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Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)

Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)

Titel: Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stöckler
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Rücken herabgerutscht war und nur noch an ihren Ellenbogen hing, auf ihre Schultern hoch und faltete es über ihrer Brust. Dabei sah sie zu Lukas und ihre Lippen deuteten ein Lächeln an. Sie zeigte auf den Raum hinter sich, aus dem das Licht einer Talgkerze flackernd Helligkeit verbreitete.
    Lukas räusperte sich und ging an ihr vorbei. Der Flur war eng, er streifte ihren Körper und ihre Hand glitt wie unbeabsichtigt über die Beule in seiner Hosentasche. Er beeilte sich, vorbeizukommen.
    In diesem Haus war er noch nie gewesen, hatte es sich auch ganz anders vorgestellt. Selbst am hellen Tage musste es düster sein, weil die Mauern dick und die Fenster klein waren. Die Nebengebäude schmiegten sich eng an das Haupthaus, so dass sie Schatten auf die Fenster warfen. Allein der Kräutergarten der Hausfrau blieb als freies Fleckchen, das die Sonne durchfluten konnte. Die Ställe und Koppeln hatte Frau Cäcilie verpachtet an eine nahegelegene Brauerei, die dort Fässer und Getreide zum Mälzen lagerte - ein Glück, wie die Nachbarin immer wieder betonte, denn andere Einkünfte besaß sie wenige.
    Irgendwie hatte Lukas sich ausgemalt, dass die Wohnung blitzsauber sein müsse, wahrscheinlich, weil die Nachbarin immer so adrett daherkam. Nie fand man einen Riss oder Schmutzfleck an ihren Röcken, nie einen dunklen Rand unter ihren Fingernägeln, wo sie doch so oft im Garten arbeitete. Die Wohnung passte so gar nicht zu dem Bild, das Lukas sich gemacht hatte. Schon beim Eintritt schlug ihm ein muffiger Geruch entgegen, der ihn entfernt an Pferdemist erinnerte. Nun, was erwartete er im Haus eines Pferdehändlers? Die anderen Nuancen wiesen aber eher auf Schimmel und Verwesung, sogar etwas Fischiges lag in der Luft. Anscheinend kaschierte die Witwe die Ausdünstungen mit Parfüm und Räucherwerk, jedoch nur ungenügend.
    Nun, für das alte Haus konnte sie nichts, aber die Spinnweben, die sich bewohnt an der Decke spannten, und die Staubmäuse in den Ecken sah Lukas selbst im düsteren Schein der blakenden Lampe. Da erschien es ihm auf einmal gar nicht so schlimm, dass sein Mitbringsel auf dem Weg in die Stube Bröckchen von Erde auf dem Boden hinterließ.
    Der Raum, in den sie ihn führte, war wohl früher mal das Kontor ihres Mannes gewesen, doch mittlerweile lagen nur noch wenige Bücher in den Regalen, dafür standen Kisten mit Unterlagen auf dem Boden. Davor breitete sich ein Federbett aus, zu welchem Zweck auch immer. Es gab noch eine zweite Tür auf der Gegenseite, die einen Spalt offen stand, durch den man die Glut eines Herdes erahnen konnte, vielleicht die Küche. Das würde auch gut zum Grundriss passen, denn dort hindurch kam man in den Garten, auf den Lukas von seinem Fenster aus sehen konnte.
    Frau Cäcilie lief mit der Lampe hinterher, wies auf einen Stuhl mitten im Zimmer und setzte sich auf einen anderen. Einen Tisch gab es nicht und das Pult, auf das sie die Lampe stellte, war in eine Ecke gerückt, so dass Lukas ihr gegenüber saß und beobachten konnte, wie das Hemd sich über ihren Knien spannte und an den Füßen hochschob, um die Knöchel zu zeigen. Ihre Füße standen sittsam dicht nebeneinander auf dem Boden, barfuß. »Nun?«, fragte sie mit Berechtigung, denn Lukas starrte unschicklich auf ihre Beine.
    »Diese Pflanze«, er hob den Blick und reichte ihr das Unkraut, »handelt es sich dabei um die Urform der Petersilie?«
    Die Witwe rückte mit ihrem Stuhl näher und nahm ihm das Kraut aus der Hand, wobei sie sich einen Augenblick berührten. Von allen Seiten sah sie darauf, befühlte die Blätter, drehte sie und fuhr mit dem Finger den Stängel entlang. »Nein, im Gegenteil. Das ist die Pflanze, wegen der die Petersilienblätter so kraus gezüchtet wurden. Eindeutig sehen wir hier die Hundspetersilie. Die Blüten sind weiß, die Blätter glänzend und feinfiedrig. Nimm ein Blättchen auf die Zunge, es schmeckt scharf. Keine Angst, so wenig macht dir keine Beschwerden.«
    Argwöhnisch schnupperte Lukas an dem Kraut, das sie ihm vor die Nase hielt. »Unangenehmer Geruch. Du hast recht, das ist kein Gewürz. Ich bewundere deine Kenntnis von Kräutern.«
    »Nichts Bedeutendes, ich übernahm es von meiner Mutter. Das spart dem guten Haushalt viele Ausgaben und erhöht die Gesundheit der Familie. Gutes Essen bringt Farbe ins Gesicht und stabilisiert das Gleichgewicht der Säfte im Körper. Damit wird der Medicus kein oft gesehener Gast im Hause.«
    Lukas beobachtete das Spiel ihrer Finger mit der Pflanze.

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