keinen Zweck. Sie musste alles tun, ihn nicht zu provozieren. Also stand sie mit brav gefalteten Händen da und wartete. Es dauerte nicht lange, bis er kam. Sein befriedigtes Lächeln beruhigte sie.
    »Na, Kleines, fühlst du dich nicht schon viel besser?«
    Mit niedergeschlagenem Blick nickte sie. Ihre Dietriche bot er ihr auf einem Holzteller an wie Leckerbissen. Jemand musste sie aus ihren Kleidern geklaubt haben. Ohne Zögern steckte sie sie ein. Auf seine Geste verließ sie den Raum und ging voran auf die Treppe zu. Einen Moment kam Hoffnung in ihr hoch. Aufgeregt klopfte ihr Herz, bis sie sich an seine Worte erinnerte. Wir beide werden brav hierher zurückkommen, hatte er gesagt. Vielleicht gab es eine Gelegenheit zur Flucht? Und wenn er nur darauf wartete? Wenn sie nicht tat, was er von ihr verlangte, wurde alles noch schlimmer. Auf dem Weg nach oben sah sie sich die Klappe ganz besonders gut an, aber es war nur die Unterseite sichtbar und die kannte sie ja schon. Die Kapelle lag menschenleer vor ihr.
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    »Kaffee habe ich noch nie getrunken«, sagte Frau Cäcilie und blies in ihre Tasse, »aber ich hörte schon davon.«
    »Man denkt hier, die Muselmanen tränken ihn von früh bis spät, dabei kostet er im Orient fast so viel wie bei uns«, erklärte Lukas und schob ihr das Schüsselchen mit dem Rohrzucker aus der Neuen Welt hin. »In Wirklichkeit hat die Geistlichkeit ihn sogar verboten. Man sagt dort, er berausche wie Wein.«
    Die Witwe lachte leise und legte dabei die Hand vor ihre strahlenden Zähne. »Das sagt nur jemand, der noch nie Wein genossen hat.«
    Lukas stimmte ihr zu. »Das tagtägliche Getränk ist Pfefferminztee, stark und süß. Gereicht wird er in wunderschön mit Silber ornamentierten Gläsern und ausgeschenkt aus zierlichen Karaffen.«
    Nach dem ersten Schluck verzog die junge Frau das Gesicht und stellte ihre Tasse zurück auf den Tisch. »Vor die Wahl gestellt zöge ich auch den Tee vor. Man sagt, du wärest schon überall auf der Welt gewesen.«
    »Übertrieben. Ich machte eine weite Reise nach Kampanien, wo ich zwei Jahre zum Studium blieb. Allerdings ist die große Zeit von Salerno vorüber. Es herrschen die alten Zöpfe und fürchten sich vor der Gegenwart. Als ich das erkannte, ging es auf anderem Weg zurück in die Heimat. Insgesamt verbrachte ich fünf Jahre in der Ferne. Nichts, was mir nicht andere nachmachten.« Ihm schmeichelte weniger, was sie sagte, als vielmehr der Blick, den sie ihm dabei zuwarf. Sie schmachtete ihn an. Oder bildete er sich das nur ein? Ihre Augen wirkten riesengroß mit diesen langen Wimpern, das heiße Getränk hatte ihre Lippen gerötet und sie glänzten feucht. Es wurde Lukas warm unter seinem Sammetwams, Schweiß trat auf seine Stirn. Die Frühlingssonne schien mit mehr Kraft durch die Scheiben, als er vorher bemerkt hatte. Oder lag das an dem Kaffee?
    »Andere brachten Andenken von ihren Reisen, Teppiche, Statuen, Schmuck. Ich sehe hier nichts dergleichen. Oder befindet sich das alles anderswo, Herr Lukas?«
    Er hätte ihr Stunden lauschen können. Wie Musik klang ihre Stimme in seinen Ohren. Darum ließ er eine schon fast unschickliche Pause aufkommen, bevor er antwortete. »Äh, nein. Ich brachte keinen Zierrat mit.« Sein Blick flog über den Raum, blieb auf der Suche nach einem Gesprächsthema an dem großen Schrank hängen. »Sieh, ein Erbstück, in dem ich Dokumente aufbewahre, gefertigt von einem Meister aus Marburg, wo ich Besitzungen mein Eigen nenne. Auch hierzulande vermag man kunstfertig zu arbeiten. Nein, aus dem Orient brachte ich keine profanen Schätze. Mein Gepäck bestand aus nur einer großen Truhe. Darin verwahrte ich sicher die Instrumente, mit denen

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