Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)
mein Laboratorium jetzt bestückt ist. Auf dem Heimweg kamen dazu noch optische Preziosen, die es mir erleichtern, Horoskope herzustellen. Im Orient strahlen die Sterne weit heller und man sieht mehr. Mit meinen Instrumenten komme ich einem arabischen Sterndeuter gleich.«
»Wie schade. So gerne hätte ich mal einen der berühmten Orientteppiche gesehen. Seidenstoffe, duftende Gewürze, Weihrauch … Warum hast du nichts davon mitgebracht? Das hätte sicher deiner Schwester gefallen. Wo versteckt sie sich? Ich habe sie schon die ganze Woche nicht mehr gesehen, nicht einmal zum Gottesdienst am Sonntag, den sie sonst immer besucht. Als ob sie eine der Heiligenstatuen der Kirche sei, ist immer ihr Platz auf der Familienbank besetzt. So eine fromme Jungfer. Viele Herren im Ort wären geschmeichelt, ihre Bekanntschaft machen zu dürfen.«
»Magdalene pflegt keine Herrenbekanntschaften.«
Vielleicht kam das ein wenig zu schroff heraus, denn Cäcilie fuhr ein Stück zurück und tastete zögerlich nach ihrer Tasse. Sie trank einen Schluck, bevor sie Lukas wieder ansah. »Oh nein, so war das nicht gemeint. Das denkt niemand von ihr. Es ist nur so, dass eine so hübsche junge Frau verheiratet sein sollte. Und du …«
Nun, das gab wieder eine peinliche Pause. Er wusste ganz genau, was sie hatte hinzufügen wollen. Und du solltest auch verheiratet sein. Ja, das sollte er, nur fiel es ihm so schwer, Zeit für eine belanglose Unterhaltung mit einer Frau zu finden. Tat er das nicht jetzt? Dann befand er sich doch auf dem Wege der Besserung.
Cäcilie musterte ihn und er spürte schon wieder Hitze in seine Wangen steigen. Sie wartete auf seine Antwort. Was hatte sie gleich gefragt?
»Äh … vielen Dank für die Kräuter. Die Köchin will grüne Soße draus machen. Die Hühner legen wieder mehr Eier und die sind jetzt auf dem Markt zu haben, sagt sie.«
Du meine Güte, was gab er denn da von sich? Über Refraktion von Glaslinsen und die Affinitäten der Salze konnte er disputieren, aber die Verfügbarkeit von Hühnereiern in Abhängigkeit von der Jahreszeit? Wollte er sich vor der Witwe lächerlich machen? Und wo blieb nur Magdalene? Sie konnte ihn doch nicht mit einem Frauenzimmer alleine lassen. Was sollten die Leute denken! Jeder hatte gesehen, dass eine Dame ihn besuchte.
Bevor ihm etwas Kluges einfallen konnte, ging die Tür des Salons auf und Magdalene kam hereingehuscht, ein Mauerblümchen mit schwarzem Kleid, weißer Haube und blassen Wangen. Gegen die vor Leben strotzende Cäcilie fiel ihm das erst richtig auf. Still setzte seine Schwester sich auf die vordere Kante eines Stuhls an den Tisch und ließ sich Kaffee von einem der Mädchen einschenken, das ihr lautlos gefolgt war und ebenso unauffällig wieder verschwand. Kaum hob Magdalene die Augen dazu.
»Magdalene, Schwesterherz, wie geht es dir?«
Scheu wie ein Reh zuckte sie unter seiner Stimme zusammen. »Gut. Es fehlt mir nichts.« Ihre Miene behauptete das Gegenteil. Sie stellte die Tasse zurück. »Der Kaffee geht zur Neige. Eine neue Lieferung verzögert sich wegen des Türkenkriegs. Es wird im Osten gekämpft, da gibt es Waren nur über den Seeweg.«
Wahrscheinlich war Magdalene die einzige Frau, die sich für Kriegshandlungen auf dem Balkan interessierte. Sie fragte nach, weshalb etwas geschah, und ließ sich nicht mit Beschwichtigungen ablenken. So hatte sie den Kaffeehändler verhört, als ob es ein Verbrechen darstelle, ihren Bruder nicht beliefern zu können. Genau diese Energie fehlte ihren Augen jetzt. Langsam erschloss sich Lukas die Bedeutung dessen, was sie sagte. Er warf einen Blick in seine Tasse, die er schon fast geleert hatte.
»Aber … ich brauche Kaffee, um die Nacht über arbeiten zu können.«
»Gestern bestellte ich die Kräuterfrau und beauftragte sie, Melisse und Kamille zu sammeln. Beide Kräuter besitzen belebende Eigenschaften. Aus den Alpen bezieht der Apotheker bitteren Enzian. Man könnte auch einen Aufguss aus Ackermelde versuchen, obwohl ich den Geruch unangenehm empfinde. Vielleicht vergeht er beim Überbrühen, genau wie mancher Käse schlecht riecht, aber gut schmeckt.«
»Jungfer Magdalene, woher weißt du das alles?«, fragte Cäcilie mit staunend aufgerissenen Augen.
Sofort schlug Magdalene den Blick nieder. »Ich lese gerne. Mein Bruder brachte ein Buch über Kräuterwissen aus einem Kloster am Bodensee mit.«
Auffällig schob Cäcilie die Tasse von sich und wischte über ihren Mund. »Das hätte ich nicht von
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